Die Krone von Camelot
seine Schwester war; er hatte auch nicht gewußt, wer sein Vater war. Sie war eine verheiratete Frau gewesen, die bei ihrem Vater, dem Kaiser, wohnte, solange ihr Mann im Krieg im Norden von Britannien kämpfte. Und Artus war einer von den Kriegern ihres Vaters gewesen, ein Bastard, der in einem Kloster aufgewachsen war und der durch Fähigkeit und Glück sich einen Platz im kaiserlichen Heer erkämpft hatte. Sie hatte ihn mit Aufmerksamkeiten bedacht, ihn verfolgt, ihm gesagt, ihr Mann sei grausam, und schließlich hatte sie ihn in einer Nacht nach dem Fest zu Ehren seines ersten Sieges verführt. Er war damals achtzehn gewesen. Kurz danach hatte er entdeckt, daß Uther sein Vater war, und von Morgas erfuhr er, daß sie es die ganze Zeit gewußt hatte. Der schwarze Schrecken dieser Entdeckung hatte ihn seit damals verfolgt.
Artus hatte mir dies erzählt, als er hörte, daß sie tot war, und er hatte gesprochen, als ob er sich diese Geschichte ausriß wie ein monströses Krebsgeschwür, das in seinem Fleisch vergraben lag. Ich hatte geweint, aber seine Augen waren trocken geblieben. Er war grausam gegen sich selbst. »Ich wußte, was sie vorhatte, als ich aus der Halle kam und sie im Schatten warten sah«, sagte er. »Und ich habe mitgemacht. Ich erlaubte nur den Ehebruch, aber das war genug. Und dieser eine Augenblick der Zustimmung wird sich über mein ganzes Leben erstrecken, und wenn Gott gerecht ist, dann dauert er in alle Ewigkeit. Jetzt ist sie tot, und ich kann sie nicht mehr bekämpfen, kann. ihr nicht mehr entrinnen.« Er nahm den Brief auf, der die Nachricht enthielt, starrte ihn an und sagte still, so still, daß ich ihn kaum hörte: »Ihr Sohn - unser Sohn - hat sie angebetet.«
Und dennoch, als Medraut in Camlann auf getaucht war, hatte er mehr verwirrt als feindlich gewirkt. Wir wußten von Gawain, daß Morgas Medraut das Geheimnis seiner Geburt erzählt hatte, und Gawain hatte darauf bestanden, daß sein Bruder jetzt Artus’ tödlicher Feind sei. Aber Medraut wirkte eher verwirrt: Er war sehr verbittert gegen seinen Bruder, aber unsicher, was er jetzt tun sollte, wo seine geliebte Mutter tot war. Das hatte Artus die Hoffnung gegeben, er könne Medraut vielleicht für sich gewinnen. Gawain hatte uns gesagt, Medraut sei einmal ein freundliches Kind gewesen, und sie hätten sich in der Jugend sehr nahegestanden. Gawain selbst hatte seiner Mutter Morgas einmal gehuldigt, aber danach hatte er sich aus ihrem Griff befreit. Artus hatte gehofft, Medraut könne vielleicht das gleiche tun. Vielleicht hatte er sogar gehofft, den Schatten der Morgas durch ihren Sohn zu bekämpfen und ihr zu entrinnen. Jedenfalls hatte er Medraut einen Platz in Camlann zugewiesen. Und ich konnte es ihm nicht übelnehmen, daß er nach diesem Kind seiner Feindin hungerte, nach dieser goldenen Jugend. Ich hatte ihm keinen Sohn geschenkt, überhaupt kein Kind. Vielleicht lag sogar ein Stückchen Wahrheit in seiner Annahme, daß ich Medraut fürchtete, weil ich eifersüchtig auf ihn war. Ich konnte das nicht glauben, aber in solch einer Angelegenheit war es auch leicht, daß ich mich selbst belog. Artus’ Feindin hatte ihm einen Sohn aus Haß geschenkt, während ich, die ich meine Augen und mein Gehör dafür gegeben hätte, ein Kind zu tragen, unfruchtbar war.
Ich saß auf der Kante des Tisches, nahm Artus’ Hand und hielt sie in meinen beiden Händen. Mein Herz schmerzte wieder um ihn, und ich war sehr müde. »Mein Liebster«, sagte ich, »wir haben uns entschlossen, diesen Sturm durchzustehen. Wir haben schon Schlimmeres ertragen. Quäl dich nicht damit.«
»Es wird bald Kämpfe geben. Meine Männer fangen vielleicht an, sich gegenseitig wegen Medraut umzubringen. Was soll ich dann tun?«
Ich wußte es nicht. Ich konnte nur seine Hand halten und sie pressen, bis der dunkle Traum getrübt wurde und er mich wieder anschaute. Dann küßte ich seine Hand und den Ring an seinem Finger, den Siegelring, auf dem der kaiserliche Drache eingeschnitten war.
Er stieß einen tiefen Seufzer aus, und die gespannten Muskeln entspannten sich ein wenig. Er streckte die Hand aus und strich mir das Haar aus dem Gesicht. »Mein Herz«, sagte er, »ja, wir mögen es vielleicht überleben. Alles kann vielleicht noch gut werden.« Er erhob sich, küßte mich und fügte hinzu: »Aber jetzt gibt es ein Fest für die Botschafter. Wir müssen uns darauf vorbereiten.«
Ich nickte und kämmte mein Haar fertig. Ich fühlte mich so erschöpft, als ob
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