Die Kreuzzüge
errang nie einen umfassenden Sieg im Kampf um die Herrschaft über das Heilige Land. Doch er hatte im Lauf seiner erstaunlichen [693] Wirkungszeit das Sultanat der Mamluken und den Islam gegen die Mongolen verteidigt und den Kreuzfahrerstaaten sehr schweren Schaden zugefügt; hier hatte er Wunden geschlagen, die sich als tödlich erweisen sollten. Historiker, die Baibars’ Leistungen im Rahmen des Dschihads würdigen, betonen häufig die einschneidenden Veränderungen, die seine Herrschaft mit sich brachte: Die ajjubidische Politik eines entspannten, friedlichen Nebeneinanders wurde verworfen; an oberster Stelle stand der Krieg, zum Teil sogar an zwei Fronten. Nur wenige Forscher stellten sich die Frage, wie der Sultan in den Kontext der gesamten Epoche der Kreuzzüge einzuordnen ist und wie seine Strategie und seine Leistungen neben denen der anderen bedeutenden muslimischen Herrscher des 12. Jahrhunderts zu beurteilen sind.
Im Grunde vermischte und vervollkommnete Baibars die Herrschaftsstile seiner Vorgänger. Wie der Atabeg Zangi setzte er auf Furcht und Schrecken, um den Gehorsam seiner Untertanen und die Disziplin in seinem Heer zu sichern. Doch auch die Unterstützung und die Treue seiner Untertanen waren ihm ein Anliegen, deshalb machte er sich die mitreißende Kraft frommer Hingabe ebenso zunutze wie irreführende Propaganda – Techniken also, die auch Nur ad-Din und Saladin eingesetzt hatten. Ebenso wie seine drei Vorgänger war Baibars – in seiner Eigenschaft als Mamluk aus dem Volk der Kyptschaken – ein Außenseiter, und genau wie diesen ging es ihm darum, seine Herrschaft und seine Dynastie zu legitimieren, sich ein Ansehen als herausragender Gotteskrieger zu schaffen und diesen Ruf zu kultivieren.
Dabei übertraf er mit seinen Qualitäten und Erfolgen in vielerlei Hinsicht noch Zangi, Nur ad-Din, ja sogar Saladin. Der Mamluken-Sultan war als Staatsoberhaupt achtsamer und disziplinierter, und nie verlor er den finanziellen Aspekt des Regierens und der Kriegsführung aus den Augen. Die Zangiden und Ajjubiden hatten dem Islam im Vorderen Orient bestenfalls zu einem fragilen Anschein von Einheit verholfen – Baibars errang nahezu hegemoniale Macht über die Levante und baute ein unvergleichlich starkes, gehorsames Heer auf. Natürlich spielten auch die Gegebenheiten und Möglichkeiten mit hinein, doch vielleicht waren es vor allem seine Charaktereigenschaften, die ihn vor den anderen auszeichneten. In den 17 Jahren seines Sultanats legte er in unermüdlichem Eifer rund 40 000 Kilometer zurück und führte 38 Feldzüge an. Sein Genie als Feldherr bescherte ihm über 20 Siege gegen die Lateiner. [694] Vor allem war der Sultan ein absolut erbarmungsloser Gegner, dessen Ehrgeiz nicht einmal ansatzweise durch die Menschlichkeit und das Mitgefühl eines Saladin abgemildert wurde. Zweifellos war er ein gefühlloser Despot, und trotzdem hatte es keiner seiner Vorgänger vermocht, den Islam so nahe an einen endgültigen Sieg im Kampf um das Heilige Land heranzuführen.
VERSUCHE UND TRIUMPHE
Baibars hatte beabsichtigt, das Mamlukensultanat an seinen Sohn und wohl auch Mitregenten Berke Qan weiterzugeben. Dieser jedoch erwies sich als unfähiger Nachfolger, der den inneren Kreis der Mamluken-Emire bald brüskierte. Ein heftiger Machtkampf folgte, in dessen Verlauf Berke Qan gestürzt wurde; im November 1279 ging Qalawun daraus als Aspirant auf den Sultanstitel hervor. Allerdings gelang es auch Qalawun nicht vor 1281, seine Macht im muslimischen Vorderen Orient wirklich durchzusetzen. 5
Qalawun und das Mamlukensultanat
In seinen ersten Jahren im Amt sah Qalawun sich mit einer ständig ansteigenden Welle mongolischer Aggression konfrontiert. Der Ilkhan Abaqa nutzte die ungeordneten Zustände unter den Mamluken und ließ 1280 ein größeres Kommandounternehmen auf Nordsyrien los, was zur Flucht der gesamten Bevölkerung von Aleppo führte. Um 1281 stand dann fest, dass eine Invasion in großem Ausmaß, wie sie Baibars immer befürchtet hatte, nicht mehr lange auf sich warten ließ. Diese Schreckensvision ermöglichte es Qalawun schließlich, das Reich der Mamluken zu gemeinsamem Handeln zu zwingen, und er musste außerdem die Friedensverträge mit den Franken erneuern. Sogar mit den Johannitern von Margat begann er Verhandlungen, obwohl diese den Angriff der Mongolen von 1280 ausgenutzt und einen Raubzug in muslimisches Territorium unternommen hatten.
Qalawun verfügte über Agenten, die im persischen
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