Die Kristallwelt der Robina Crux
Flügelrad an, das mit einem Sauerstoffstrahl aus einem Reservebehälter angeblasen wurde. Bei der geringen Reibung der Walze ließ sich der Strahl sparsam einstellen, und ein Kanister würde so etliche Tage reichen.
Und dann zog Robina um, in eine V-Wohnung, ganz wie sie es früher gehalten hatte, wenn sie den Vater oder Ed längere Zeit besuchte oder mit Boris an den Freitagen zusammen war. Und oft hatte sie eine solche Vorübergehwohnung benutzt, wenn ein Abend mit Freunden lang wurde und sie benommen war von Getränken und Düften. Ihre hiesige V-Wohnung sollte die Kuppel werden.
Robina lud das, was sie brauchte, auf das Eselchen, hängte einiges noch hinten an und fuhr zur Pforte zwei.
Mit einiger Scheu und schlechtem Gewissen betrat sie die Kuppel, den Brenner über der Schulter, den neuen Hacker unter dem Arm. Überrascht blieb sie stehen. Auf den ersten Blick zeigten sich keinerlei Spuren ihres Tobsuchtsanfalls. Wie geleckt der Fußboden, die Apparate intakt.
Robina stellte die Gerätschaften behutsam, beinahe ehrfürchtig ab. „Sie sind uns überlegen“, flüsterte sie. Bewunderung und Angst rangen in ihr. Langsam umrundete sie den Sender.
Erst bei genauerem Hinsehen gewahrte sie einige Stellen, die eindeutig Spuren der Nachbesserung trugen, vor allem dort, wo sie sinnlos mit dem Messer in die Verkleidung gehauen und eigentlich nur Kratzer und Kerben hinterlassen hatte.
Robina pfiff durch die Zähne, wie sie es oft von Ed gehört hatte, wenn er irgend etwas Bedeutsamem auf die Spur gekommen zu sein glaubte.
Und Robina glaubte, den ersten Makel in der Vollkommenheit des geheimnisvollen Schlossers entdeckt zu haben. Sie fand eine Menge Zeugnisse, daß jener wieder in der Kuppel gewesen war, abgesehen vom Wiederfunktionieren der Anlage. Und – Robina gestand es sich ein – sie war vor allem überzeugt, daß es ihn geben mußte!
Dann wunderte sich Robina über ihre Haltung. Obwohl nun klar zu sein schien, daß sie sich nicht allein auf dem Boliden befand, spürte sie weder richtige Angst noch Freude. Zugegeben, ein wenig bang war ihr, und öfter als einmal ging ihr Blick zur Schleusentür, ob sie sich nicht öffnete und irgend etwas Überraschendes hereinließ.
Aber eigentliche Freude empfand sie auch nicht: Jemand, der sich so verborgen hielt, gab zu verstehen, daß er mit dem Eindringling nichts zu tun haben wollte. Und aufgedrängt hatte sich Robina noch nie und bei niemandem… Sie war es gewesen, die die Liaison, obwohl es sie sehr schmerzte, beendet hatte, zu Boris' nicht geringer Überraschung. Und sie war sich sicher, trotz der fast aussichtslosen Situation, in der sie sich befand, sie würde niemanden um gutes Wetter bitten. Denn, so entschied sie, dieser Jemand müßte längst ihre Lage erkannt haben, müßte wissen, daß Zurückhaltung, Vorsicht oder was immer ihn sich verbergen ließ, unnötig waren…
Wirklich? Bisher haben sie von mir nur Zerstörung erfahren!
Dann wurde sich Robina bewußt, daß sie möglicherweise ganz falsche Maßstäbe anlegte. Treppen und Gänge, Sensoren und Schilder deuteten daraufhin, daß die Anderen in ihren Reaktionen, in ihrem Wesen den Menschen verständlich sein mochten. Das Gegenteil konnte jedoch ebenso der Fall sein. Woher nehme ich die Gewißheit, daß sie einen Kontakt wollen? Mit diesem Gedanken stieg so etwas wie Mutlosigkeit in Robina auf.
Dann schob sie das alles weit von sich und betrachtete eingehend die Reparaturstellen. Sie fühlte sich durchaus nicht als Fachmann für Oberflächenveredlung, aber hier glaubte sie zu erkennen, wie der fremde Monteur zu Werke gegangen war: Er hatte die Kratzer und Kerben ausgegossen, geschlichtet und farblich der Umgebung angepaßt, und gerade das schien ihm nicht hundertprozentig gelungen zu sein. Meist schimmerten die reparierten Stellen heller. Die Kabel hingegen und auch die Supraschleife zeigten keinerlei Makel. Ausgetauscht! dachte Robina.
„Nun gut“, sagte sie. „Die beschädigten funktionellen Teile ausgetauscht, aber warum diesen Aufwand, diese Akribie bei der Verkleidung? Die Apparatur hätte auch mit den Kratzern und Kerben gesendet. Weshalb also dieser Hang zum letzten Schliff?“
Dann erinnerte sie sich ihrer Übertreibung bei der Vorratsbilanzierung. „Da habe ich auch mehr gemacht als notwendig!“
Langsam ließ Robina den Gedanken in sich wachsen. Dann rief sie: „Ein Leidensgefährte!“
Gleich darauf ließ sie ihr Kartenhaus zusammenstürzen, und es traf sie schwer: „Dann hätte
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