Die Kreuzzüge
Ilkhanat tätig waren; diese berichteten, Abaqa versetze sein Heer in Bereitschaft, woraufhin Qalawun seine eigenen Truppen vom Frühjahr 1281 an in Damaskus stationierte. Im Herbst überquerte ein riesiges Heer aus dem Ilkhanat [695] den Euphrat, wahrscheinlich umfasste es um die 50 000 Mongolen und weitere 30 000 verbündete georgische, armenische und türkische Soldaten. Qalawun führte fast sämtliche verfügbaren Mamlukenregimenter
ins Feld, doch selbst dann war er dem Gegner wohl an Zahl noch unterlegen. Trotzdem beschloss er, das Heer nordwärts in Richtung Homs in Marsch zu setzen und dem Feind entgegenzutreten. Nördlich der Stadt kam es am 29. Oktober 1281 zur Schlacht. Aufgrund der harten Disziplin und des virtuosen Umgangs mit den Waffen, die für das Mamlukenheer typisch waren, errang Qalawun einen zweiten historischen Sieg über die Mongolen, mit dem er an die Ruhmestaten von Ain Dschalut anschloss. Die mongolische Horde zog sich geschlagen über den Euphrat zurück. Nun, da die Übermacht der Mamluken sich klar erwiesen hatte, war auch die Gefahr eines mongolischen Angriffs zunächst gebannt. In den folgenden Jahren festigte Qalawun seine Macht als Sultan, und Mitte der 1280er-Jahre war seine Position dann so gesichert, dass er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Vernichtung Outremers richten konnte. 6
Angriff auf Outremer
Obwohl die Mameluken zeitweise mit andere Bedrohungen zu kämpfen hatten, waren die Franken der Levante nach wie vor verwundbar und zerstritten. Das lateinische Königreich Jerusalem war durch Streitigkeiten um die Rolle des Herrschers zerrissen, die darin gipfelten, dass Städte wie Beirut und Tyros ihre Unabhängigkeit erklärten. In der Grafschaft Tripolis stand Bohemund VII. (Nachfolger seines Vaters nach dessen Tod 1275) in offenem Konflikt mit den Templern, weil ihm die außerordentliche Macht des Ordens Sorgen bereitete, die von Tortosa ausging; zudem musste er mit einer Rebellion in der südlichen Hafenstadt Jubail fertigwerden. Gleichzeitig waren die italienischen Handelsrepubliken – diesmal Venedig, Pisa und Genua – in einen weiteren erbitterten Handelskrieg verstrickt. In den 1280er-Jahren gingen die Genuesen aus diesem Gewirr als Sieger hervor und begannen, über den Handel im östlichen Mittelmeer eiserne Kontrolle auszuüben.
Die Kreuzfahrerstaaten hatten außerdem kaum Anlass zur Hoffnung, dass aus Europa Hilfe kam. In den frühen 1270er-Jahren, während Baibars’ Aufmerksamkeit sich hauptsächlich auf die Mongolen konzentrierte, wurde endlich ein Nachfolger für Papst Clemens IV. gewählt. Der [696] neue Papst Gregor X. hatte in der Zeit davor, als Lord Eduard in Palästina kämpfte, Akkon besucht und kannte die Probleme Outremers nur zu genau. Als er dann in Rom sein Amt antrat, tat er alles, um die lateinische Christenheit auf die Schwierigkeiten im Heiligen Land aufmerksam zu machen; er setzte sich auch mit der weit verbreiteten, gegen das Kreuzzugswesen gerichteten Stimmung auseinander. Dazu gehörten die Verurteilung von Kreuzzügen gegen Christen, der Zynismus im Zusammenhang mit dem Ablasshandel und die Unruhen wegen der außerordentlichen Belastung durch Kreuzzugssteuern. Hinzu kamen gewisse kritische Stimmen, die proklamierten, die levantinischen Franken bedürften ohnehin eher der Unterstützung durch ein stehendes Berufsheer, das von Europa aus zu unterhalten sei; mangelhaft ausgestattete Kreuzzugsunternehmungen in größeren zeitlichen Abständen seien kaum hilfreich.
Papst Gregor ließ mehrere Untersuchungen zum aktuellen Stand der Kreuzzugsbewegung anstellen, doch er war auch entschlossen, die Kriegsbemühungen im Vorderen Orient selbst zu unterstützen. Im Mai 1274 berief er das Zweite Konzil von Lyon ein und stellte dort seinen Plan vor, zu einem neuen Kreuzzug aufzurufen, der 1278 aufbrechen sollte. Mit großem persönlichen Einsatz gelang es ihm, sich den Beistand Frankreichs, der deutschen Länder und Aragóns zu sichern, und er schlug vor, die Unternehmung mit einer Kirchensteuer von 10 Prozent für sechs Jahre zu finanzieren. Doch trotz seiner visionären Kraft löste sich das große Vorhaben des Papstes in Luft auf. Als Gregor 1276 starb, brach der geplante Kreuzzug zusammen, und das Schicksal Outremers fand keine öffentliche Aufmerksamkeit mehr, es ging unter im Intrigenwirrwarr der abendländischen Politik. 7
Qalawun hatte daher praktisch freie Hand, als er seit etwa 1285 Anschläge auf fränkische Außenposten verübte. Der Sultan
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