Die Kristallhexe
lebst noch. Wie kann das sein? Haben deine Gegner zuerst alle anderen umgebracht, dann dich entdeckt und beschlossen, dass sie aufgeben sollten, weil du besser bist als sie?«
»Es war anders«, sagte Marcus steif.
»Wie?«
Das geht nicht gut, dachte Felix plötzlich. Vor ihm streifte Naburo langsam seine Fesseln ab.
Als Marcus schwieg, hob Kritodemos die Augenbrauen. Seine Stimme wurde leiser, freundlicher. »Du hast es schon wieder getan, oder? Es reicht dir nicht, dass dein Gewissen dich das Leben gekostet hat, jetzt soll es dich zudem deine Seele kosten. Ich habe Respekt davor, Marcus, großen Respekt, aber ich werde meine Pflicht erfüllen und loyal zu meinem Herrn stehen. Und erlöst werden.«
Er trat einen Schritt zurück. »Ergreift sie!«
Marcus ließ die Waffen fallen. Klirrend und polternd landeten sie auf der Treppe. Naburo und die Todfeinde griffen danach, während der Römer bereits sein eigenes Schwert zog. Kritodemos sprang zurück, um sich mehr Platz zu verschaffen. Hinter ihm stürmten Männer mit Schwertern und Schilden heran, die meisten schienen aus dem Mittelalter zu stammen.
Felix erinnerte sich an das Geräusch, das er gehört hatte, und warf einen Blick zurück. Auch von unten liefen Krieger und Soldaten heran.
»Da kommen noch mehr!«, rief er.
Naburo fuhr herum, Spyridon ebenfalls. Es schien keine Absprache zwischen den beiden zu geben, trotzdem drängten sie sich an Felix vorbei und stellten sich breitbeinig auf die Treppe, bereit, den Kampf aufzunehmen. Der Ansturm von unten stockte. Selbst wenn vielleicht die Erlösung am Ende des Kampfes wartete, schien niemand als Erster fallen zu wollen.
Felix sah hinauf zum Treppenabsatz, wo die Klingen bereits aufeinanderschlugen. Marcus und Yevgenji drängten ihre Angreifer zurück. Dass der Gang recht schmal war, erwies sich als Vorteil für sie, denn mehr als zwei Wachen konnten nie gleichzeitig angreifen.
Wir dürfen uns hier nicht einkesseln lassen, dachte Felix. Früher oder später werden selbst Elfen müde.
Und dann würde man sie überrennen, vielleicht nur ein Stockwerk von Angela entfernt. Das durfte nicht passieren!
Er ergriff Lauras Arm. Sie hatte den Dolch zwar in die Hand genommen, konnte aber ebenso wie Felix nicht in das Geschehen eingreifen. Marcus und die Elfen deckten sie.
»Wir können hier nicht stehen bleiben«, sagte er.
Sie nickte. »Ich glaube, das wissen sie.«
Es schien fast so, als hätten Marcus und Yevgenji ihre Worte gehört, denn sie warfen sich plötzlich nach vorn und hieben auf ihre Gegner ein, zwangen sie, den Treppenabsatz preiszugeben. Dass die Wachen zurückwichen, konnte Felix anhand von Kritodemos’ Helm verfolgen, der immer tiefer im Gang hinter dem Absatz auftauchte.
Naburo stieß Felix an. »Weiter!«
Er und Spyridon hielten ihre Angreifer problemlos auf Distanz. Im Gegensatz zu den Wachen, die von Kritodemos angeführt wurden, wirkten sie unorganisiert und zögerlich. Nur selten wagte einer einen Vorstoß. Die Leichen, die auf den Stufen lagen, machten deutlich, was dann geschah.
Felix stolperte hinter Laura die Treppe hinauf. Den Absatz, den Marcus und Yevgenji weiterhin hielten, ließen sie hinter sich, liefen stattdessen weiter nach oben. Der Römer hatte ihnen erklärt, dass sie so weit unten nicht auf Alberich stoßen würden.
»Schneller!«, schrie Naburo von hinten. Unter Felix’ Rippen begann es zu stechen, das Hemd klebte an seinem Rücken. Die Muskeln in seinen Beinen wurden hart und brannten wie Feuer. Während Laura die Stufen hinaufzufliegen schien, stolperte er keuchend hinterher. Naburo und Spyridon überholten ihn schließlich und übernahmen die Führung der Gruppe. Sie gingen wohl davon aus, dass Marcus und Yevgenji die nötige Rückendeckung geben würden, denn die Verteidigung des Treppenabsatzes war nicht mehr nötig.
Das war der Moment, in dem Felix von der Stufe abrutschte und fiel. Sein Schienbein kollidierte mit der steinernen Kante. Schmerzerfüllt schrie er auf. Durch sein anderes Bein zuckten Krämpfe. Er versuchte aufzustehen, aber der Schmerz ließ ihn zurücksacken.
Über ihm verschwand Laura hinter der nächsten Rundung. Der Lärm des Kampfes sorgte dafür, dass sie nicht bemerkte, was hinter ihr geschah. Felix trat mit dem Fuß gegen die Wand, um den Krampf zu lösen. Sein Hosenbein färbte sich dort, wo die Kante sein Schienbein getroffen hatte, rot.
Marcus und Spyridon zogen sich noch nicht vom Absatz zurück. Die Gegner sorgten dafür, dass ihr
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