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Die Kristallhexe

Titel: Die Kristallhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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sanfter, fast schon hypnotischer Stimme. »Es ist kein Wunder, dass du nie fröhlich bist, denn die Wolke ist so dicht und schwarz, dass sie die Sonne verbirgt.«
    Vor seinem geistigen Auge sah er einen Moment lang den Schleim. Er schüttelte den Gedanken ab. Es war still auf dem Platz geworden; alle lauschten dem, was Sandra zu sagen hatte, die Gläubigen mit seligem Lächeln und die wenigen anderen mit Skepsis.
    Sandra hob den Arm und zeigte auf eine Stelle über Cedrics Kopf. »Sie hängt genau hier, ich kann sie sehen. Und ich sehe alles, was darin hängt, was du jeden Tag mit dir herumschleppst. Das Gewicht der Wolke drückt dich nieder. Du kannst nicht mehr klar denken.«
    Aus den Augenwinkeln sah Cedric Simon, der ein Stück von ihm entfernt stand und zusah. Er wirkte besorgt.
    »Das Gewicht ist wie ein ständiger Schmerz, nicht wahr, Cedric? Du spürst ihn, aber du kennst seine Ursache nicht. Es ist die Wolke, und wenn du das wüsstest, würdest du alles tun, um sie zu vertreiben. Doch du weißt es nicht. Da ist nur der Schmerz, und mit dem Schmerz kommt die Angst, denn kein Wesen, das Schmerzen hat, ist ohne Angst. Schmerz ist Angst, und Angst ist Hass.«
    Ihre Blicke glitten beinahe liebevoll über sein Gesicht. Sein Atem ging langsam, und er lauschte ihrer Stimme, ohne auf etwas anderes zu achten.
    »Du denkst, dass du der Einzige bist, der diesen Schmerz spürt. Er macht dich einsam, aber zugleich einzigartig. Du denkst, dass du das Böse hasst, das Übel in der Welt, dabei hasst du nur den Schmerz. Und der Schmerz ist die Wolke.«
    Sie nahm seine Hand in die ihre. Er spürte ihre Wärme. »Ich würde dir so gerne zeigen, wie einfach es ist, die Wolke zu vertreiben. Du hast es verdient, die Sonne zu sehen und in ihrem Licht zu erblühen.«
    Ganz dicht trat Sandra an ihn heran. »Dies ist mein Geschenk an dich.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und schürzte die Lippen.
    Nein! Cedric stieß sie zurück. Sandra schrie auf, als sie das Gleichgewicht verlor und hart in den Staub fiel. Gläubige und Ungläubige stießen entsetzt die Luft aus. Der Elf brach aus der Reihe der Friedensengel aus, aber Rimmzahn hielt ihn zurück. »Nein, Fynfir.«
    »Fass meine Tochter nicht an!«, schrie Felix.
    Cedric blinzelte und hob entschuldigend die Hände. Dann drehte er sich um und stürmte vom Platz. In seinen Gedanken herrschte Chaos. Er hätte sich beinahe hypnotisieren lassen, von einem Mädchen, das nicht einmal wusste, wie man einen Feuerzauber sprach. Die Geistreise musste schuld daran sein, das war die einzige Erklärung.
    »Das war nicht gerade souverän«, sagte Simon, als er zu ihm aufschloss.
    »Ich weiß.« Cedric trat wütend gegen ein Stück totes Holz. Es spritzte auseinander, Käfer flohen. »Verdammt noch mal, ich weiß.«

14
    Eine unerwartete
    Gelegenheit
     
    E s war still in dem kleinen Raum. Salik stand an dem mit einem kunstvollen Holzgitter verzierten Fenster und blickte auf die Berge. Der Tag war kühl, die Wolken hingen tief, doch noch brachten sie keinen Schnee mit.
    Vom Hof der Festung drangen dumpfe Kampfgeräusche zu ihm herauf. Die Assassinenanwärter übten mit Holzstangen. Das rhythmische Klack-Klack-Klack wurde nur ab und zu von einem Schmerzensschrei unterbrochen. Es tat weh, von diesen Stangen getroffen zu werden, das wusste Salik aus eigener Erfahrung. Er war schließlich nicht als Höchster Vertrauter des Meisters geboren worden.
    »Wir können den ganzen Tag hier sitzen, wenn du willst«, sagte der Mann hinter ihm. »Ich werde meine Bedingung nicht ändern.«
    Salik drehte sich um. »Warum ist dir das so wichtig? Du kannst mir alles sagen, was du auch Sayasi sagen würdest. Ich werde nichts verfälschen, weglassen oder hinzufügen.«
    Der Mann hob die Schultern. Er war groß und so dünn, dass er fast schon ausgemergelt wirkte. Dunkle Seidenroben schlackerten um seinen Körper. Das graublonde, lange Haar hatte er zu einem Zopf gebunden, der über seine Brust hing. Sein Name war Saryf, aber ebenso wie sein Körper wahrscheinlich nur vorübergehend.
    »Jeder hat seine Eigenheiten. Meine ist es, dass ich nie mit dem Zweithöchsten spreche, egal, wie sympathisch er mir sein mag.« Saryf lächelte und zeigte spitze Raubtierzähne.
    »Du würdest also gehen, wenn ich dir das nicht gestatte, obwohl du behauptest, über wichtige Informationen zu verfügen?«
    »Wichtige Informationen für euch, nicht für mich.« Saryf nahm die Teetasse, die vor ihm auf einem kleinen Tisch stand, und

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