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Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin

Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin

Titel: Die Krieger 2 - Der Verrat der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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nach über dreißig Ruderzügen spürte Amanon Erynes misstrauischen Blick im Rücken. Sie hatte ihn schwören lassen, dass er zurückkommen und sie holen würde. Zwar verstand sie sehr wohl, welche Überlegungen hinter seiner Entscheidung standen, fürchtete aber trotzdem, mit den beiden Kindern auf dem Schiff bleiben zu müssen. Obwohl Amanon nicht vorhatte, irgendjemanden an Bord zurückzulassen, war es nicht leicht gewesen, sie zu beschwichtigen.
    »Am Strand ist es so ruhig«, bemerkte Bowbaq, nachdem er eine Weile zum Ufer hinübergestarrt hatte.
    »Na klar«, antwortete Keb. »Wenn ich es richtig verstanden habe, ist die Insel unbewohnt.«
    »Ja. Aber es sind auch keine Vögel zu sehen, keine Koriolen oder Meeresfasane. Beim letzten Mal sind wir selbst nachts welchen begegnet.«
    »Vielleicht schlafen sie tagsüber«, scherzte der Wallatte.
    »Oder es sind Zugvögel«, warf Nolan ein. »Ihr seid zu einer anderen Jahreszeit hier gewesen.«
    Amanon'schwieg. Auch ihn machte die Stille nervös, die über der Insel lag. Aber dass alle Vögel die Insel verlassen hatten oder zumindest ihr Gesang verstummt war, mochte nichts heißen. Als er ein Paar Amoamöwen über den Felsen kreisen sah, beruhigte ihn das ein wenig.
    Gut fünfzehn Ruderschläge vom Strand entfernt sprang Bowbaq ins Wasser und zog das Boot zum Ufer. Keb wollte es ihm gleichtun, sah aber ein, dass sein Verband besser nicht nass werden sollte. Die letzten Schritte wateten sie zusammen durch die Brandung. Endlich waren sie auf der Insel Ji.
    »Sehen wir uns erst einmal um«, schlug Amanon vor. »Dann hole ich die anderen.« Er zog das Boot noch ein Stück den Strand hoch, packte sein Krummschwert und stapfte durch den Sand auf die Felsen zu. Erynes empörte Rufe ließen nicht auf sich warten. Auf die Entfernung waren ihre Worte nicht zu verstehen, aber er konnte sich leicht vorstellen, was sie ihm zu brüllte. Er hob die Arme über den Kopf und winkte ihr mit ausladenden Bewegungen zu, bis sie verstummte. Ob sie besänftigt war oder ganz einfach aufgegeben hatte, konnte er nicht sagen. So viel zu einem unauffälligen Eintreffen auf der Insel! Keb, Nolan und Bowbaq hatten sich bereits weiter vorgewagt und suchten die Umgebung ab. Die Landschaft war eintönig: Abgesehen von dem schmalen Strand bestand die Insel nur aus riesigen Felsblöcken – als hätten die Götter bei der Erschaffung der Welt ihr überschüssiges Material achtlos auf einen Haufen geworfen. Wenn überhaupt, hätte sich hier nur ein menschenscheuer Fischer oder Eremit ansiedeln können, aber da auf dem kargen Boden nichts wuchs, war niemand dieses Wagnis eingegangen. Man kam zwar ohne Nachbarn aus, nicht aber ohne Essen. Obwohl die Insel unwirtlich und verlassen war, hatten einige der größten Weisen der bekannten Welt Ji besucht. Corenns Tagebuch zufolge war alle zehn Generationen eine Gesandtschaft ins Jal'dara geführt worden, die jedes Mal von Neuem entscheiden musste, ob die Menschheit dazu bereit war, das Geheimnis der Götter zu erfahren. Manche verloren nach ihrer Rückkehr den Verstand, andere fühlten sich zum Propheten berufen, doch die allermeisten gelobten Stillschweigen. So war es schon immer gewesen. Nur Grigan, Reyan und die anderen waren mit einer zusätzlichen Bürde von der Reise ins Jal zurückgekehrt: dem Wissen, dass einer ihrer Nachkommen der Erzfeind sein würde.
    Irgendwo in einer Höhle unter den Felsen befand sich eine magische Pforte, die zur Kinderstube der Götter führte. Wenn Amanon daran dachte, rieselte es ihm jedes Mal kalt über den Rücken.
    Zugleich hoffte er, wenigstens einen seiner Verwandten wiederzutreffen, der überlebt und sich an diesem schicksalsträchtigen Ort versteckt hatte.
    »Ich habe etwas gefunden!«, rief Keb plötzlich.
    Die drei anderen rannten zu dem Wallatten, der sich am Fuß eines Felsens über den Sand beugte.
    »Da«, sagte er. »Ein Stiefelabdruck.«
    Seine Worte hallten wie ein Donnerschlag in Amanon's Ohren. Sollte er Freudensprünge machen oder sich auf einen Angriff einstellen?
    »Ich weiß nicht«, murmelte er. »Der Abdruck ist undeutlich.«
    »Ich bin mir ganz sicher. Jemand stand auf diesem Felsen, vielleicht ist er abgerutscht oder von oben runtergesprungen. Jedenfalls hat sich seine Stiefelspitze in den Sand gedrückt.«
    »Vielleicht ist es ein alter Abdruck«, sagte Nolan zögernd.
    »Bei dem Gewitter gestern? Unsinn!«, erwiderte Keb unwirsch.
    »Ich kenne mich zwar eher mit Tierfährten aus«, meinte Bowbaq,

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