Die Kreuzzüge
Levante zu schicken, und Eduard I., mittlerweile König von England, entsandte 1290 ein Aufgebot an Soldaten nach Akkon; sie standen unter dem Oberbefehl Ottos von Grandson, Veteran aus Eduards Kreuzzug nach 1270. Des weiteren brach an Ostern 1290 ein Truppenkontingent von etwa 3500 Kreuzfahrern aus Italien zu Schiff nach Palästina auf. Allerdings kam es neben diesen vielversprechenden Aufbrüchen auch noch zu anderweitigen Aktivitäten. Trotz seiner Zusagen gegenüber dem Papst handelte Jakob von Aragón mit den Mamluken einen Vertrag aus, in dem er zusicherte, den Kreuzzug nicht zu unterstützen, und sich als Gegenleistung garantieren ließ, dass Pilger aus Aragón Zutritt zu den heiligen Stätten Jerusalems erhielten. Qalawun söhnte sich außerdem mit den Genuesen aus. 9
Zu diesem Zeitpunkt bereiteten sich die Mamluken schon mit Nachdruck [699] auf den Feldzug vor, doch noch befand sich Qalawun auf der Suche nach einem Vorwand, den bestehenden Friedensvertrag mit Akkon außer Kraft zu setzen. Er fand ihn im August 1290, als einige gerade erst eingetroffene Kreuzfahrer aus Italien eine Gruppe muslimischer Händler in Akkon angriffen. Die Franken weigerten sich, die Schuldigen der muslimischen Gerichtsbarkeit auszuliefern, und daraufhin erklärte der Sultan den Krieg. Im Herbst, als das Heer der Mamluken in Ägypten kurz vor dem Abmarsch stand, wurde Qalawun krank; er starb am 10. November 1290. Ausnahmsweise gab es diesmal keine Schwierigkeiten bei der Nachfolge; sein Sohn und Erbe al-Ashraf Khalil konnte das Sultanat reibungslos übernehmen. Nach einer kurzen Unterbrechung übernahm Khalil die Aufgabe, das Werk zu Ende zu führen, das sein Vater begonnen hatte.
Die letzte Schlacht
Akkon war von einer doppelten Stadtmauer und zahlreichen Türmen geschützt, und sowohl Qalawun als auch Khalil wussten natürlich genau, dass die wehrhafte Stadt nicht so einfach einzunehmen war. Das Vorgehen der Muslime wurde daher sorgfältig geplant und vorbereitet. Die Strategie der Mamluken beruhte auf zwei Prinzipien: zunächst einer gewaltigen Überzahl an Truppen – Zehntausende berittene Mamluken wurden unterstützt von Infanterie-Formationen sowie Gruppen fachkundiger Sappeure –, zum andern auf einem umfangreichen Arsenal an Belagerungsmaschinen, das seit Baibars’ Tagen stetig vergrößert worden war. Am Ende des Winters 1291 ließ Khalil rund 100 Wurfmaschinen aus der gesamten mamlukischen Levante nach Akkon transportieren. Einige waren riesig und von monströser Durchschlagskraft. Abu’l Fida zog im Beförderungstross eines Katapults mit, das vom Krak des Chevaliers stammte und den Übernamen »der Siegreiche« trug; der Tross bestand aus 100 von Ochsen gezogenen Karren, die das in Einzelteile zerlegte Katapult beförderten. Abu’l Fida klagte, beim Marsch durch Regen und Schnee habe die schwer bepackte Kolonne einen Monat für eine Strecke gebraucht, die unter normalen Umständen zu Pferd in acht Tagen zu bewältigen war.
Am 5. April 1291 kreisten Khalils Truppen die Stadt Akkon von der Nordküste oberhalb von Montmusard bis hin zur Küste südöstlich des Hafens ein, und die Belagerung begann. Zu diesem Zeitpunkt hielten [700] sich zahlreiche Mitglieder der Ritterorden in der Stadt auf, darunter auch die Großmeister der Tempelritter und der Johanniter; später stieß wegen der bedrohlichen Situation weitere Verstärkung hinzu, darunter auch, von Zypern kommend, König Heinrich II. (nominell Herrscher von Jerusalem) mit 200 Rittern und 500 Fußsoldaten. Dennoch waren die Christen an Zahl hoffnungslos unterlegen.
Khalil ging sein Ziel, Akkon zu Fall zu bringen, ganz methodisch an. Als sein Heer in einem Halbkreis um die Stadt herum aufgestellt war, begann der Beschuss. Die größten Katapulte, darunter »der Siegreiche« und ein weiteres namens »der Wütende«, waren zusammengebaut worden und hämmerten nun mit zentnerschweren Geschossen auf die Festungsanlagen ein. Gleichzeitig überschütteten kleinere Wurfmaschinen und Scharen von Bogenschützen die Stadt mit Wurfgeschossen und Pfeilen. Es hatte in den Kreuzzügen bislang nichts gegeben, was diesem Bombardement gleichgekommen wäre: Keine Sekunde ließ der intensive Beschuss nach. Die Mamluken kämpften Tag und Nacht in vier minuziös durchgeplanten Schichten. Und jeden Tag ließ Khalil sein Heer ein kleines Stück weiter vorrücken und zog so allmählich die Schlinge um die Stadt immer enger zu, bis seine Männer am äußeren Verteidigungsgraben ankamen.
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