Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin
gelassen. Als Keb urplötzlich hinter der Zü auftauchte, blieb ihm fast das Herz stehen, und er fürchtete, sich durch seinen Gesichtsausdruck zu verraten. Dann stürzte sich der Krieger auf sie, und Nolan stellte sich hastig vor Niss und Eryne, um sie gegen die Pfeile abzuschirmen. Im gleichen Moment zog Eryne Niss hinter einen Felsen. Als sich Nolan wieder umwandte, war der Kampf bereits entschieden.
Keb lag mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden und presste die Hände auf seinen Verband. Fünf Schritte darüber zielte die Zü mit einem Pfeil auf ihn, während Mano drohte, Zui'a die Kehle durchzuschneiden.
»Das kannst du nicht tun!«, rief Nolan entsetzt. »Sie ist eine Göttin!«
»Lasst sie los, oder Ihr werdet alle sterben!«, schrie die Bogenschützin. Nervös zielte sie mit der Pfeilspitze abwechselnd auf Keb und Amanon, der seine Gefangene als Deckung benutzte.
»Wenn sie tatsächlich eine Göttin ist, hat sie nichts zu befürchten«, knurrte er. »Sie ist eine Zü wie alle anderen«, rief Bowbaq. »Sie kann uns nur Böses wollen.«
»Ihr könnt meine Hülle zerstören«, sagte Zui'a, »aber dann werde ich im Körper meiner Kahati wiedergeboren. Das ist die junge Frau mit dem Bogen.«
»Dieses Biest«, stöhnte Keb und wälzte sich am Boden. »Lasst sie los!«, brüllte die jüngere Zü.
»Es sei denn, Ihr seid der Erzfeind«, fuhr die Göttin gleichmütig fort. »In diesem Fall könnte es sein, dass ich nicht wiedergeboren werde.«
Die Anspannung stieg ins Unermessliche. Bestürzt sahen sich die Erben an. Nolan konnte sich nicht daran erinnern, einen Hinweis dieser Art in Corenns Tagebuch gelesen zu haben. Bisher hatte er gedacht, der Erzfeind sei nur Sombre schicksalhaft verbunden.
»Niemand tötet hier irgendjemanden, wenn Ihr endlich Euren Bogen senkt«, sagte Amanon nach einer Weile. »Werft ihn mir vor die Füße, dann lasse ich sie frei, das schwöre ich.«
»Tu, was er sagt, Zejabel«, befahl die Göttin.
Nach langem Zögern ließ die Zü ihren Pfeil sinken. Keb rappelte sich auf und lehnte sich an die Felswand. Eryne lief zu ihm, um seinen Verband zu überprüfen, und Bowbaq stellte sich schützend vor Niss, die näher getreten war. Doch dann erstarrten sie: Die Kahati zückte einen nadeldünnen Dolch.
»Ich lege meinen Bogen ab«, zischte sie. »Aber glaubt bloß nicht, dass Ihr mir deswegen überlegen seid. Wenn Ihr der Göttin auch nur ein Haar krümmt, werdet Ihr das bereuen, alle miteinander.«
Nach dieser Warnung sprang sie vom Felsen und landete geschmeidig wie eine Raubkatze vor Nolan. Wie alt mochte sie sein? Neunzehn, zwanzig? Nicht viel jünger als er selbst jedenfalls. Ihr Körper war schlank und muskulös, ihr Gesicht schön und ebenmäßig und mit roten Ornamenten bemalt. Für einen Augenblick vergaß er, dass es die Symbole einer mörderischen Sekte waren. Er fühlte sich auf Anhieb zu ihr hingezogen.
Amanon nahm langsam die Klinge von Zui'as Hals, und die Göttin griff würdevoll wieder nach ihrer Lanze. Sie hatte weder Angst gezeigt noch Widerstand geleistet. Auch sie faszinierte Nolan, wenn auch aus ganz anderen Gründen. Er mochte zwar den Glauben an Eurydis verloren haben und steif und fest behaupten, die Götter seien ihm gleichgültig, aber dennoch empfand er eine gewisse Ehrfurcht. Er hätte nicht einmal gewagt, die Unsterbliche zu berühren, während Amanon'sie einfach gepackt und festgehalten hatte.
Die Erben scharten sich im Halbkreis um die beiden Züu. Die Gefahr eines Kampfes schien fürs Erste gebannt, aber wie würde es nun weitergehen? »Wie … Wie sollen wir Euch anreden?«, fragte Nolan. »Mit ›Eure Göttlichkeit natürlich«, antwortete Zejabel scharf. »›Eure Abscheulichkeit‹ trifft es wohl eher«, fauchte Eryne. »Mit dem Bogen auf unschuldige Kinder zu zielen! Ihr werdet Eurem Ruf wahrlich gerecht!«
»Wir sollten einander nicht beleidigen«, sagte Amanon beschwichtigend. »Klar«, knurrte Keb, »nicht dass wir diese verschlagenen Weibsbilder noch kränken.«
»Du hasst mich, weil ich dich besiegt habe«, erwiderte die Zü stolz. »Unsinn! Wenn ich nicht diese Wunde hätte …«
»Es reicht!«, fuhr Amanon ihm über den Mund.
»Wir sollten nicht mit ihnen sprechen«, sagte Bowbaq nachdrücklich. »Das ist bestimmt eine Falle, wie vor zwanzig Jahren im Kleinen Palast!«
»Woher wusstet Ihr, dass wir kommen würden?«, fragte Nolan. »Und warum habt Ihr hier auf uns gewartet?«, fügte Cael neugierig hinzu. »Das wird sie doch nicht
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