Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin
Mädchen lief brav neben Eryne her und wirkte völlig unbekümmert, als unternähmen sie einen Spaziergang. Niss rief in Cael verwirrende Gefühle hervor. Er fand sie zugegebenermaßen sehr hübsch, vor allem mit ihrer neuen Frisur. Aber ihr Verhalten war ziemlich seltsam. Manchmal kam es ihm vor, als wäre ihre Geistesabwesenheit nur gespielt, dann wieder versank sie in so tiefer Teilnahmslosigkeit, dass er sofort bereute, ihr misstraut zu haben. Am meisten brachte ihn jedoch das leise Lächeln aus der Fassung, mit dem sie ihn immer wieder ansah. Er wusste darauf nur mit einem verlegenen Grinsen zu antworten und wich ihrem Blick lieber aus. Zu allem Überfluss fühlte er sich ihr gegenüber irgendwie schuldig.
Cael war nicht zum Reden zumute, und auch seine Gefährten waren wortkarg. Schweigend folgten sie Bowbaq, der sich alle Mühe gab, einen Weg wiederzufinden, den er vor über zwanzig Jahren gegangen war.
Als der Arkarier schließlich stehen blieb und hilflos mit den Schultern zuckte, war allen klar, dass sie sich verlaufen hatten.
»Hat jemand eine Idee?«, fragte Amanon in die Runde.
»Gibt Corenn in ihrem Tagebuch keine Hinweise auf den Weg?«, wollte Nolan wissen.
»Leider nicht«, antwortete Amanon'seufzend. »Nach der Schlacht von Ith sind unsere Eltern nicht mehr hierher zurückgekehrt, und der Weg ist wohl zu kompliziert, um ihn aus dem Gedächtnis zu beschreiben.«
»Vielleicht sind noch Wegzeichen von damals übrig«, meinte Eryne.
»Es gab nie welche«, erklärte Bowbaq. »Die weisen Gesandten und ihre Erben wollten verhindern, dass ein Außenstehender die Pforte findet.«
»Großartig!«, murrte Keb. »Und was jetzt? Sollen wir vielleicht Löcher graben und hoffen, irgendwann zufällig auf die Höhle zu stoßen? Ganz davon abgesehen, dass wir schon an mindestens zehn Höhlen vorbeigekommen sind!«
»Das waren nicht die richtigen«, versicherte Bowbaq. »Den Eingang hätte ich wiedererkannt.«
»Wir könnten weiter ins Innere der Insel vordringen«, schlug Amanon vor. »Mit etwas Glück erinnerst du dich an irgendeiner Stelle wieder an den Weg.«
»In Corenns Tagebuch heißt es, die Höhle habe eine Öffnung zum Meer«, merkte Nolan an. »Vielleicht sollten wir in der Nähe der Küste suchen.«
»Ja, aber man muss mehrere Höhlen durchqueren, um zur Pforte zu gelangen, also kann der Zugang auch weit vom Meer entfernt sein. Außerdem sind unsere Eltern tief ins Felslabyrinth eingedrungen.«
»Das ist doch alles sinnlos«, sagte Keb mürrisch. »Wir sollten besser gleich nach Goran segeln.«
»Lasst Niss vorgehen«, sagte Cael unvermittelt.
Alle außer dem Mädchen wandten sich erstaunt zu ihm um. Er hatte gesprochen, ohne nachzudenken, und konnte seinen Vorschlag nicht erklären.
»Äh … Das ist auch nicht schlechter, als aufs Geratewohl loszulaufen«, stammelte er.
»Außerdem … Ich weiß auch nicht. Ich habe so eine Vorahnung.«
»Aber … Verzeih mir, Bowbaq«, warf Nolan ein. »Die arme Niss weiß doch nicht mal, wonach wir suchen.«
»Das stimmt leider«, bestätigte Bowbaq traurig. »Manchmal wacht sie für einen kurzen Moment auf. Aber ich glaube, heute ist nicht der richtige Tag dafür.«
»Ich finde Caels Idee gut«, mischte sich Eryne ein. »Komm, Niss! Wir übernehmen die Führung!«
Zur Verblüffung der Männer zog sie das Mädchen in die Mitte der Wegkreuzung und forderte sie auf, eine Richtung einzuschlagen. Nachdem Niss eine Weile gezögert und Bowbaq und Cael fragende Blicke zugeworfen hatte, ging sie langsam zwischen zwei Felsbrocken hindurch. Halb wurde sie von Eryne geschoben, halb zog sie ihre Freundin an der Hand hinter sich her. Bowbaq folgte ihnen hastig, die schwere Kaute schlagbereit in der Hand. Die anderen schlossen sich ihm an. »Eine Vorahnung?«, fragte Amanon Cael. »Wie meinst du das?«
»Was weiß ich!«, fuhr ihn der Junge an. »Es war nur so eine Idee!« Auch wenn er seinen barschen Ton bereute, hatte er das Gefühl, sein Cousin wollte eigentlich fragen, was er selbst auch schon befürchtet hatte: »Kann es sein, dass die Stimme dir diese Idee eingeflüstert hat?« Die Ungewissheit machte ihn gereizt, aber als er Amanon's verständnislose Miene sah, wurde ihm klar, dass er zu argwöhnisch gewesen war. Vermutlich war Amanon einfach nur neugierig. Zur Entschuldigung gab er ihm einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter und trabte dann hinter Nolan, Keb und den anderen her.
Eine ganze Weile irrten sie zwischen den Felsen herum. Niss ging
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