Die Kristallhexe
Theke. Er ignorierte den Schmerzensschrei des Mannes und zog ihn weiter über den Boden, der Tür entgegen. Jack folgte ihm rückwärts. Scheren und kleine scharfe Messer griffen ihn an. Er schlug mit seinem Schwert nach ihnen und warf Stoffbahnen in ihre Flugbahn.
Er hörte, wie Deochar hinter ihm die Tür aufstieß und »Ich bin draußen!« rief, dann drehte auch er sich um und rannte los. Mit einem letzten Sprung landete er auf der Straße und warf die Tür mit dem Fuß zu. Sie knirschte in ihrer einen Angel, und er musste einmal nachtreten, doch dann war sie zu. Im Inneren des Geschäftes knallte es einige Male. Die Spitze einer Schere drang aus dem Holz, kam aber nicht weiter.
Jack wischte sich den Schweiß von der Stirn und folgte Deochar in die Gasse, in die er sich mit Noran zurückgezogen hatte. Er riss ihm gerade die Jacke von den Schultern und stülpte die Taschen um. Einige Papierschnipsel fielen zu Boden, aber solange Noran sie nicht festhielt und seinen Zauber über sie sprach, waren sie harmlos. Jack schob sie mit dem Fuß zwischen den Müll. Noran lachte, als er das sah.
Deochar drückte ihn gegen die Wand und richtete erneut seinen Dolch auf dessen Kehle. »Wem hast du den Giftzauber verkauft, der den Jungen umgebracht hat?«
»Macht ihr dieses ganze Theater etwa wegen irgendeines Waisenjungen?« Noran schüttelte immer noch grinsend den Kopf. »Ihr legt euch wegen ihm mit mir an?«
»Ich will einen Namen.« Deochar sprach leiser als zuvor. Jack wusste, was das zu bedeuten hatte, Noran jedoch nicht.
»Du wirst keinen bekommen. Tut euch selbst einen Gefallen. Haut ab und gebt euren kleinen Rachefeldzug auf, dann wird niemandem ...«
Der Satz endete in einem Schrei. Deochar hatte ihm den Dolch in den Oberschenkel gestoßen. Noran krümmte sich zusammen und wäre gestürzt, wenn der Iolair ihn nicht gehalten hätte.
»Einen Namen!«
Tränen liefen über Norans Gesicht. Seine überlegene Haltung war verflogen. »Fynfir«, stieß er keuchend hervor. »Er heißt Fynfir und ist ein Iolair.«
Jack sah Deochar an. Der schüttelte den Kopf. »Ich kenne den Namen nicht.«
»Er heißt wirklich so.« Noran biss immer wieder schmerzerfüllt die Zähne zusammen. »Ich habe ihn ein paarmal auf dem Platz Wache schieben sehen, bevor er zu mir kam und den Giftzauber kaufen wollte. Hat seinen ganzen Sold gekostet, sagte er, aber das sei es wert für den einen.«
Er ist einer von Rimmzahns Anhängern, dachte Jack.
»Du weißt, was das bedeutet«, sagte er zu Deochar, doch der reagierte nicht auf ihn. Stattdessen richtete er den Blick auf Noran - und stieß ihm den Dolch ins Herz. Der Schneider war schon tot, als er den Boden berührte.
»Ein solcher Mann verdient das Leben nicht«, sagte Deochar. Er stieg über die Leiche hinweg. »Und jetzt zu Fynfir.«
Jack folgte ihm schweigend.
Fynfir lauschte den Worten des Propheten. Die anderen nannten ihn Rimmzahn oder sogar Norbert, aber er empfand das als respektlos. Er war der Prophet, der den Willen des einen verkündete. Im Kreis der anderen Gläubigen saß er auf dem Platz und hörte ihm zu. Vorbei waren die Zeiten, in denen sie sich an den Waldrand zurückgezogen hatten und im Verborgenen zum Wahren Herrscher beteten. Das Blatt hatte sich gewendet. Nun waren die Ungläubigen in der Minderheit. Er sah sie hinter den Fenstern ihrer Hütten; unsicher und nervös blickten sie nach draußen. Immer mehr von ihnen schlossen sich den Gläubigen an, manche aus eigenem Antrieb, andere vielleicht aus Angst, am Ende auf der Seite der Verlierer zu stehen, aber sobald Sandra sich ihrer annahm, wurden auch aus ihnen wahre Gläubige.
Er verehrte Sandra und trug das weiße Kopftuch, das sie ihm gegeben hatte, mit großem Stolz. In seinen Tagträumen stellte er sich oft vor, wie er zu ihr ging und von seinen Taten erzählte. Ja, ich habe Cedric und Simon getötet und unsere größten Feinde besiegt.
Doch noch war es nicht so weit, noch lebten die, die sich gegen die Gläubigen verschworen hatten und die Ankunft des einen verhindern wollten. Er bedauerte, dass er all sein Geld umsonst ausgegeben hatte, und ein wenig tat es ihm leid, dass der Falsche gestorben war, aber so war das nun einmal im Krieg.
Er kannte den Krieg wie kaum ein anderer. Sein ganzes Leben bestand aus nichts anderem als Kampf und Mühsal und Tod. Doch dank des einen würde er bald Frieden finden, wie es der Prophet versprach.
»Wird es noch Streit geben?«, fragte Rimmzahn in diesem Moment. Die Menge
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