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Die Krieger von Gordolon (German Edition)

Die Krieger von Gordolon (German Edition)

Titel: Die Krieger von Gordolon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sancho Saltwell
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herdrangen. Er vernahm das leise Säuseln des Windes, das Flüstern der Männer, das zarte Trippeln von kleinen Füßchen im Laub, während er seine Augen über die Schrift schickte und der Sog der Buchstaben ihn mehr und mehr für sich gewann. Was er dort las, gefiel ihm nicht. Nicht, weil es etwas schlimmes ersann, sondern weil er den Sinn des Ganzen nicht herausfiltern konnte. Ähnlich wie die Auskunft über die verborgenen Gänge war auch der Rest des Tagebuches in Rätselform verfasst und nur für Leute gedacht, welche die beschriebenen Sachen kannten und somit auch den Sinn verstanden. Aber trotz der Tatsache, dass Rune ein Vertrauter war, fiel es ihm meist schwer alles haarklein zu übersetzen und so entstanden - wie er schnell merkte - oft große Lücken, die er füllen musste, oder er würde kläglich versinken in dem Sumpf, den das teuflische Tagebuch geschaffen hatte.
    Plötzlich kamen Schritte näher, das Geräusch von nackten Füßen, die über rauen Untergrund liefen und er sah ein wehendes, schneeweißes Gewand, dessen Träger wie ein Rachegeist oder gar ein Engel wirkte. Das Haar floss ihm golden und lang bis auf die Schultern, schimmerte wie blankgeputzte Münzen, umrahmte ein Gesicht von solcher Unschuld und Schönheit, dass Meridian erbebte und es ihm kalt den Rücken hinunterlief. Unverholen waren seine Augen von dem brüchigen Papier auf das Mädchen gewandert, das sich ihm nur zaghaft, wenn auch bestrebt näherte. Und er war geblendet von dem, was er sah, nämlich von der Vollkommenheit des Lichtes. Ihre Züge waren fein und ihre Haut beinahe so weiß wie das Laken, das sie trug und ihre Augen funkelten in einem dunklen Braun, das durchzogen von noch dunkleren Rissen war, ihre Lippen waren voll und rosig und erst jetzt erkannte Rune, dass es kein Mädchen, sondern eine sehr junge Frau war, der er gegenüberstand. Für einen Moment des Erstaunens wagte er es nicht sich zu erheben, zu rühren, glaubte sich in einem endlosen Kreis verloren und er musste sie einfach nur anstarren. Es war für ihn, als existiere er gar nicht, als ob er nur Zuschauer bei etwas wäre, das ihm die Möglichkeit verlieh, Dinge von einem ganz anderen Ort aus zu sehen, gleich dem Spiegel aus Kristallglas, von dem ihm berichtet wurde. Sie war nackt unter dem weißen Hemd, das ihr bis unter die Knie reichte, die Arme waren frei und der Stoff schmiegte sich an einigen Stellen eng an ihren Körper, dort, wo sie nicht mehr so ganz kindlich wirkte.
    Ihre Blicke hatten sich von Anfang an getroffen und fest ineinander verschlungen, ein Geben und Nehmen war entstanden und allein dies sagte mehr, als tausend Worte es könnten. Sie setzte sich neben ihn, lehnte sich an den Baum, unter dem er - eingehüllt in eine Decke aus Wolfsfell - ruhte und starrte auf das Buch in seinen Händen, und so konnte er die Schönheit ihres Antlitzes genießen, ohne von ihr selbst gestört zu werden, während sie die im Mondlicht glimmenden Lettern las. Dann sah sie ihn wieder an und es war, als ob ihn ein Messer aus glühendem Stahl durchbohrte, in ihm riss und ihn von Innen aushöhlte. Er wusste, dass sie nicht umsonst gekommen war und das war es, was ihm Schwierigkeiten bereitete, denn seine Kiefer waren wie gelähmt, ein taubes Gefühl beherrschte seinen ganzen Körper und es war schlimmer als zuvor, als ihn nur dieses eine bedrückende Gefühl eingenommen hatte, das Gefühl des Aufgewühlt seins. Und wieder focht ein heißes Feuer gegen eine bedrückende, einnehmende Kälte und beide schienen das uneingenommene Äußere auszuschlachten. Unter seiner Haut pulsierte ein dumpfer Schmerz, der kaum der Rede wert gewesen wäre, wenn dieser Schmerz nicht mehr wäre, als nur das, was er zu sein vorgab, eine nachheilende Verletzung, die er sich während einem Kampf zugezogen hatte, eine Wunde, die ihm innerlich zugefügt worden war.
    Das Mädchen starrte ihn an und sie wirkte wie eine Elfe, ein Geschöpf, dass so eben und makellos war, wie nur Gott allein. „Ich bin Yara“, sagte sie mit süßer, ruhiger Stimme, die etwas Hartes an sich hatte, das wiederum von etwas kam, das tief in ihr lauerte... „und ich bin gekommen, um dich etwas zu fragen.“ Rune antwortete nicht, denn sein Blick haftete noch immer an ihr und er konnte nicht begreifen, was gerade in ihm vorging. „Willst du mit mir kommen?“ Ihre Stimme war ein Flüstern, nur ein Hauch, der in den Geräuschen der nächtlichen Umgebung verklang.
    Impulsiv und aus einem inneren Drang heraus legte

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