Die Krone von Lytar
Meliande.
»Wäre er älter und erfahrener gewesen, hätte er uns vertreiben können! Ich konnte die Kraft seines Glaubens spüren.«
»Das hätte ohnehin nicht funktioniert, denn wir gehören hierher.«
»Nun, das hat er aber nicht gewusst, Meli.«
Garret hatte keine Ahnung, worüber sie sich gerade unterhielten. Dafür beobachtete er mit Tarlon zusammen den jungen Priester, der sein Symbol wieder erhoben hatte und erneut ein Loblied auf seinen Gott sang, während er sich langsam im Kreis drehte. Doch plötzlich schien er zu stutzen und sah den Händler, der als Letzter gekommen war, überrascht an. Er setzte den Gesang fort und schwenkte sein Symbol in komplizierten Bahnen.
»Was macht er da?«, fragte Garret.
»Das? Oh, das nennt man ein Gebet zum Schutz vor dem Bösen. Ist manchmal ganz praktisch«, antwortete Meliande. »Der Händler ist es. Böse, meine ich. Na ja, bei einigen von ihnen sollte das keine Überraschung sein. Hast du gemerkt, dass der Priester bei uns nichts festgestellt hat?« Dies schien ihr wichtig zu sein.
»Natürlich nicht!«, antwortete Garret mit Überzeugung. »Ihr seid nicht böse!« Dafür brauchte Garret kein Gebet. Er wusste es einfach! »Entschuldigt mich bitte«, sagte Garret mit einer höflichen Verbeugung und schlenderte davon. Er folgte möglichst unauffällig dem Händler, der sich verdächtig schnell aus dem Staub gemacht hatte, als der Priester sich ihm zuwandte.
Tarlon hingegen zog es vor, den Hütern noch ein wenig Gesellschaft zu leisten. Er wollte nichts von der interessanten Situation versäumen. Zudem war Elyra noch bei dem Priester, und gerade in letzter Zeit konnte Tarlon sich kaum an ihr sattsehen.
»Sollte man ihm vielleicht sagen, dass es keines großen Gesangs bedarf, um zu seinem Gott zu beten?«, flüsterte Barius zu Meliande, die den Priester noch immer nicht aus den Augen ließ.
Sie zuckte die Schultern. »Es war schon damals so üblich. Und er hat recht, der Gesang erreicht auch andere Menschen und führt sie ebenfalls zum Glauben. Es liegt Hingabe in einem Gesang … und so sollte es auch sein.« Sie sah zu Barius hinüber und lächelte schelmisch. »Du kannst nur nicht singen, das ist alles!«
Der größte Teil der Menschenmenge hatte sich wieder aufgelöst, nachdem die Vorstellung vorbei war. Doch der Priester senkte sein heiliges Symbol und kam langsam zu den Hütern zurück. Er blieb vor Sera Meliande stehen und senkte seinen Kopf.
»Sera, ich befürchte, ich habe einen Fehler begangen. Aber ich verstehe es nicht!«
»Also kamt Ihr, um zu fragen«, antwortete Barius mit einem Lächeln. »Das ist ein guter Anfang, denke ich.«
Erst jetzt bemerkte der junge Priester das Symbol des Schildes, das Barius an einer goldenen Kette um den Hals trug.
»Aber … aber das ist das Symbol Loivans!«, rief er überrascht.
»Das liegt daran, dass ich einer seiner Streiter bin, Priester des Erion«, erklärte Barius.
»Oh!«
»Auch wenn Sera Meliande gerne protestieren würde«, fuhr er fort, »hattet Ihr doch mit Eurer Vermutung zum Teil recht. Wir haben unsere Zeit in dieser Welt bei Weitem überzogen. Aber wir haben eine Pflicht zu erfüllen, und noch sind wir nicht von ihr befreit.«
Er sah Meliande streng an. »Meliande, es ist an der Zeit, diesen Diener Erions um Vergebung zu bitten!«
Sera Meliande schüttelte ihren Kopf. »Nein. Ich gab ihm heute eine sehr wichtige Lektion. Eine, die irgendwann sein Leben retten wird.«
»Wie meint Ihr das?«, fragte der Priester vorsichtig.
Die Sera Meliande wandte sich wieder dem Priester zu, wobei die verführerische Sirene von vorhin vollständig verschwunden war.
»Diener des Erion, hört mir genau zu. Ihr seid stark im Glauben. Aber Ihr habt Euch allein einer Überzahl gestellt. Wären wir das gewesen, was Ihr vermutet habt, Ihr hättet es nicht überlebt.« Sie machte eine Geste, die das ganze Dorf einschloss.
»Nicht nur, dass Ihr keine Hilfe geholt oder niemanden anders gewarnt habt. Es ist auch so, dass diese Menschen hier nach Eurem Tod ohne geistlichen Beistand gewesen wären. Eure Absicht in Ehren, aber Ihr habt unvernünftig gehandelt. Selbst mit der Macht Eures Gottes sind Euch Grenzen gesetzt. Das nächste Mal denkt vorher, versichert Euch der Hilfe anderer und informiert sie über die Gefahr, die Ihr vermutet.«
Sie lächelte leicht.
»Ein toter Priester kann den Lebenden nicht helfen. Da gibt es nur ganz wenige Ausnahmen!«
Der Priester musterte sie lange, dann verbeugte er
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