Die Krieger der Königin
sagte Betha. »Wir vermissen dich.«
»Sobald ich kann«, antwortete er und gab ihr einen Kuss. Dann nahm er ihr die Lampe ab. »Ich muss Ril holen.«
Er ließ sie stehen und ging leise die Treppe zum Kinderzimmer hinauf. Alle vier Mädchen schliefen in ihren Betten. Der große Raum war erfüllt von ihrem leisen Atmen. Leon hielt die Lampe so tief wie möglich und ging zum Bett seiner ältesten Tochter. Sie lag zusammengerollt auf der Seite, und Ril saß auf dem Kissen neben ihrem Kopf. Der Krieger schlief nicht. Er schaute mit glühenden Augen zu Leon auf.
»Komm schon«, flüsterte Leon und streckte seine Faust aus. »Weck sie nicht auf.« Geräuschlos kletterte der Vogel auf seine Faust, dann auf seinen Unterarm. Leon hob ihn hoch und schlich aus dem Raum. Die Mädchen hatten sich nicht gerührt.
Er trug Ril nach draußen, wo Betha neben seinem Pferd stand. Der Diener hielt in einer Hand die Zügel des Grauen und rieb sich mit der anderen die Augen. Leons Ausrüstung war bereits hinter dem Sattel befestigt.
»Danke«, sagte er zu dem Diener und küsste seine Frau noch einmal. Schließlich stieg er auf und lenkte sein Pferd durch das Tor und in Richtung Burg.
Es war nur ein fünfminütiger Ritt. Als er den Hof erreichte, war er nicht besonders überrascht, dort kein Zeichen von Jasar oder Mace zu entdecken. »Wunderbar«, murmelte er. Er wendete sein Pferd und wartete, aber der Mann war nirgendwo zu entdecken. »Ril, geh und weck Seine Lordschaft auf.«
Ril sah ihn einen Moment an, dann breitete er widerwillig die Flügel aus und flog an einem der Türme hinauf in den zweiten Stock. Leon vermutete, dass er Mace spüren konnte. Der Vogel landete auf einem Fensterbrett und schrie so laut in den Raum, dass Leon davon ausging, dass man es bis zu seinem eigenen Haus hören konnte. Er betete, dass das Kreischen nicht den König geweckt hatte. Einen Moment später hoffte er, dass Lizzy und die Mädchen davon nicht aufgewacht waren, besonders nicht das Baby. Betha wäre verärgert.
Aber Ril hatte auf jeden Fall jemanden aufgeweckt. Der Krieger konnte gerade noch ausweichen, als eine große Faust in voller Rüstung nach ihm schlug. Leon unterdrückte ein Lächeln. Mace hätte nicht ohne direkten Befehl angegriffen. Zumindest war Jasar jetzt wach.
Zehn Minuten später erschien ein hochmütiger Diener in Livree und verbeugte sich. »Lord Jasar Doliard von Sialau lässt sein Bedauern ausrichten, aber er wird sich Euch frühestens in einigen Stunden anschließen können. Er braucht sein morgendliches Ritual.«
Leon beugte sich auf seinem Pferd vor. »Sag Lord Jasar, dass ich Ril losschicken werde, um mir seine Eier zu holen, wenn er nicht in fünf Minuten auftaucht. Der Rest von ihm kann gerne hierbleiben.«
Auf Leons Schulter sitzend gab Ril ein keckerndes Geräusch von sich. Der Diener wurde bleich und verbeugte sich, bevor er davoneilte.
Es dauerte weitere zehn Minuten, bis Jasar im Morgenmantel erschien, Mace hinter sich. Der Höfling kochte vor Wut. Eingehüllt von dem Hass ihrer Krieger, starrten sich die zwei Männer an.
»Wie könnt Ihr es wagen!«, knurrte Jasar. »Wisst Ihr, wer ich bin?«
»Ich weiß genau, wer Ihr seid«, blaffte Leon. »Und jetzt besorgt Eure Ausrüstung oder steigt so, wie Ihr seid, aufs Pferd. Mir ist es egal.«
»Ich gehe nirgendwohin, bis ich bereit bin!«
»Wollt Ihr, dass dieser Krieger entkommt?«, schrie Leon. »Wollt Ihr das dem König erklären? Holt Eure Ausrüstung!«
Jasar schäumte vor Wut, sein Gesicht war rot und fleckig. Aber Leon hatte sich deutlich ausgedrückt, und der Mann drehte sich um, beschimpfte seinen Diener aufs übelste und befahl ihm, Pferd und Ausrüstung zu holen. Dann stürmte er davon, um sich anzuziehen, Mace immer hinter ihm.
Leon wartete noch eine Stunde und hätte fast die Kontrolle verloren. Die Sonne stand schon ein gutes Stück über dem Horizont. Auf diese Art würden sie die Spur nicht so schnell finden. Und um alles noch zu verschlimmern, trug Jasar völlig unpassende Kleidung aus Samt und Spitze, mit hohen Stiefeln und einem bestickten Mantel, der ihn weder warm noch trocken halten würde.
Der Höfling warf Leon einen bösen Blick zu und bestieg sein Pferd, eine zierliche Stute, die nicht so aussah, als wäre sie besonders ausdauernd. Auf seinen Befehl hin nahm Mace die Zügel eines zweiten Pferdes, das mit Vorräten beladen war. Leon hatte so etwas noch nie gesehen, aber es war ihm egal. Er wendete seinen Grauen und trieb ihn an.
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