Die Kristallhexe
schüttelte den Kopf
»Nein«, flüsterte Fynfir.
»Wird es noch Unruhen geben?«
Wieder schüttelte die Menge den Kopf, und Fynfir sagte: »Nein.«
»Werden wir uns in Kriegen zerfleischen, bis es nichts mehr gibt außer Ödnis und Tod?«
»Nein.«
»Genau.« Rimmzahn drehte sich zu ihm um. Fynfir lächelte, als der Blick des Propheten sich auf ihn richtete. »Wenn es all diese Schrecken nicht mehr gibt, mein Sohn aus diesem fremden Land, was wird dann an ihre Stelle treten?«
»Frieden«, sagte Fynfir mit fester Stimme. Nie zuvor hatte er an etwas mit solcher Inbrunst geglaubt.
»Frieden!«, wiederholte der Prophet laut, und die Gläubigen umarmten einander.
Fynfir drehte den Kopf und ließ seinen Blick über den Platz wandern. Von den Feinden des einen war keiner zu sehen, aber er war sich sicher, dass sie bald auftauchen würden. Gerade Cedric ließ keine Gelegenheit aus, den Propheten zu verhöhnen. Simon war unauffälliger, aber nicht weniger gefährlich. Fynfir hatte beschlossen, die Wahl seines ersten Gegners dem Willen des einen zu überlassen. Wer auch immer den Platz als Erster betrat, würde an diesem Morgen sterben.
Er hatte sich vorbereitet. Seine Klinge hatte er mit einem primitiven Gift aus Pflanzen und ein wenig Magie bestrichen. Eine der Iolair hatte er mit der Behauptung, ihm stünde eine gefährliche Patrouille bevor, dazu gebracht, ihm einen Trank zu brauen, der ihn einige Minuten lang vor magischen Angriffen schützen würde. Die Phiole steckte in seinem Gürtel.
Fynfir war ein guter Kämpfer, aber ein schlechter Magier. Der Zauber, mit dem er Cedrics Hütte angezündet hatte, war das Beste, was er jemals zustande gebracht hatte; ein weiterer, ähnlicher Zauber würde ihn Wochen der Vorbereitung kosten. Also würde er sich auf das verlassen, was er konnte: ein Schwert ziehen und töten.
Ein letztes Mal , dachte er, bevor der eine kommt und den ewigen Frieden bringt.
Der Prophet sprach von den Welten, die der eine vereinen würde, aber Fynfir hörte ihm nicht mehr zu. Einer seiner Feinde hatte den Platz betreten und ging nun kopfschüttelnd an den Gläubigen vorbei. Dann bog er in den Weg ein, der zum Fluss hinunterführte.
Fynfir stand auf. Er war froh, dass es dieser Feind war, der, der Sandra weggestoßen hatte.
Lautlos folgte er Cedric.
»Da ist er«, flüsterte Luca aufgeregt. Zusammen mit Peddyr, Duibhin und Ciar hockte er im Unterholz nahe Rimmzahns Hütte und beobachtete die Versammlung. Die meisten Gläubigen drehten ihnen den Rücken zu, doch als der Elf aufstand und begann, Cedric in den Wald zu folgen, erkannte er ihn sofort. »Kommt!«
Ciar fasste ihn am Arm. »Wir sollten das nicht tun«, sagte er. »Das ist viel zu gefährlich.«
Duibhin nickte. »Wir haben keine Ahnung, welche Fähigkeiten er hat. Lasst uns jemandem Bescheid sagen.«
»Wem denn?«, fragte Peddyr. »Den Iolair? Der Typ folgt Cedric schon! Bevor die etwas entschieden haben, hat er ihn längst umgebracht.«
»Außerdem ist er nur ein Elf, und wir sind zu viert.« Luca zog das Küchenmesser aus dem Gürtel, das er aus dem Gemeinschaftssaal gestohlen hatte. »Und wir sind bewaffnet.«
Peddyr griff sich rasch einen toten Ast. »Und wie wir das sind. Kommt schon, bevor es zu spät ist!«
Die anderen beiden sahen sich zweifelnd an, dann griff zuerst Duibhin und dann auch Ciar nach einem Ast.
Beide nickten.
Luca sprang auf. Es ist so weit, dachte er. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Er setzte sich an die Spitze seiner kleinen Truppe und folgte dem Elfen.
18
Die Kunst
unverzichtbar zu sein
S ie begruben Neranye neben einem Felsen. Seinen Kopf hatten sie nicht gefunden. Der Boden war so sandig, dass sie über eine Stunde brauchten, um das Grab auszuheben. Hanin, deren Schwert noch immer im Rücken des Verschlingers steckte, nahm Neranyes Klinge an sich und steckte sie in ihren Gürtel. Der Vogel war längst verschwunden. Sie hoffte, dass er seine Wunden nicht überlebte. Neranye hatte es verdient, seinen letzten Gegner mit ins Grab zu nehmen.
Niemand sagte ein Wort. Es war nicht üblich, bei einem Assassinenbegräbnis zu reden oder zu beten. Das Leben des Mannes sprach für sich selbst, er brauchte niemanden, der seine Leistungen aufzählte oder die Götter milde stimmte. Ob sie ihn aufnahmen oder nicht, war längst entschieden.
Als das Grab gefüllt und die Erde festgeklopft war, zogen sich Hanin und die anderen in die länger werdenden Schatten der Felsen zurück. Stumm warteten sie auf
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