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Die Kriegerin der Kelten

Die Kriegerin der Kelten

Titel: Die Kriegerin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
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konnte auf einem Teich wie diesem den Atem der Götter lesen. Und vielleicht vermochte dies ja auch ein geschändetes Kind, das glaubte, seinen Traum verloren zu haben.
    Und weil Breaca ihre Tochter sehr gut kannte, erspürte sie genau jenen Augenblick, als auch Graine plötzlich dieser Gedanke kam. Breaca konnte fühlen, wie in Graine exakt die gleiche Hoffnung aufwallte, nur dass sie bei ihr noch klarer und weniger beherrscht hervorbrach. Doch dann spürte Breaca auch die verzweifelte und schmerzhafte Enttäuschung ihrer Tochter, als die Hoffnung sich als nichtig zu erweisen schien. Breaca öffnete den Mund, wollte etwas sagen und fand doch nicht die richtigen Worte. Dann blickte sie hinab in die leere Maske, die sich über das Gesicht ihres Kindes gelegt hatte, und war froh darum, dass sie geschwiegen hatte.
    Denn Graine fand ihren eigenen Weg aus der trostlosen Niedergeschlagenheit. Die kleine, schweißfeuchte Hand schloss sich noch etwas fester um Breacas Finger und zog sie vom Wasser fort. Dann sagte Graine leise: »Der flache Stein, von dem Valerius erzählt hatte, liegt vom Götterbaum aus neun Schritte in Richtung Westen. Aber du musst die Schritte machen. Meine sind zu kurz.«
    »Also gut, dann komm mit. Du kannst zählen, während ich gehe.«
    Laut die einzelnen Schritte abzählend, marschierten sie vom Teich aus in Richtung der Bäume am entgegengesetzten Ende der kleinen Lichtung. Auf halber Strecke zwischen dem Wasser und dem Wald blieben sie stehen. Zu ihren Füßen lagen vom Wind zusammengewirbelte Haufen toter Blätter. Breaca kniete nieder und schob die Blätter beiseite. Unter ihnen kam eine flache Platte festen, graugrünen Mooses zum Vorschein. Das Moosgeflecht war länger als der Arm eines Mannes und halb so breit. Es zeigte deutlich an, wo eingebettet in den grasdurchwachsenen Untergrund ein Stein lag.
    Der Schlamm eines ganzen Winters hatte die Kanten des Steins auf allen vier Seiten fest mit dem Erdreich verbunden. Valerius hatte gesagt, dass er seine Schwertklinge benutzt hätte, um den Stein anzuheben. Breaca, die kein Schwert bei sich trug, fuhr mit ihrem Gürtelmesser einmal rund um die Platte herum. Das Eisen kratzte über den Stein, doch die Lücke war noch immer nicht breit genug, als dass sie ihre Finger hätte hineinschieben können. Sie schaute sich um, suchte nach etwas, das sie als Hebel benutzen könnte.
    Graine, die sich neben ihrer Mutter auf den Boden gehockt hatte, kratzte an einer Ecke der Moosdecke. »Auf der Oberfläche des Steins ist irgendetwas eingemeißelt«, sagte sie.
    »Wirklich?« Ganz in der Nähe lag ein Rotdornast, den die Winterstürme herabgerissen hatten und der noch grün genug schien, um eine gewisse Festigkeit zu besitzen. Breaca stemmte ihn in die Höhe und nahm dann ihr Messer, um das breitere der beiden Astenden zu einer flachen Spatenform zurechtzuschnitzen. »Kannst du das Moos runterkratzen und nachsehen, was das für ein Muster ist?«
    Angestrengt bearbeitete Breaca das Ende des provisorischen Pfahls, ehe das seltsam schwere Schweigen ihrer Tochter sie schließlich wieder aus ihren Gedanken riss und zurück in die Gegenwart zerrte. Breaca hob den Kopf und fragte: »Mein Augenstern, was hast du gefunden?«
    »Das ist ein Altar, ein sehr alter. Noch aus der Zeit der Ahnen.«
    Sie hätte es wissen müssen. Schließlich war sie umgeben von einem Wald, der groß genug war, um vor Leben nur so zu vibrieren, und doch schien alles wie tot. Auch die spiegelglatte Oberfläche des Teichs der Götter war bereits Warnung genug gewesen, denn flüsternd floss der Bach in den Teich hinein und strömte gurgelnd wieder aus ihm heraus, aber dennoch blieb der Wasserspiegel scheinbar unberührt. Schwarz wie das Auge eines Hasen, genauso reglos und klar, fing der Teich den Mond ein und hielt ihn fest in einem Ring aus Bäumen, die so alt waren, so unverkennbar vom Wesen der Götter erfüllt, dass sie selbst in einem Land, in dem die einstigen Urwälder schon lange ausgerottet worden waren, sich den Äxten der Römer noch hatten widersetzen können.
    Langsam und behutsam legte Breaca ihren halb zugeschnitzten Rotdornast auf dem Gras ab. Die feinen Härchen auf ihren Armen richteten sich auf, eine Gänsehaut breitete sich aus.
    »Sollen wir wieder gehen?«, fragte sie. »Ich glaube, ich weiß auch noch einen anderen, einen schnelleren Weg zurück zu der Stelle, wo wir dein Pony zurückgelassen haben. Einen Weg, der uns nicht an dem Teich entlangführt.«
    Ihre Tochter

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