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Die Kristallhexe

Titel: Die Kristallhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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nicht alle an? Wieso sind wir nur zu fünft?«
    »Weil wir Assassinen sind«, antwortete Neranye mit ruhigem Stolz. »Was fünf von uns nicht vollbringen, gelingt fünfzig ebenso wenig.«
    Das war nur die halbe Wahrheit, und Hanin war sicher, dass Neranye das wusste. Es stimmte, dass Assassinen am liebsten allein oder in kleinen Gruppen arbeiteten, aber in diesem Fall war die geringe Größe des Trupps ein Ausdruck von Alhamals Vorsicht. Hanin sollte den Turm erst einmal auskundschaften und herausfinden, was sie dort erwartete. Sie hatte die Erlaubnis des Meisters, anzugreifen, wenn sie eine günstige Gelegenheit sah. Sollte sie dabei scheitern und Alberich aus Rache einen Vergeltungsschlag gegen den Orden befehlen, würden fünf Assassinen weniger zu verschmerzen sein, mehr jedoch nicht.
    Doch das verschwieg sie vor den Anwärtern. Niemand hörte gern, dass er entbehrlich war.
    »Kommt!«, sagte sie. »Wir wollen doch nicht, dass sich Alberich langweilt.«
    Messan lachte leise, als sie die Festung verließen.

15
    Im
    Untergrund
     
    W ach auf!«
    Jack schreckte hoch und griff nach dem Schwert, das nach Kriegersitte neben ihm lag. Er ließ es sofort wieder los, als er Deochar vor seinem Bett stehen sah, und rieb sich mit den Handballen über die Augen. Die Sonne ging bereits unter, das Licht in der Hütte war gedämpft.
    »Was ist los?«, fragte er. »Werden wir angegriffen?«
    Deochar blieb steif stehen. »Ich habe mit Bricius gesprochen.«
    Oh-oh, dachte Jack. Er schlug die dünne Decke zurück und setzte sich auf. »Ich habe versucht, ihn zu warnen.«
    »Das hat ihm nicht gefallen.« Der Blick aus Deochars rotbraunen Augen war schwer zu deuten.
    »Ich kann nicht beeinflussen, was ihm gefällt oder nicht«, sagte Jack. Auf dem Hocker neben seinem Bett stand noch eine halb volle Tasse Tee vom Morgen. Er trank sie aus, obwohl er längst kalt geworden war. »Ich kann ihn nur vor einer Gefahr warnen, die ich wahrnehme und er nicht. Das ist meine Pflicht als Iolair.«
    Deochar blinzelte kurz, als fände er es anmaßend, dass Jack sich so nannte. Doch er sagte nichts dazu. Stattdessen nickte er in Richtung der Kleidung, die Jack unordentlich auf einen Haufen geworfen hatte, bevor er sich schlafen legte.
    »Mach dich fertig. Ich warte währenddessen draußen.«
    »Wo gehen wir hin?«, fragte Jack.
    »Wir werden herausfinden, wer für den Tod dieses Jungen verantwortlich ist.« Deochar trat aus der Tür und schloss sie hinter sich. Jack schüttelte den letzten Rest Müdigkeit ab, begnügte sich damit, kurz Wasser in sein Gesicht zu spritzen, und zog sich an. Das Schwert schnallte er sich auf den Rücken, in den Gürtel steckte er einen Dolch. So verließ er die Hütte.
    Abends saßen die meisten Menschen vor ihren Hütten oder am Lagerfeuer, so auch an diesem. Es wurde nachts angenehm kühl, aber nicht kalt.
    »Wieso haben sie diese Tücher an?«, fragte Deochar und zeigte auf vier Frauen, die auf der anderen Seite des Platzes entlanggingen und weiße Kopftücher trugen.
    Jack zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, vielleicht wollen sie irgendwas sauber machen.«
    Er schloss sich Deochar an und betrat mit ihm den Weg, der zum eigentlichen Dorf führte. »Hat Bricius ...«
    ... dir das befohlen, hätte er beinahe gesagt, fing sich aber, bevor die Worte seinen Mund verlassen konnten. Die Anführer der Iolair legten großen Wert darauf, gleichberechtigt zu sein. Keiner hatte dem anderen etwas zu befehlen. In der Realität hatte Jack zwar ab und zu den Eindruck, dass Bricius’ Wort mehr zählte als das der anderen, doch das hätte er nie laut gesagt.
    »Hat Bricius dich gebeten, der Sache nachzugehen?«, fragte er.
    »Nein, ich habe ihm gesagt, dass ich mich darum kümmern würde. Du unterstehst meiner Verantwortung, Jack. Dein Verhalten fällt auf mich zurück.«
    »Ich habe nichts falsch gemacht.« Jack begann zu bereuen, überhaupt mit den Iolair darüber gesprochen zu haben. Den wenigen Respekt, den er sich in den letzten Wochen erarbeitet hatte, drohte er nun zu verlieren.
    »Wir werden klären, ob das stimmt.«
    »Ja, Sir.«
    Sie verloren kein weiteres Wort über die Angelegenheit, sprachen stattdessen über Kriegerthemen wie die besten Nahkampfwaffen und die Vorteile einer Kavallerie zur Flankendeckung. Deochar war ein angenehmer Lehrer, der seinen Schüler selbst auf die richtigen Antworten kommen ließ, und ein bemerkenswerter Kämpfer. Jack glaubte nicht, dass er jemals nur halb so gut wie er werden würde.
    Er

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