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Die Kristallhexe

Titel: Die Kristallhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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Hand. »Soll ich fortfahren?«
    »Bitte. Neuigkeiten über Alberich interessieren uns immer.«
    Saryf lachte, sichtlich überrascht. Salik hob die Augenbrauen. Damit hatte er nicht gerechnet. Die Auseinandersetzung zwischen Alberich und dem Orden schwelte seit Langem. Alhamal weigerte sich, dem für ihn unrechtmäßig auf den Thron gelangten König Tribut zu zollen, was bereits zu einigen Konflikten geführt hatte. Der letzte hatte damit geendet, dass Hanin die Leiche des Abgesandten vom Palast der Morgenröte den Bergwölfen zum Fraß vorgeworfen hatte. Von dem Kampf gegen den Mann, der sich in ein Ungeheuer verwandelt hatte, sprach sie immer noch.
    »Dann will ich dich nicht länger warten lassen.« Saryf legte den Dattelkern in eine kleine, silberne Schale. Dann wischte er sich die Finger an seiner Robe ab. »Alberich hat den Palast verlassen. Aus einem Grund, den ich dir nicht verraten kann, ist er zum Totenturm gereist und wird dort wohl eine Weile bleiben. Er hat keine Soldaten mitgenommen.«
    Salik stockte der Atem. So ungeschützt würden sie Alberich vielleicht nie wieder antreffen. War das die Chance, auf die sie gewartet hatten?
    »Warum kannst du mir den Grund nicht nennen?«, fragte der Sayasi nach einem Moment. Auch er hatte anscheinend Zeit gebraucht, um diese Neuigkeit zu verarbeiten.
    »Weil ich eine Information nie zweimal verkaufe.« Saryf erhob sich. »Der Turm wird bewacht, aber bei Weitem nicht so gut wie der Palast. Verwendet dieses Wissen, wie es euch beliebt. Niemand sonst wird davon erfahren.«
    »Ich danke dir«, sagte der Sayasi.
    Saryf verneigte sich und war nur einen Lidschlag später verschwunden.
    Salik fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Wenn das, was er sagt, stimmt ...«
    Sein Meister ließ ihn nicht ausreden. »Es stimmt, da bin ich mir sicher.« Alhamal sah nachdenklich aus dem Fenster. »Rufe Hanin herein. Sie wird sich auf eine Reise begeben.«

    Hanin betrachtete die Männer, die der Meister ihr mitgegeben hatte. Es waren drei, Yassaf und Inran, zwei Brüder, die als Anwärter galten, sich aber bereits bei anderen Aufgaben bewährt hatten, und Neranye, ein erfahrener, älterer Assassine, dessen ruhige Art Hanin schätzte. Der vierte ließ auf sich warten.
    Messan kommt immer zu spät, dachte Hanin. Sie hatten sich bei Sonnenaufgang im Festungshof verabredet, doch mittlerweile war es schon hell. Die Vögel zwitscherten, und auf dem Übungsplatz begannen die Anwärter gerade mit dem morgendlichen Schwertkampf.
    »Wir sollten ohne ihn gehen«, sagte Yassaf. Er war der Ungeduldigere der Brüder. »Vielleicht lernt er dann endlich Pünktlichkeit.«
    »Das bezweifle ich«, sagte Hanin. Zu oft hatte man Messan schon für seine Unpünktlichkeit bestraft. Mittlerweile tolerierte Alhamal sie. Als Salik ihn einmal darauf ansprach, sagte der Meister, Messan könne an seiner Unpünktlichkeit ebenso wenig etwas ändern wie Salik an der Farbe seiner Haare. Sie war ein Teil von ihm.
    Und er war ein hervorragender Kämpfer. Ein gut ausgebildeter Assassine konnte es mit fünf oder sechs bewaffneten Soldaten aufnehmen, Messan wurde selbst bei zehn nicht nervös. Wäre dem nicht so gewesen, hätte er seine Zeit als Anwärter wohl kaum überstanden.
    »Entschuldigung!« Messans Stimme hallte über den Festungshof. Hanin drehte sich zu ihm um. Er lief die Steinstufen, die aus den Quartieren in den Hof führten, herunter, hielt aber immer wieder an, um die Kleidung anzulegen, die er noch auf dem Arm trug. Seinen zweiten Stiefel, den Waffengürtel, in dem Schwert und Krummdolch steckten, und den Gesichtsschleier seines Turbans, der hinter ihm herflatterte wie der Schweif eines Kometen.
    Als er schwer atmend vor Hanin stehen blieb, war er vollständig, wenn auch unordentlich bekleidet. »Sonnenaufgang ist wirklich verdammt früh«, sagte er. Dann nickte er den anderen zu. »Morgen.«
    Yassaf verdrehte die Augen, Inran und Neranye grüßten knapp zurück.
    »Dann lasst uns aufbrechen.« Hanin nahm den kleinen Lederrucksack, in dem sich nichts außer Wasser und ein wenig Nahrung befanden. Der Weg, der vor ihnen lag, war dank ihrer Reiterdracs nicht lang, doch sie würden den Turm eine Weile beobachten müssen, bevor sie versuchten, dort einzudringen.
    Inran schulterte seinen eigenen Rucksack, sah sich aber noch einmal nach den anderen Anwärtern um, die hinter ihm auf Holzattrappen einschlugen. »Wenn unser größter Feind wirklich in diesem Turm sitzt«, sagte er, »warum greifen wir ihn dann

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