Die Krone von Camelot
jetzt auf deine Reise vorbereiten.«
»Ich bin der letzte, der sich auf die Reise vorbereiten muß. Im Gegenteil, ich stehe hier nur im Weg - nicht, Rhys? Es ist ein schöner Morgen, my Lady. Laß uns Spazierengehen.« Er lehnte den Speer an den Türpfosten, schaute dann Ceis Sohn und dessen Feuersteinhammer an und reichte die Waffe statt dessen an Rhys weiter. Ich gab Rhys den Wetzstein, den ich noch immer in der Hand hielt, und Gawain und ich wanderten den Hügel hinunter. Es war wirklich ein schöner Morgen. Das klare Wetter des vergangenen Tages setzte sich heute fort, und die Sonne stand strahlend in einem weichen Himmel. Die Luft war warm genug, daß mir mein Frühlingsmantel zu schwer wurde. Gawain trug keinen Umhang, und heute war er auch zur Abwechslung einmal ohne Kettenhemd. Deshalb ging er leichtfüßig. Seine rote Tunika hing locker, und ich konnte das Ende einer Narbe sehen, die sich zu seinem Schlüsselbein hochzog. Er hatte viele Narben.
»Du scheinst heute froh zu sein«, sagte ich, um die Unterhaltung in Gang zu bringen und weil er wirklich fröhlich wirkte - in letzter Zeit etwas Seltenes. »Rhys übrigens auch. Freust du dich, daß du Camlann verlassen kannst?«
»Camlann zu verlassen - darüber bin ich weder erfreut noch mißvergnügt, Lady. Aber ich bin froh, denn Rhys’ Frau hat in der vergangenen Nacht ihr Baby bekommen, und ihr und dem Kind geht es gut.«
»Wunderbar. Ich muß die beiden besuchen. Ist es ein Mädchen oder ein Junge?«
»Ein Mädchen. Und Rhys freut sich auch darüber, denn jetzt hat er sowohl einen Sohn als auch eine Tochter.«
»Darüber bin ich sehr froh. Wird Rhys also jetzt mit dir nach Gallien reisen?«
Gawain schüttelte den Kopf. »Ich hab’ ihm befohlen, hierzubleiben. Er hatte vor zu bleiben, bis seine Frau entbunden hatte, und es ist nicht nötig, die Pläne zu ändern. Er sagt jetzt, daß er mit will, weil es ihr gutgeht, aber es ist nur allzu deutlich, daß sein Herz bei ihr bleibt. Und ich möchte auch den Rest von ihm nicht von ihr wegzerren.«
Ich war ein bißchen enttäuscht. Rhys war ein einfacher, ehrlicher Bauernsohn, der mit beiden Füßen auf der Erde stand, und auf seine Weise war er so sehr Idealist wie Artus. Als er Gawains Diener geworden war, da hatte er mir damit einen Stein von der Seele genommen. Gawain war geistesabwesend genug, um seine Mahlzeiten zu vergessen, und ehrenhaft genug, daß er es vorziehen würde, sich eher betrügen zu lassen, als einem Schwächeren gegenüber auf seinen Rechten zu bestehen. Ohne Rhys hätte er sich ohne Zweifel überarbeitet. Ich wollte ihm befehlen, sanfter mit sich selbst zu sein, ich wollte ihn bemuttern, wie das erstemal, damals, als ich ihn kennenlernte. Da hatte er flachgelegen, im Delirium, zwischen den anderen Verwundeten, die Artus im Kuhstall meines Vaters zurückgelassen hatte, beim erstenmal, als er zu meinem Haus kam. Gawain hatte mich mit den dunklen Augen eines verwundeten Tieres beobachtet und war zusammengezuckt, als ich in seine Nähe kam. Die meisten verwundeten Männer mögen es, wenn sie von Frauen gepflegt werden. Das erinnert sie an ihre Mütter, und sie fühlen sich sicherer. Vielleicht hatte ich Gawain auch an seine Mutter erinnert, und der Gedanke an Morgas hatte ihn erschreckt. Jedenfalls hatte ich ihn bemerkt, ihm ganz besonders viel Wärme gezeigt, bis endlich die Vorsicht plötzlich und völlig verschwand und Dankbarkeit und Freundschaft Platz machte. Aber er war zu stolz, um viel von einem anderen zu nehmen. Er hätte sein Herzblut für mich oder für irgendeinen von seinen Freunden gegeben, aber ich konnte ihm nicht sagen, er solle nicht so hart arbeiten. Also sagte ich nur: »Ich hoffe, deine Reise wird nicht zu lange dauern.«
»Es ist unwahrscheinlich, daß sie lange dauert.« Sein Lächeln verschwand. Er wußte genausogut wie ich, daß Macsen für jede Frage, die wir gelöst hatten, andere Fragen aufbringen würde und daß er zu weiteren Konsultationen nach Camlann würde zurückkehren müssen.
»Darüber wollte ich mit dir sprechen«, sagte ich ihm. »Wahrscheinlich wirst du in einem Monat zurück sein.«
Er nickte, runzelte ein wenig die Stirn und fixierte seinen Blick auf mein Gesicht.
»Obwohl du offiziell nichts gehört hast, kennst du doch dieses neue Gerücht. Wenn die Verhandlungen sich hinziehen, dann wird das Gerücht wachsen. Und während es wächst, wird es zu einem Angriff auf Artus wie auf dich. Sie haben angefangen, sich gegen ihn zu stellen, diese
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