Die Kreuzzüge
ließ sich mit Bohemund auf Verhandlungen zu einem Waffenstillstand ein, der dann auch für zehn Jahre festgeschrieben wurde. 2
Lord Eduard von England
Der Sultan begab sich über Damaskus nach Nordpalästina; er rechnete mit einem Angriff von Eduards Kreuzfahrern von Akkon aus. Bald jedoch stellte sich heraus, dass der englische Prinz nur eine kleine Truppe mitgebracht hatte. Da Baibars sich also nicht weiter eingeschränkt fühlen musste, begann er prompt mit der Belagerung der Burg Montfort, dem Hauptquartier des Deutschen Ordens in den Bergen östlich von Akkon. Wieder war ihm der Sieg nur kurze Zeit später sicher. Die Mauern der Burg standen drei Wochen lang heftig unter Beschuss, auch Sappeure wurden eingesetzt; danach ergab sich die Festung am 12. Juni und wurde im Unterschied zum Krak des Chevaliers geschleift.
Im Juli 1271 unternahm Eduard einen kurzen Überfall in muslimisches Territorium östlich von Akkon, sah sich jedoch schnell zur Umkehr gezwungen, als seine Soldaten krank wurden; sie vertrugen die Hitze und die regionalen Speisen nicht. Von derart flüchtigen Überfällen ließ der Sultan sich kaum aus der Ruhe bringen. Ihm machte vor allem die Perspektive Sorgen, dass sich die englischen Kreuzfahrer womöglich mit den Mongolen im Ilkhanat zusammentun könnten. Aus christlichen Quellen geht auch tatsächlich klar hervor, dass Eduard bei seiner Ankunft in der Levante umgehend Boten zu Abaqa schickte, doch offenbar erhielt er keine Antwort. Dennoch kam es in diesem Herbst, ob nun durch Zufall oder geplant, zu offensiven Vorstößen der Mongolen und der Lateiner, die ungefähr gleichzeitig stattfanden. Im Oktober marschierten Truppen aus dem Ilkahant in Nordsyrien ein und verwüsteten die Gegend um den Ort Harim. Fast gleichzeitig unternahm Eduard Ende November einen zweiten Vergeltungsschlag in der Gegend südöstlich [690] von Cäsarea. Allerdings stand hinter keinem der beiden Angriffe großer Nachdruck oder spürbare Entschlossenheit; so führte Abaqa seine Männer nicht selbst an, sondern beauftragte einen seiner Hauptleute. Baibars musste ein paar Mamlukenabteilungen verlegen, doch wurde er mit diesen beiden unbedeutenden Vorkommnissen leicht fertig.
Da Eduard nur über begrenzte Ressourcen verfügte, hatte er kaum größeren Handlungsspielraum. Bei kriegerischen Unternehmungen in Europa hatte er sich als geschickter Befehlshaber und kaltblütiger Krieger bewährt – Eigenschaften, die sich dann vor allem in seinen Regierungsjahren noch deutlicher herauskristallisieren sollten –, in Palästina jedoch hatte Eduard kaum eine Möglichkeit, diese Begabungen zur Geltung zu bringen. Dennoch profitierte Outremer von dem englischen Kreuzzug: Der Angriff auf Tripolis war verhindert worden, und Baibars musste seine strategischen Prioritäten neu definieren. Die Offensive der Mongolen wurde zwar abgewehrt, doch schien sie eine neue Ära mongolischer Aggression anzukünden, und sie machte die Gefahren einer potentiellen Allianz zwischen Abaqa und den Franken deutlich. Deshalb beschloss der Sultan, sich die Sicherheit Palästinas etwas kosten zu lassen, und stimmte am 21. April 1272 einem zehnjährigen Waffenstillstandsvertrag mit dem Königreich Jerusalem zu. Der Vertrag enthielt kleinere territoriale Zugeständnisse für die Lateiner sowie die Zusicherung, dass Pilger die heiligen Stätten in Nazareth besuchen durften. Baibars war durchaus nicht abgeneigt, das Königreich Jerusalem auf dem Verhandlungsweg zu befrieden, doch hatte er bereits beschlossen, der anhaltenden, unabsehbaren Bedrohung, die Lord Eduard darstellte, mit gewalttätigeren Mitteln zu begegnen.
Irgendwann in den Monaten davor hatte der Sultan einen Assassinen angeheuert und ihn beauftragt, den englischen Kreuzfahrer zu ermorden. Mit einer langwierigen, akribischen Täuschungsaktion verschaffte sich dieser Muslim Zugang zu Akkon – er gab vor, sich taufen lassen zu wollen – und erschmeichelte sich dann eine Anstellung in Eduards Dienerschaft. Eines Abends im Mai überraschte er den Kreuzfahrer in seinen Gemächern und ging mit dem Dolch in der Hand auf ihn los. Eduard reagierte reflexartig und konnte dem Streich ausweichen, das Messer traf ihn lediglich oberflächlich, wahrscheinlich an der Hüfte. Der Attentäter wurde erschlagen, und da man befürchtete, dass womöglich auch Gift im Spiel gewesen war, verabreichte man dem englischen Prinzen umgehend [691] ein Gegengift. Vielleicht war das eine überflüssige Vorsichtsmaßnahme;
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