Die Krone der Macht
sondern sich selbst! Er hatte wirklich Angst davor, sein Leben an der Seite dieser außergewöhnlich schönen und hochgestellten Frau zu verbringen und vor aller Welt den krassen Gegensatz zwischen ihnen beiden deutlich zu machen. Sicher, sie hatte die Macht, jeden, der ihn beleidigen würde, zur Rechenschaft zu ziehen. Aber konnte sie ein ganzes Volk dazu bringen, ihn mit ihren Augen zu sehen und nicht die kalte Realität - einen missgebildeten, hergelaufenen Niemand? Sie würde aufgrund ihrer besonderen Sinne stets wissen, was ihr Volk über ihn dachte. Würde sie das nicht auf die Dauer verbittern, und würde sie nicht eines Tages anfangen, ihn dafür zu hassen? Ihre Verachtung würde er vielleicht ertragen können, doch niemals ihren Hass. Und davor hatte er sich schützen wollen.
Doch was war, wenn das, was er sich jetzt in den schwärzesten Farben ausg emalt hatte, nicht eintraf? Sie liebte ihn. Konnten ihn dann nicht auch andere Menschen lieben? Bis jetzt hatte er nie versucht, sich seinen Mitmenschen anzuschließen. Die Angst, immer wieder verletzt zu werden, war größer gewesen als sein Wunsch nach Freundschaft und Nähe. Und oft genug hatten ihm die Erfahrungen Recht gegeben. Konnte sich das an ihrer Seite und im Bewusstsein ihrer Liebe nicht ändern? Sie schien sich dessen gewiss zu sein. Und es wurde ihm klar, dass er auch nicht in der Lage gewesen wäre, nach Beendigung ihrer Aufgabe einfach zu gehen und sie kampflos einem anderen Mann zu überlassen.
Doch nun war es zu spät! Er konnte jetzt nicht einfach zurückgehen und zu ihr sagen: Verzeih mir! Du hattest Recht, und alles soll geschehen, wie du es wünschst. Zu tief hatte er sie verletzt mit seiner Ablehnung und mit seiner Feigheit. Ihre harte Reaktion hatte dies nur zu deutlich gezeigt. Sie würde ihm nun nicht mehr glauben, wenn er ihr jetzt seine Liebe beteuerte. Weiser N ador!? - Ein Dummkopf war er, ein Schwachsinniger! Sie hatte es genau erkannt. Er hatte durch seinen Kleinmut das Glück seines Lebens verspielt. Sie hatte ihm die Hand geboten, um ihn, den sie liebte, zu sich empor zu ziehen. Er hatte sie ängstlich ausgeschlagen und war es nun selbst schuld, wenn er sein altes Leben würde weiterführen müssen ohne die Hoffnung, je wieder vom Schicksal mit etwas Glück bedacht zu werden. Er konnte nur noch eines tun: all seine Kraft dafür einzusetzen, dass sie ihr Ziel erreichte, um so seinem Leben wenigstens einen Sinn zu geben. Und wenn sein Tod der Preis für die Erringung dieses Ziels sein sollte, so hätte sein Dasein zumindest darin seine Berechtigung gefunden. Der Schmerz, sie immer sehen zu müssen und zu wissen, dass er sie verloren hatte, würde dann wenigstens enden. Bis dahin wäre dieser Schmerz die Strafe für die Kränkung, die er ihr zugefügt hatte. Daran, dass sie ihm vielleicht doch verzeihen könnte, wagte er nicht zu denken.
Die Sonne ging bereits auf, als er zum Gasthaus zurückging. Der Wirt war schon auf, und Nador bat ihn, das Frühstück zu bereiten, obwohl er keinen Appetit hatte. So saß er bereits am Tisch, als der Rest der Gesellschaft nach und nach den Raum betrat . Sarja kam als Letzte. Als sie recht spät erwacht war und das unberührte Bett gesehen hatte, durchfuhr sie ein heißer Schrecken. Was war mit Nador geschehen? Sie sah, dass seine Waffen noch dort lagen, wo er sie am Abend abgelegt hatte, und ihre Unruhe wuchs. Sie beeilte sich, um so schnell wie möglich nach ihm sehen zu können. Während sie sich ankleidete, hatte sie immer schrecklichere Visionen, was ihm zugestoßen sein konnte. Hatte der Feind ihn gefangen oder gar getötet, oder hatte er vielleicht seinem Leben selbst aus Verzweiflung ein Ende gesetzt? Von heftigen Selbstvorwürfen gequält rannte sie aus der Tür. Im letzten Augenblick bemerkte sie, dass sie vergessen hatte, ihre Lederkappe aufzusetzen. Hastig holte sie es nach und vergewissert sich, dass ihr Haar vollständig verdeckt war. Dann stürzte sie die Treppe hinunter. Als sie ihn friedlich mit den anderen am Tisch sitzen sah, war sie sehr erleichtert. Doch dann stieg wiederum Zorn in ihr hoch. Wie konnte er es wagen, sie so zu ängstigen! Doch dann sah sie sein Gesicht: blass, übernächtigt und mit dunklen Ringen unter den Augen. Sofort verrauchte ihr Zorn, und tiefes Mitleid erfüllte sie. Viel zu hart war sie zu ihm gewesen! Und sofort war sie bereit, ihm auf die kleinste Geste hin zu verzeihen. In diesem Augenblick hätte die Andeutung eines Lächelns, ein einziger Blick
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