Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin
»aber vielleicht hat Kebree Recht.«
»Natürlich habe ich Recht.«
Um weitere Beweise zu finden, kletterte er auf den Felsen. Er verzog das Gesicht, als die verletzte Haut unter seinem Verband spannte, dann richtete er sich auf und suchte mit Adleraugen die Umgebung ab.
»Von hier aus hat man das Schiff gut im Blick«, verkündete er zufrieden. Er drehte sich zu den Felsen um und stieß einen leisen Pfiff aus. »Bei allen Göttern! Was für ein Irrgarten! Bist du sicher, dass du den Weg zur Höhle wiederfindest, alter Mann?«
»Äh … Das hoffe ich«, antwortete Bowbaq.
»Das gefällt mir nicht, Mano«, murmelte Nolan. »Wenn derjenige, der diesen Abdruck hinterlassen hat, zu uns gehören würde, hätte er sich längst gezeigt.«
»Das denke ich auch«, sagte Amanon .
Sie mussten eine Entscheidung treffen. Hinter ihnen dümpelte die Gabiere auf den Wellen, und die einzige andere Möglichkeit war die Fahrt nach Goran. Vor ihnen lagen die Gefahren und Geheimnisse der Insel, auf der sie vielleicht Corenn, Grigan oder einen anderen Verwandten finden würden.
»Ich hole Eryne, Cael und Niss«, beschloss Amanon. »Wartet hier auf mich. Dann machen wir uns alle zusammen auf den Weg.«
Nach einigen Schritten kehrte er um und bat Nolan, zu den anderen zurückzurudern.
Vieles sprach dafür, dass sich ein Fremder auf der Insel aufhielt, vielleicht sogar mehrere. Als Sohn eines Ramgrith hatte er nicht vor, den Kampf zu meiden.
Cael trottete schweigend hinter den Erwachsenen her und versuchte vergeblich, seinen Groll zu vergessen. Er hatte Grund genug, sich zu ärgern. Zum Beispiel hatte ihn sein Cousin einfach auf dem Schiff zurückgelassen und ihn damit den Altersunterschied zu den anderen spüren lassen. Es fuchste ihn, erst vierzehn Jahre alt zu sein. Wie gern wäre er mit der ersten Fuhre zur Insel übergesetzt, um das mögliche Wiedersehen mit einem ihrer Familienmitglieder nicht zu verpassen. Als Amanon ihm befohlen hatte, mit Niss und Eryne auf der
Rubikant
zu bleiben, fühlte er sich verraten und gedemütigt. Natürlich hielt er den Mund: Die Erwachsenen hätten seinen Protest nur als Laune eines störrischen Jungen aufgefasst.
Doch das war nicht das Schlimmste. Schließlich befand sich Cael nun endlich auch auf der Insel und marschierte mit seinen Gefährten durch das Felslabyrinth. Er hätte seine Wut herunterschlucken können, wenn Eryne und Amanon ihn nicht alle naselang gefragt hätten: »Alles in Ordnung?« oder »Geht's dir gut?«.
Vielleicht machten sie sich wirklich nur Sorgen wegen seiner Wunde und wollten sich erkundigen, ob er Schmerzen hatte oder müde war, aber er verstand immer nur: »Du hörst doch nicht wieder deine Stimme, oder? Ganz sicher nicht? Oder drehst du gleich wieder durch?«
Dieser Gedanke ließ ihn einfach nicht mehr los. Er war überzeugt, dass seine Gefährten Angst vor ihm hatten oder sich sogar für ihn schämten. Aber das war ja auch kein Wunder! Wie sollte man sich nicht vor jemandem fürchten, der jeden Moment die Kontrolle über sich verlieren konnte? Und wie sollte man jemandem glauben, der behauptete, keine Erinnerung an seine Anfälle zu haben? Missmutig schlurfte Cael dahin und versuchte sich mit der Betrachtung der Felslandschaft abzulenken.
Am liebsten wäre es ihm gewesen, wenn sie noch mehr Spuren des geheimnisvollen Fremden gefunden hätten. Aber sie stießen auf keine weiteren Fußabdrücke, und er selbst würde wohl kaum eine Entdeckung machen, wenn schon Kebree und Bowbaq, die vorausgingen und die Augen stur auf den Weg gerichtet hielten, nichts erkennen konnten. In dem struppigen Gras waren nicht einmal ihre eigenen Fußabdrücke zu sehen. Sie hätten die Pflanzen schon in Büscheln ausreißen müssen, um eine Spur zu hinterlassen, was der Fremde ganz gewiss nicht getan hatte.
Von Zeit zu Zeit fuhr ein jäher Windstoß durch das Labyrinth und wehte ihnen Sand in die Augen. Bei dem unheimlichen Geräusch zuckte Cael jedes Mal zusammen. Er hatte nicht vergessen, dass die Pforte von Ji von einem Leviathan namens Reexyyl bewacht wurde, den Corenn in ihrem Tagebuch beschrieb. Das Heulen des Windes klang, als stieße der Ewige Wächter einen lang gezogenen Klageschrei aus. Selbst wenn das Ungeheuer die weisen Gesandten in der Vergangenheit verschont hatte, konnten sie nicht davon ausgehen, dass auch sie ungeschoren davonkommen würden. Cael war nicht der Einzige, dessen Nerven blank lagen. Alle waren in höchster Alarmbereitschaft – alle außer Niss. Das
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