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Die Krieger von Gordolon (German Edition)

Die Krieger von Gordolon (German Edition)

Titel: Die Krieger von Gordolon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sancho Saltwell
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Grund, nur weil sie ein anderes Kind gewählt hatten, als ihn. Aus lauter Wut auf sich selbst, setzte er sich die Klinge selbst an die Haut. Er wollte dieses Gesicht loswerden, dieses Gesicht, das so voll von Hass und Schuld war. Er fühlte sich unsagbar dreckig. Das einzige, wonach er jetzt noch strebte, war sein eigenes Ende. Er reckte die kühn geschnittene Nase in die Luft, den eisigen Stahl auf der warmen Haut spürend, und begann das Messer tief unter den linken Backenknochen zu stoßen. Er verbiss den Schmerz, der in ihm aufkam und das Fleisch um die Wunde herum betäubte, während Blut ungehindert an seinem Kinn und Hals entlang floss. Schnell riss er den Dolch nach oben, durchtrennte Muskeln und Fleisch. Hätte ihn sein Bruder in diesem Moment nicht umgestoßen, wäre er für alle Zeiten blind gewesen. Und er dankte es ihm, indem er ihm einen Teil der Beute hinterließ, und sein Leben verschonte.
    Als er dann zurück in den Wald kam, war die ganze linke Seite seines Gesichtes von warmen, dunkelrotem Blut bedeckt, Insekten labten sich an dem Lebenssaft und es glänzte wie Kupfer in der morgendlichen Sonne. Der Clan der Fahrenden nahm ihn auf, verarztete seine Wunde, bis nur noch eine dünne Narbe übrig geblieben war, die er heute noch trug. Über Jahre hinweg arbeitete er sich in ihrer Hierarchie nach oben, bis er einen eigenen Clan unter seinen Fittichen hatte. Er streifte durchs Land und raubte und plünderte, aber das Töten unterließ er. Er würde niemals mehr Leben nehmen, niemals mehr Unschuldige umbringen, und das silberne Kettchen um sein Handgelenk erinnerte ihn immer wieder daran, während es funkelte und im Wind mit den Blättern wackelte. Dann kam die erste große Schlacht im Hochland, als die Dämonen durch das Passtor brachen und brandmarkten und die gesamte Hügellandschaft mit Bösem überzogen. Und als er einmal über einen von Dämonen überrannten Hof zog, war es plötzlich, als würde mitten in all dem Blut, den Trümmern und den Leichen in einen Spiegel sehen. Er sah seinen Bruder mitten unter den Toten, ein besseres Abbild seines Selbst, ein Mann, der ihn äußerlich wie ein Ei dem anderen glich, nur ohne die lange Narbe vom Wangenknochen bis in die Stirnfalten hinein...
    Dennoch riss sich Kellen aus seiner Trance. Lange wartete er hier nicht, eher suchte er nach einem Hinweis, wo der Vermisste abgeblieben sein konnte. In aller Munde der Gemeinschaft lag die Frage: „Wo war Rocan?“, und: „Wohin war er verschwunden?“ Alle suchten, während die wenigen anderen - Keroset und Dunc - schon im Morgengrauen aufgebrochen waren, um sich in Gordolon umzusehen und auch den Weg zum Blutsee auszukundschaften. Er selbst war schon den halben Tag unterwegs, war erst in gerader Linie zum Fluss gegangen, und war ihm dann, anhand von Spuren, flussabwärts gefolgt. Auf dem Weg bisher waren ihm Anzeichen eines erbitterten Kampfes ins Auge gefallen, an dem mindestens zwei oder drei Leute beteiligt gewesen waren. Er hatte weitergesucht, jedoch nichts gefunden und war daher weiter am Ufer entlanggegangen. Unter seinen Fußen war grober Kies, feucht und glänzend, während das Wasser schäumte und eisig zu sein Schien, eine Temperatur hatte, bei der man bestimmt schon nach wenigen Minuten erfroren war. Er dankte Argon mit einem kurzen Gebet dafür, dass er nicht selbst da reinsteigen musste. Nass und saftig schimmerten die Blätter hier am Fluss, und es war, als ob nur hier am Wasser ein Rest Leben geblieben war. Momentan rastete er hier und beobachtete die unzähligen Echsenwesen, die hier in Ufernähe huschten, wie die Miniaturmodelle der Riesengiganten aus alter Zeit wirkten, einen Leib aus braun und grün gesprenkelten Schuppen und Platten, scharfen Zähnen, kräftigen Hinter- und kleineren, dünneren Vorderbeinen. Sie gingen auf zwei Beinen und steckten ihre langen Schnauzen in beinahe alles rein, auch wenn sie äußerst schüchtern waren.
    Stumm nahm Kellen seine Mahlzeit ein, trockenes Brot und mit Wasser verdünntes Bier, so konnte er - wenn er ausgedörrt und durstig war - öfter trinken, ohne gleich schon bei den ersten Schlücken besoffen zu werden. Auch wenn er das nicht oft in seinem Leben gewesen war. Die Fahrenden waren an gutes Bier gewöhnt und tranken und feierten an jedem Abend, während die Frauen in aufreizenden Seidenkleider gehüllt um die Flammen des nächtlichen Feuers tanzten. Während er kaute, fragte er sich, warum er überhaupt bei dieser Reise beteiligt war. War es, weil

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