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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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einem Kriegsschauplatz unter anderen, und manchmal fiel daher die Aufgabe, die Interessen der überlebenden Kreuzfahrerstaaten zu verteidigen, den weltlichen Feldherren zu. Das war der Fall zwischen 1239 und 1241, als Thibaut IV. von Champagne – Abkömmling einer der großen abendländischen Kreuzfahrerfamilien – und Richard von Cornwall, Bruder Heinrichs III. von England, zwei vergleichsweise kleine Kampagnen (häufig als »Kreuzzug der Barone« bezeichnet) anführten. Sie waren damit bemerkenswert erfolgreich, teils weil sie Friedrichs II. Technik forcierten diplomatischen Verhandelns übernahmen, vor allem aber, weil die Ajjubiden sich nach al-Kamils Tod im Jahr 1238 erneut in einer Phase politischer Instabilität befanden. Mehrere Mitglieder der Familie des verstorbenen Sultans stritten sich um die Kontrolle über Ägypten und Syrien, und Thibaut und Richard konnten die ajjubidischen Rivalen gegeneinander ausspielen, wodurch es ihnen gelang, Galiläa zurückzuerobern und den südlichen Vorposten Askalon an der Küste neu zu befestigen.
    Nach diesen Erfolgen konnte das Königreich Jerusalem endlich das Joch der staufischen Herrschaft abschütteln. Um das Jahr 1243 herum [615] lehnten es die Barone ab, die Autorität des Kaisersohns und Erben Konrad anzuerkennen. Der Kaiser selbst war von den Ereignissen in Europa absorbiert, er konnte lediglich mit der Einsetzung eines neuen Stellvertreters in Tripolis reagieren. Von da an ging die Krone Jerusalems auf die königliche Familie des lateinischen Zyperns über, faktisch jedoch blieben die Barone an der Macht. 14
    Im Jahr 1244 hatte es ganz den Anschein, als ginge es mit dem fränkischen Palästina wieder aufwärts. Weite Landstriche waren zurückerobert worden, und Jerusalem war wieder in christlicher Hand, auch wenn die Neubesiedelung nur langsam voranschritt. Es sah so aus, als könnte das Königreich wieder zu demselben Zustand relativer Stärke und Sicherheit wie vor den Verheerungen des Jahres 1187 zurückkehren. Tatsächlich jedoch handelte es sich bei diesen Anzeichen für eine Erholung nur um eine Illusion, die nicht von Dauer sein konnte, denn die Lateiner befanden sich in Wirklichkeit in einem Zustand äußerster Verwundbarkeit. Vom staufischen Imperium hatten sie sich losgesagt, daher beruhte ihre militärische Schlagkraft fast ausschließlich auf den Ritterorden und auf direkter Hilfe aus dem Westen in Form von Kreuzzügen – also auf einem Zufluss von Unterstützung, der jederzeit versiegen konnte. Vor allem aber hing die momentane günstige Lage der Franken unmittelbar mit der Schwäche der Ajjubiden zusammen. Wenn sich die muslimische Dynastie wieder erholte oder wenn sie, womöglich noch schlimmer, durch eine andere Macht ersetzt wurde, dann konnte sich das für Outremer katastrophal auswirken.
    Der Untergang Palästinas
    Durch die Wirren der frühen 1240er-Jahre gelangte ein Ajjubide an die Macht: al-Salih Ajjub, al-Kamils ältester Sohn. Bis zum Jahr 1244 hatte al-Salih seine Stellung in Ägypten gesichert, damit jedoch gleichzeitig Damaskus an seinen Onkel Ismail verloren. Um seine Autorität über Syrien wiederherzustellen, wollte al-Salih – wie andere ajjubidische Herrscher vor ihm – die Choresmier mit ihren brutalen Kampfmethoden für sich einspannen, die jetzt unter der Führung von Berke Khan standen. Berke Khan reagierte auf den Ruf al-Salihs, indem er seine Horde von rund 10 000 rasenden Söldnern im Frühsommer 1244 nach Palästina führte. Offenbar aus eigenem Entschluss führten die Choresmier einen Überraschungsangriff [616] raschungsangriff auf Jerusalem. Als sie näher kamen, strömten Tausende Christen aus der Stadt, sie hofften, an die Küste entkommen zu können, und ließen lediglich eine kleine Garnison zur Verteidigung zurück. Die Flüchtlinge hatten auf ihrem Weg in Richtung Westen Fürchterliches zu erdulden: In den Bergen Judäas wurden sie von muslimischen Räubern und Banditen überfallen, von choresmischen Reitern in der Ebene bei Ramla abgeschossen, und nicht einmal 300 Personen kamen in Jaffa an.
    Die Lage in der Heiligen Stadt war noch schlimmer. Die Franken, die zurückgeblieben waren, leisteten Widerstand, aber sie waren an Zahl und Kampfkraft hoffnungslos unterlegen. Am 11. Juli 1244 fielen die Männer Berke Khans über Jerusalem her und verwüsteten die Stadt. Ein lateinischer Chronist berichtet, dass die Choresmier »Christen fanden, die sich geweigert hatten, mit den anderen die Grabeskirche zu verlassen.

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