Die Krieger von Gordolon (German Edition)
sollte, dass er den anderen auch besiegen würde. Er brauchte irgendeine Waffe, oder müsste wenigstens seine Fesseln ganz loswerden. Als er vor wenigen Sekunden nach seinem elfischen Messer greifen wollte, hatte er ins Leere gefasst, denn der Gnom hatte ihm alles abgenommen, mit dem er sich hätte verteidigen können. Und seien Magie... Ja, was war mit seiner Magie? Konnte er sie gegen den Grünen einsetzten? Einige Zeit lang betrachtete er sein Gesicht, während sie sich lauernd im Blick lagen, und jeder auf den Angriff des anderen wartete, der in der einen oder anderen Weise erfolgen würde.
Noch nie hatte Rocan seine mentale Energie gegen einen der Rassen benutzt. Er glaubte, egal wie er handeln würde, würde er mit dieser Kraft nur Geister vernichten können. Aber er dachte weiter. Wäre es dann auch möglich Einfluss auf das Denken eines anderen zu nehmen? Ein Grinsen huschte über seine schönen Elfenzüge. Er öffnete den Mund und begann ganz langsam und leise mit seinem Lied, das sofort eins mit dem Wind und dem Rauschen der Bäume werden zu schien. Es wurde lauter, schwang von Ast zu Ast und breitete sich wie ein unsichtbares Netz aus. Mit den feinen Nervenenden tastete er nach dem Verborgenen, suchte nach einer Schwachstelle in der inneren Abwehr seines Gegners. Er wunderte sich, wie professionell er dabei vorging und konnte es selber kaum fassen, was er da gerade tat. Nicht nur, dass er in die Psyche eines anderen eingriff, sondern dass er diese auch noch gegen den Besitzer jener richtete. Eigentlich war es eine Unmöglichkeit, ein Wiederspruch in sich. Geistig konnte man sich nicht selbst zerstören. Oder etwa doch?
Nach und Nach konzentrierte er all seine Empfindungen, Töne und Melodien auf das verhärmte Gesicht des Gnom s, dessen faulige Zähne aus einem ausgefransten und von Narben gezierten Mund wie Hörner abstanden. Ein Bild des Ekels. Dann stieß er einen schnellen, schrillen Schrei verbunden mit seiner Magie aus und der Grüne zuckte erschrocken zusammen, war für einen winzigen Moment wie gelähmt. Und diesen Moment gebrauchte Rocan, um auf ihn zu zurasen und sich hinter ihn zu werfen. Er glitt unter Wasser und hörte eine Sekunde lang nichts anderes als wildes Tosen und Brausen, kam dann aber wieder an die Oberfläche der trüben Suppe und schlang die Arme um den Hals des Gegners. Dieser riss den Dolch nach oben und blockierte somit noch rechtzeitig, dass Rocan die Arme anzog, und ihn somit mit den Stricken erdrosselte. Statt dessen wurden die Fasern durchtrennt und der Gnom sank nach vorn. Rocan - endlich von allen ‚Ketten’ befreit - trat dem anderen in die Kniekehle, sodass dieser ganz unter Wasser zusammenbrach, tastete nach dessen Handgelenk und drehte es auf seinen Rücken. Zuckend und unter Schmerzensausstößen ließ der Grüne die Waffe fallen, die daraufhin in den Fluten versank. Nur durch Zufall ertastete der Elf einen armdicken Knüppel, der Unterwasser einen ganzen Zoll lang im Kiesboden steckte und zog ihn rasch heraus. Inzwischen hatte sich der Feind vom ersten Schrecken erholt und aus dem Griff gelöst, wandte sich rasendschnell um und packte mit seinen dicken Gnomenfingern nach Rocan. Der aber schlug mit dem Holzscheit nach ihm und sofort zog der Grüne den Arm zurück. Wasser spritzte auf und Gischt erhob sich, als der Knüppel auf die Oberfläche prallte und beide verloren sich einen Moment lang aus den Augen. Beinahe blind vor Wut hieb Rocan vor sich ins Nichts und erwischte zufällig den Gnom, der irgendwie wieder an sein Messer gelangt zu sein schien. Blut schoss der kleinen, hutzeligen Gestalt aus Mund und Nase - wovon letzteres vermutlich gebrochen war - und färbte das Wasser. Sein Schädel war auf einer Seite regelrecht eingetrümmert, wo der Ast ihn erwischt hatte und in seinen Augen loderte nun der pure Wahnsinn. Getrieben von Adrenalin und Wut stürmte er los, der Lebenssaft hing zwischen seinen gelblichen, scharfen Reißzähnen und er stieß Schreie aus, die einen erzittern ließen.
Dann riss ein brutaler Schmerz an Rocan, als der Gnom ihm sein Messer bis zum Heft in die Schulter stieß und es grob und dämonengleich herumdrehte.
Späher der Feinde!
Mit letzter Kraft holte der Elf aus und schmetterte die Keule mit seiner gesamten Kraft gegen den Kopf des Grünen, bevor ihm erneut schwarz vor den Augen wurde, und er in einem Bad aus Blut und Schmerzen in den eisigen Gewässern unterging...
Die Kraft hatte ihn einfach verlassen...
Die Bewusstlosigkeit
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