Die Krieger von Gordolon (German Edition)
wie er war. Der Schatten hatte ihm eine mächtige Waffe anvertraut, eine zu mächtige Waffe, wollte man meinen, aber Óus verstand sich darauf sie zu zügeln. Keiner wusste, wie er dies bewerkstelligte, aber es war vermutlich nur sein Erbe, dass endlich in ihm wachgerufen worden war und nun frisch und fröhlich nach einem Jahrtausende alten Schlaf wieder erweckt worden war. Und die Bestimmung hatte ihn heiß und beißend durchflutet, so wie er jetzt auf dem schmalen Grad zwischen Benommenheit und Wirklichkeit herumspazierte. Es würde nicht viel fehlen, und er würde in die ewig tiefe Grube fallen, die man ihm als Führer einer ganzen Nation zugedacht hatte. Und jetzt war es soweit, dass er sich überstrapaziert fühlte. Seine Wunden waren noch offen, bluteten noch, aber die heilende Kraft des Schwertes wirkte betörend und einlullend auf ihn, ähnlich wie Melwiora Riagoth auf Goran Ascan gewirkt haben musste. Nun hatte er das Gefühl, das Pferd würde schneller sprinten, der Schemen des Waldes raste auf ihn zu, grün und lichtundurchlässig, dicht aneinander gereihte Hölzer und Stemme. Nur fühlen konnte er das, was in ihnen lag. Die Armee der Elfen.
Und dann zerschellte die normale Welt, als die Nebelschwaden sich plötzlich teilten, und weitere zwei Reiter mit Fackeln und Weißen herangeprescht kamen, und dies war auch der Augenblick, in dem das Horn lauter und durchdringender erschallte, als es dies vor hundertdreißig Jahren getan hatte. Eszentir setzte das dünne Ende an die Lippen, schmeckte einen Moment den kupfernen, fast blutigen Geschmack des Metalls auf der Zunge, und blies dann voller Innbrunst und Kraft hinein, sodass der Nebel wie eine gigantische Schlange zischte und sich der glockenreine Schall dreimal über die gesamten Hügeln von Argon hinweg wiederholte. Es schepperte, die Reiter ritten aneinander vorbei, kurze Blicke austauschend, die Massen hinter sich durch den Klang und die ewigen Provokationen durch Pfeile wütend gemacht und eingelullt in den Wahn des Kampfes. Das schwarze Heer aus dummen, willenlosen, einem einzigen Mahlstrom folgenden grausigen Gestalten prallte mit sich selbst zusammen, schartige Schwerter krachten aufeinander und Gebisse und Klauen verhakten sich ineinander, gewetzte Krallen schlugen sich in fieberheißes Fleisch und riesige Fäuste schlugen einander in das Antlitz ihrer Besitzer und zerstörten es. Luchsaugen verstummten zu Glimmen und die Ebenen waren erfüllt von dumpfen Krachern, wenn Keulen auf Schilde prasselten. Böse, garstige Fratzen wurden einander ausgerissen und zerkratzt, blutig verschandelt, bis nichts mehr zu erkennen war. Buckelige Höcker wurden ausgerissen oder gar ausgehöhlt durch die Klauen und Zähen ihrer Brüder, Hörner rammten sich in Bauchhöhlen und Säbel zerfetzten Gebeine. Knochen brachen und Waffen schepperten funkensprühend gegeneinander.
Die Finsteren übergossen sich über die Bergpässe aufeinander, nahmen die Länder ein, nur um kurzer Hand von den Eigenen zu Boden gerissen und getrampelt zu werden. Die drei weißen Reiter jedoch hasteten an der Narbe der Zusammendriftenden entlang, entgingen den Angriffen nur haarscharf und mussten sich mehr als einmal mit ihren Klingen zur Wehr setzen. Ihr Ritt war endlos, und die Menschen Balto und Grob waren ausgedörrter und schwächer als es der Elf, der ja noch seine magische Waffe besaß. Als sie in zu arge Bedrängnis gerieten, riss er diese von seinem Rücken und ließ das giftige Feuer in die Reihen fahren, brannte sich einen Weg mit Hilfe der mentalen Kraft, zerfetzte Leiber mit einem Schlag und ermordete mit einem Stoß. Alles war erfüllt von der Magie, und einer der größten Höhepunkte der Schlacht kam, als sich die Heere vollends bei Nacht und Nebel ineinander schlossen, und die Schweiß- und Blutbesudelten gerade noch davongekommen waren. Erfüllt vom ersten Glück hasteten sie in das kleine Weltchen hinein, in dem sich der Rest ihrer Krieger verbarg. Tiefdunkle, graugrüne Flechten schlossen sich gleich dämonischen Klauen um sie und drängten sie aneinander, während die der dunstige Schleier sich auch in dem Pappelhain ausbreitete und an dessen beinahe ganz kahlen Stämmen leckten, die gerade im Begriff waren zu erkranken.
„Was das für eine müde Welt doch ist...“, gab der Elf beinahe tonlos zu hören. „Wenn die anderen es nicht schaffen, wird bald jedes Feld so aussehen wie die Wälder im Osten...“ Seine Stimme war nun betrübt und in seine Stirn hatte sich eine
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