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Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen

Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen

Titel: Die Krieger 3 - Die Stimme der Ahnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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Kontrolle über seinen Körper zu übernehmen. Sie hatte ihn viele Dezillen lang wie eine Puppe gelenkt und eine gefährliche Attacke nach der anderen ausführen lassen, und das mit einer Leichtigkeit, die sie noch nie erlebt hatte. Dabei hätte sie nach der dreijährigen Pause doch ziemlich aus der Übung sein müssen! Dass es trotzdem so gut geklappt hatte, musste also entweder an den bedrohlichen Umständen gelegen haben, oder irgendetwas in ihr hatte sich tatsächlich verändert. Und das hatte mit dem Tiefen Traum zu tun, da war sie ganz sicher. Schließlich hatte sie drei Jahre lang in einer anderen Welt vor sich hingedämmert.
    Jedes Mal, wenn sie an diesen Abschnitt ihres Lebens dachte, wurde ihr unbehaglich zumute. Um sich auf andere Gedanken zu bringen, stützte sie sich auf den Ellbogen und betrachtete das Gesicht ihres Großvaters. Seine Züge waren entspannt, aber jedes Mal, wenn er kurz zu sich kam, verzogen sie sich vor Schmerz. Nolan und Keb hatten ihn gründlich untersucht, ohne Brüche oder schwere Prellungen zu entdecken, aber nur Bowbaq selbst konnte ihnen sagen, wie schlimm es wirklich um ihn stand. Sie würden sich gedulden müssen, bis er richtig wach wurde. Bei dem Gedanken, dass er sich vielleicht nie mehr von dem Sturz erholte, wurde Niss ganz schlecht. Hatte ihr Großvater vielleicht schwere innere Verletzungen davongetragen? Er durfte nicht im Tiefen Traum versinken, alles, nur das nicht!
    Seufzend legte sie sich wieder auf ihren ausgebreiteten Mantel. Zwei kleine Spitzbogenfenster hoch oben im Gemäuer ließen das Licht des frühen Morgens herein, und nach einer Weile fiel ihr Blick auf ein Deckengemälde, das so verwittert war, dass sie es in der Dunkelheit nicht hatten sehen können. Der Anblick brachte Niss ins Grübeln. Das Kunstwerk zeigte Mishra mit dem Bärenkopf, die Göttin der Gerechtigkeit.
Gerechtigkeit.
    Vielleicht war es kein Zufall, dass sie ausgerechnet in dieser Kapelle untergekommen waren? Inzwischen war ja bewiesen, dass die Götter tatsächlich existierten. Es war also denkbar, dass sich Mishra, Eurydis und die anderen Kinder des Dara für das Schicksal der Gefährten interessierten … Aber so recht konnte Niss nicht daran glauben. Die Unsterblichen waren gar nicht imstande, sie zu beschützen, da die Gwelome, die die Erben trugen, sie für die Götter unsichtbar machten. Nein, sie und ihre Freunde waren ganz allein, und nicht ein höheres Wesen hatte sie hergeführt, sondern Kebree, der sich schwach erinnerte, hier einmal einen Rausch ausgeschlafen zu haben. Von göttlicher Vorsehung oder Hilfe keine Spur!
    Seit sie aus dem Tiefen Traum erwacht war, vergaß sie manchmal, dass sie erst dreizehn Jahre alt war, so viel gab es zu bewältigen. Sie betrachtete sich eigentlich schon als Erwachsene – aber hatte sie ihre Kindheit nicht auch schlagartig hinter sich lassen müssen? Letzte Nacht war sie in den Körper eines Feindes geschlüpft und hatte ihn dazu benutzt,
sieben
Menschen zu töten. Sie hatte sieben denkende, fühlende Lebewesen umgebracht, während ihr es früher schon schwergefallen war, beim Angeln eine Lachsforelle aus dem Wasser zu ziehen!
    Schlimmer noch, sie hatte jedes Mal aus dem Hinterhalt angegriffen, um die Männer zu töten, die ihren Freunden gefährlich werden konnten. Keinen Augenblick lang hatte sie Mitleid mit diesen Menschen gehabt, die sich vor Schmerz schreiend am Boden wanden, oder Ekel vor dem aus ihren Wunden strömenden Blut empfunden.
    Selbst jetzt, einige Dekanten nach dem Blutbad, verspürte sie weder Scham noch Reue. Sie hatte das Ihre zu dem Kampf beigetragen, zumal sie keine andere Wahl gehabt hatte, als die Männer von hinten anzugreifen. Nur weil sie im Körper eines Kriegers steckte, war sie noch lange keine geübte Fechterin. In einem fairen Duell hätte sie keine Chance gehabt. Kurzum, sie hatte einfach versucht, ihren Freunden aus der Klemme zu helfen, so gut sie eben konnte. Aber warum zögerte sie dann, den anderen ihr Geheimnis anzuvertrauen? Offenbar gingen alle davon aus, dass Keb ihre Gegner im Alleingang die Treppe hinuntergetrieben hatte. Was hielt sie davon ab, ihnen die Wahrheit zu sagen?
    Vielleicht machten ihre erstarkte Erjak-Kraft und die Kaltblütigkeit, mit der sie gemordet hatte, ihr insgeheim doch zu große Angst. Irgendetwas daran erschien ihr bedrohlich. Sie konnte sich gut zureden, so viel sie wollte - die böse Vorahnung blieb.
    Dabei kam ihr Cael in den Sinn. Obwohl niemand ein Wort darüber verlor,

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