Die kritische Dosis
aufnahmen.
»Na, da haben Sie sich ja in eine schöne Bescherung reingeritten, halbe Portion«, begrüßte mich Sellers. »Wie wär’s, wenn Sie uns mal ein bißchen was erzählen würden?«
»Ich wüßte nicht, was.«
»Die Sache sieht jetzt etwas anders aus als bei unserem letzten Gespräch«, sagte er. »Ich habe nämlich einen Zeugen, der gesehen hat, wie die Frau angefahren wurde.«
»Hat er sich die Zulassungsnummer aufgeschrieben?« erkundigte ich mich.
»Die brauchen wir nicht«, erklärte Sellers. »Wir haben ja den Wagen. Perfekter Indizienbeweis. Fasern von dem Stoff des Kleides, das die Frau am Unfalltag trug, haben sich am Fahrgestell gefunden.« Sellers wandte sich an einen der Kriminalbeamten und sagte im Plauderton: »Übrigens ist es eine Zulassungsnummer aus Colorado. Wir haben auch die Besitzerin ermittelt, eine gewisse Phyllis Eldon. Sie wohnt hier in Denver.«
Einer der Männer nickte, aber plötzlich gab es ihm einen Ruck: »Augenblick mal. Haben Sie eben Eldon gesagt? E-L-D-O-N?«
»Ganz recht.«
»Wann war dieser Fall von Fahrerflucht?«
Sellers sah in sein Notizbuch. »Am einundzwanzigsten.«
»Uhrzeit?«
»Acht Uhr abends.«
Die beiden Kriminalbeamten saßen jetzt wie elektrisiert.
Der eine sagte: »Augenblick. Diese Eldon wollten wir schon längst vernehmen wegen...« Er verschluckte den Rest des Satzes und sah mich an.
»Sie hält sich in Los Angeles auf«, sagte Sellers bereitwillig. »Ich habe ihre Adresse. Wenn ich jetzt noch erfahre, was diese halbe Portion da mit dem Unfallopfer angestellt hat, kann ich Anklage erheben. Er hat ihr Geld gezahlt und sie dann irgendwo in der Versenkung verschwinden lassen.«
»Nicht so hastig«, sagte der Kriminalbeamte. »Wir wollen die Vernehmung kurz unterbrechen. Bringen Sie ihn zurück in seine Zelle.«
»Es hat gar keinen Zweck, wenn Sie ihm Zeit zum Überlegen lassen«, protestierte Sellers. »Seine Lizenz ist in Gefahr und er selber in einer ganz miesen Position. Wir können ohne weiteres Anklage gegen ihn erheben, denn er hat sich eindeutig strafbar gemacht.«
Der Kriminalbeamte beugte sich zu Sellers hinüber. »Das müssen wir noch mal unter uns besprechen«, erklärte er. »Dabei stört er nur.« Er wandte sich an mich. »Kommen Sie mit, Lam.«
Sellers erhob Einspruch, wurde aber überstimmt. Er machte ein wütendes und ratloses Gesicht.
Ich folgte dem Beamten den Gang entlang, wurde einem Schließer übergeben und in meine Zelle zurückgebracht.
12
Nach zwei Stunden kehrte ich zu einer Sitzung zurück, die offensichtlich keineswegs harmonisch verlaufen war.
Die beiden Kriminalbeamten aus Denver waren anwesend, außerdem ein stellvertretender District Attorney und Sergeant Sellers. Und Anwalt Colton C. Essex war anwesend.
Essex sprang auf und schüttelte mir herzlich die Hand. »Wie geht’s, Lam? Ich bin so schnell gekommen, wie ich nur konnte. Was hier vorgeht, ist einfach unerhört.«
»Danke bestens«, antwortete ich.
Er drückte mir heftig die Hand. »Ich übernehme Ihren Fall«, sagte er. »Lassen Sie einfach mich reden.«
»Das haben Sie bereits reichlich besorgt«, sagte Sellers.
Essex legte mir schützend die Hand auf die Schulter. »Dieser Mann hier, meine Herren, könnte durchaus einen Prozeß wegen unrechtmäßiger Inhaftierung anstrengen. Aber er ist nicht nachtragend. Wenn er allerdings nicht sofort entlassen wird, werde ich einen Haftprüfungsantrag stellen.«
»Ich sage Ihnen doch, der Kerl hat einen Fall von Fahrerflucht vertuscht und Schweigegeld gezahlt. Damit hat er sich strafbar gemacht.«
»Was für einen Fall von Fahrerflucht meinen Sie?«
»Das wissen Sie verdammt genau«, knurrte Sellers.
»Ich kann mir nicht helfen, die Sache sieht aus wie ein abgekartetes Spiel«, meinte Essex. »Irgend jemand hat es auf meine Klientin Phyllis Eldon abgesehen. Sie hören doch selber, meine Herren, diese Kriminalbeamten aus Denver schwören, sie hätten einen Zeugen, dessen Namen sie nicht nennen wollen, der Miss Eldons Auto hier in Denver, Colorado, gesehen hat, und zwar zu dem Zeitpunkt, als Mr. Deering L. Canby zu Tode kam. Die Behörden von Denver sprechen von Mord. Sergeant Sellers wiederum sagt, er habe zwei Zeugen, die beschwören können, vier Stunden danach den gleichen Wagen in Los Angeles gesehen zu haben.«
»Augenblick mal«, unterbrach Sellers. »Den Wagen haben sie nicht identifiziert.«
»Dann habe ich Sie also mißverstanden?«
»Ich habe gesagt, daß dies der Wagen war, der Mrs.
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