Die Krone der Macht
war der Meinung, dass ihre Verfolger sich nicht an eine so große Gruppe Bewaffneter wagen würden, da sie bei den bisherigen Versuchen immer in der Überzahl gewesen waren.
„Vielleicht kommen wir auf diese Weise ungeschoren bis nach Gendana“, hoffte er.
Sarja jedoch war anderer Meinung: „Wenn sie bemerken, dass wir Unterstützung bekommen haben, ist es wahrscheinlicher, dass auch sie versuchen werden, eine größere Zahl von Verbündeten aufzubieten. Außerdem gefällt es mir nicht, dass wir um unserer eigenen Sicherheit willen diese Leute in Gefahr bringen, die ohne uns vielleicht unbehelligt ihr Ziel erreichen würden. Die Gefahr ist für sie durch uns nicht kleiner geworden, wie sie annehmen, sondern wir ziehen die Gefahr erst auf sie. Ich will aber nicht, dass irgendein Unschuldiger durch mich zu Schaden kommt. Wir sollten uns daher morgen unter einem Vorwand wieder von ihnen trennen, wenn wir nicht wollen, dass diese Menschen womöglich in ihr Verderben laufen.“
„Sarja“, sagte Nador beschwörend, „ich weiß deine edlen Gefühle und deine Uneigennützigkeit sehr wohl zu schätzen. Und wenn es wirklich nur um unsere persönliche Sicherheit ginge, würde ich genauso denken wie du. Aber du vergisst, dass es hier um mehr geht als um unser Leben. Der Frieden und die Sicherheit deines ganzen Volkes und vielleicht auch die eurer Nachbarn stehen auf dem Spiel, wenn es Doron gelingt, den Stein in die Hand zu bekommen. Wir werden daher vielleicht noch öfter das Leben Einzelner in die Waagschale werfen müssen, um viele andere zu retten. Ich weiß, dass der Gedanke daran dir furchtbar ist, aber du hast keine andere Wahl, wenn du deine Aufgabe lösen willst. Deshalb müssen wir bei diesen Leuten bleiben, solange wir davon einen Vorteil im Kampf gegen Dorons Ungeheuer haben.“
Schweren Herzens willigte Sarja ein, denn sie musste sich eingestehen, dass Nador Recht hatte. Auch Ástino stimmte zu, obwohl auch ihm die gleichen Bedenken wie Sarja gekommen waren.
So übernachtete die ganze Gruppe schließlich in einem kleinen Dorf. Das winz ige Gasthaus hatte nur drei Stuben, die die Gäste aufnehmen konnten. Da in jeder der Kammern nur zwei Betten standen, wurde die Verteilung der Räume ein kleines Problem. Schließlich einigte man sich jedoch auf folgende Regelung. Die beiden calarische Händler nahmen den einen Raum, Sarja und Nador den zweiten. Farsten erbot sich, dass dritte Zimmer mit Ástino zu teilen. Die beiden Nabeer jedoch wollten sowieso im Stall schlafen, um das Gepäck und die Pferde zu bewachen. Ástino dankte Farsten für sein Entgegenkommen, doch wolle auch er die Nacht im Stall verbringen, um für sich und seine Gefährten den Anteil am Wachdienst zu übernehmen. Die Händler waren hoch erfreut, ihre kostbare Fracht so gut bewacht zu sehen, und Sarja und Nador bewunderten das feine Gespür Ástinos. Er hatte genau bemerkt, dass Farsten sein Angebot nur aus Höflichkeit gemacht hatte, und er in Wirklichkeit nicht sehr erbaut davon gewesen wäre, als reicher Handelsherr mit einem Diener in einer Kammer zu nächtigen, auch wenn dieser der Freund eines jungen Edelmannes war.
Gleich nach dem Abendessen erhob man sich, da es am nächsten Morgen sehr früh weiter gehen sollte.
Nador hatte kaum die Tür hinter Sarja und sich geschlossen, als er sie schon in seine Arme zog. Seit Ástino zu ihnen gestoßen war, waren sie sich nicht mehr so nahe gewesen. Sarja hatte gespürt, dass Nador sich von ihr zurückgezogen hatte, und manches Mal war in ihrem Herzen eine leichte Furcht aufgestiegen, seine Liebe zu ihr könne erkaltet sein. Doch dann hatte sie sich stets mit dem Gedanken getröstet, dass seine Zurückhaltung nur auf Ástinos Anwesenheit zurückzuführen sei.
Als sie sich nun atemlos von seinen Küssen von ihm löste, fragte sie daher sofort: „Warum soll Ástino nicht wissen, wie es um uns steht? Er ist unser Freund und Gefährte und ist auch sonst in alles eingeweiht.“
„Ástino ist ein prachtvoller Bursche“, sagte Nador, „und ich mag ihn sehr. Aber er ist ein leichtes Blut, und ich bin nicht sicher, ob er das mit dir und mir verstehen würde. Bedenke, schon bei unserer ersten Unterredung nannte er uns beide ein seltsames Paar.“
„Du bist überempfindlich, mein Liebling“, antwortete Sarja. „Kannst du dir denn gar nicht vorstellen, dass auch andere Menschen als meine Eltern und ich in dir das sehen, was du bist: ein wertvoller Mensch? Ástino
Weitere Kostenlose Bücher