Die Krone von Camelot
schmilzt. Und dennoch, die bittere Wahrheit der Zwietracht, der fremden Feindseligkeiten und der inneren Schwäche konnten vielleicht noch verschwinden, und nur der Glanz würde bleiben. Wer konnte dann noch sagen, daß alles eine Lüge war?
Dennoch, in dieser Nacht, als ich in mein eigenes Haus zurückkehrte und die Asche von Menws Brief in der Feuerstelle sah, wurde mir schlecht beim Gedanken an mich selbst. Ich wünschte mir verzweifelt, ehrlich sein zu können, zu weinen, wenn ich bekümmert war, offen Liebe und Haß zu zeigen, dem Reichtum, der Ehre und Schwertschneide der Macht zu entgehen. Aber Artus war schon im Bett und schlief den Schlaf der Erschöpfung. Er trug eine schwerere Bürde als ich, und er brauchte seine Ruhe. Also kroch ich still neben ihm ins Bett, um ihn nicht aufzuwecken.
2
Ich besuchte am nächsten Tag den Herrn Gawain ap Lot, ehe er nach Gallien abreiste. Er hatte ein Haus an der Ostseite der Halle, auf dem steilen Hang des Hügels, aber von dort hatte man einen schönen Blick auf Ynys Witrin und die Marschen. Wenn er in Camlann war -was wegen seines Wertes als Botschafter selten vorkam -, teilte Gawain das Haus mit Cei. Wenn Gawain nicht da war, brachte Cei seine Geliebte und ihre Kinder ins Haus, damit sie bei ihm wohnten, denn es gefiel ihm nicht, allein zu sein. Krieger sind an enge Quartiere gewöhnt, in der Halle oder auf Feldzügen, und sie lieben die Einsamkeit nie. Cei hätte es wahrscheinlich vorgezogen, die meisten Nächte in der Halle zu verbringen, aber sein Rang und seine Wichtigkeit verboten das, genau wie es ihm dadurch verboten war, seine Geliebte zu heiraten. Sie war eine fette, fröhliche Wäscherin namens Maire, und sie war jetzt schon seit einigen Jahren Ceis Geliebte. Sie war eine Witwe mit vier Kindern, von denen die beiden letzten von Cei waren. Sie hielt sich im Haus auf, als ich ankam. Sie war damit beschäftigt, Gawains Diener Rhys packen zu helfen, während Gawain auf der Schwelle saß und einen Speer schärfte. Ihr drittes Kind, Ceis rundlicher zweijähriger Sohn, saß auf der anderen Seite der Schwelle, lutschte am Daumen und starrte den Wetzstein an, der rhythmisch über das leuchtende Metall der Speerspitze glitt.
Konzentriert auf seine Arbeit bemerkte Gawain mich nicht, bis ich fast an der Tür war. Aber als die Morgensonne meinen Schatten vor ihm auf den Boden warf, blickte er auf, legte den Wetzstein hin und erhob sich.
»My Lady«, sagte er, »hundertmal willkommen.«
Ceis Sohn packte den Wetzstein und fing an, hoffnungsvoll damit auf die Schwelle zu schlagen. »Nein!« sagte Gawain und suchte nach einem Ort, wo er den Speer anlehnte. Ich kniete nieder und nahm dem Kind den Wetzstein ab.
»Das darfst du nicht«, sagte ich ihm. »Der Stein zerbricht dann.«
Das Kind stieß ein wütendes Geheul aus und versuchte, den Stein wieder zu packen.
»Cilydd!« sagte seine Mutter und tauchte böse aus dem Haus auf. »Du bist ein böser Junge! Ach, ich grüße dich vielmals, edle Dame -Cilydd, sei still, stör die Dame nicht.«
»Cilydd ist wie sein Vater: Er spricht alles offen aus«, sagte Gawain und lächelte. »Da.« Er nahm einen anderen Stein auf, ein Stück gewöhnlichen Feuerstein, und klopfte damit auf die Schwelle. Cilydd hörte auf zu heulen und blinzelte Gawain an. Der bot ihm den Stein, und der Junge nahm ihn und fing an, damit gegen den Türpfosten zu klopfen. Der Krieger richtete sich auf und wischte den Staub von den Händen. »Noch einmal willkommen, my Lady«, sagte er und hob die Stimme, damit ich ihn über dem Klopfen hören konnte. »Aber ich fürchte, mein Haus ist im Augenblick nicht bereit, dich willkommen zu heißen.«
»Ach, großer Herr, wir können auch gehen«, sagte Maire fröhlich.
»Es würde nicht viel ausmachen, wenn du gehen würdest«, sagte Gawains Diener Rhys, der auch aus dem Hause auftauchte. »Denn drinnen steht immer noch alles auf dem Kopf. Du bist jetzt oft genug ein- und ausgezogen, Maire. Man könnte glauben, daß du es inzwischen besser beherrschst.« Maire grinste und wackelte mit dem Kopf, und Rhys, der es ihr jetzt gegeben hatte, verbeugte sich vor mir. »Ich grüße dich, edle Dame.«
»Es tut mir leid, daß ich dir keine bessere Gastfreundschaft bieten kann, my Lady«, sagte Gawain, »aber wenn du hereinkommen magst, dann gibt es wahrscheinlich etwas Wein.«
»Nein. Ich danke dir. Gawain, ich muß mit dir sprechen. Vielleicht könnten wir zu den Mauern hinuntergehen - es sei denn, du mußt dich
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