Die Krieger der Königin: Falkenherz
jede Stadt, die Leon je gesehen hatte. Darüber schwebte eine riesige, kreisrunde Platte, an deren Rand man weitere Gebäude und Bäume erkennen konnte. Und hinter all dem erstreckte sich die Wüste.
Es war unglaublich heiß und das Atmen tat fast weh. Die Männer zogen sich bis auf die Unterhemden aus – Leon und Justin aus Verzweiflung, Ril nur, um den Schein zu wahren. Leon hoffte, dass niemand bemerken würde, dass der Krieger nicht schwitzte.
»Es ist riesig«, stimmte Leon zu, weigerte sich aber, sich davon beeinflussen zu lassen. Allein hätte er keine Chance gehabt, seine Tochter jemals zu finden. Aber er hatte Ril.
Der Krieger ignorierte seinen Seitenblick und starrte über die Stadt. Er wartete kaum lang genug, damit die anderen beiden Männer ihre Taschen schultern konnten, bevor er sich in Bewegung setzte und sich seinen Weg durch die Menge auf dem Steg bahnte. Leon und Justin eilten ihm nach, weil sie Angst hatten, ihn zu verlieren.
Der Pier war voller Menschen und Tiere, selbst hier, so weit vom Festland entfernt. Und sie waren laut. Das ständige Brüllen der fast hundert verschiedenen Arten von Tieren war wie eine Wand, und der Gestank der ungewaschenen Körper war fürchterlich. Hinter ihnen wurde die
Tänzer des Südens
bereits für den nächsten Abschnitt ihrer Fahrt beladen, während mehr als die Hälfte der Passagiere das Schiff verließ. Viele fluchten, weil sie gezwungen waren, sich ihren Weg zwischen den Menschen aus der Unterschicht hindurch zu bahnen, aber Leon wusste, dass schon bald eine böse Überraschung sie erwartet. In Meridal gehörte jeder, der nicht Meridalenser war, zur Unterschicht. Oder er war ein Sklave.
Leon warf noch einmal feinen Blick zum Schiff zurück. Die
Tänzer des Südens
würde am Morgen wieder in See stechen. Sie fuhr noch ein Stück die Küste hinab, bevor sie dieselbe Strecke zurückfuhr. Wenn sie Lizzy rechtzeitig befreiten, konnte das Schiff sie nach Para Dubh zurückbringen. Wenn nicht, mussten sie ein anderes Schiff finden. Er hoffte, dass sie eines fänden. Mit der
Tänzer des Südens
hatten sie großes Glück gehabt. Es gab keine Garantie dafür, dass in nächster Zeit ein anderes Schiff aufbrechen würde, und vielleicht war auch der Kapitän nicht bereit, ein Sklavenmädchen an Bord zu nehmen. Leon hatte keine Ahnung, wie die Einheimischen auf seinen Plan reagieren würden, und er wollte es auch nicht herausfinden. Wenn nötig, würden sie die Küste entlang zur nächsten Stadt reisen, um dort ein Schiff zu finden, aber die beste Lösung wäre, auf demselben Weg zurückzukehren, auf dem sie gekommen waren.
Ril führte sie den Kai entlang. Es dauerte zwanzig Minuten, bis sie das Ende erreicht hatten. Von dort aus machte sich der Krieger über einen Marktplatz auf den Weg nach oben. Obwohl sie nicht wussten, wie die Stadt aufgebaut war, konnte er sich auf Lizzy konzentrieren.
Leon, der unter seiner zu warmen schwitzte, folgte ein paar Schritte hinter ihm. Justin beeilte sich, Schritt zu halten, auch wenn seine Beine, an den Seegang gewöhnt, zitterten. »Weiß er, wie weit entfernt sie ist?«, fragte der Junge aufgeregt.
Leon schüttelte den Kopf. In der Nähe, das war alles, was er empfing. Näher als bisher, zumindest. Ril witterte die Luft und führte sie durch schmale Straßen an heruntergekommenen Gebäuden vorbei. Überall sahen sie von der Sonne verbrannte Menschen mit dunkler Haut, aber es gab genug hellhäutige Menschen, so dass sie nicht übermäßig auffielen.
Trotz Meridals berühmtem Reichtum, war diese Stadt arm. Es war offensichtlich, dass die Menschen Not litten. Leon kam an einem guten halben Dutzend Bettlern vorbei, einige davon mit Gliedmaßen und Gesichtern, die von Krankheiten gezeichnet waren. Überall lagen Müll und Exkremente herum, einiges davon von Tieren, anderes von Menschen. Die Insel über ihnen warf einen Schatten über die halbe Stadt und sorgte dafür, dass die Temperatur erträglich war. Der Reichtum befand sich dort oben, außer Reichweite. Glücklicherweise war es mit Lizzy anders.
Schließlich zögerte Ril an einer Straßenecke und ließ Leon aufholen. »Krieger«, murmelte er leise und wandte sich ab.
Leon starrte nach vorn. An der Ecke stand unbeweglich ein großes Wesen im Lendenschurz. Das Ding, das offensichtlich männlich war, hatte olivgrüne Haut und stand auf Hinterbeinen, die geformt waren wie die eines Hundes. Die Kreatur hatte Klauen an Händen und Füßen, während der Kopf relativ menschlich
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