Die Krone von Lytar
er vor Schreck zusammenzuckte. Er wirbelte herum, die Hand am Dolch, und blickte in das Gesicht des Bürgermeisters, der überrascht eine Augenbraue hob.
»Was machst du denn hier unten?«, fragte dieser. »Wenn du etwas zu trinken suchst, solltest du es besser oben probieren!« Er warf einen bedeutsamen Blick auf den Dolch in Garrets Hand, und hastig steckte der Junge seine Waffe wieder ein.
»Ich fürchte, einer der Händler will unseren Staatsschatz stehlen!«, platzte es aus ihm heraus.
Der Bürgermeister seufzte. »Na wunderbar! Es ist nicht einmal einen Tag her, dass wir den Schatz gefunden haben, und schon weiß offenbar das ganze Dorf davon und streut Gerüchte, dass der erste Dieb unterwegs sei!«
»Also gibt es den Schatz tatsächlich?«, fragte Garret neugierig.
»Es gibt ihn. Und er wird uns noch ordentlich Ärger bereiten.« Traurig schüttelte er den Kopf. »Aber glaube mir, Garret, niemand trägt unseren Schatz einfach so davon.«
»Nun, ich habe zugehört, wie der Händler genau das plante«, beharrte Garret und erzählte dem Bürgermeister, wie er von dem Priester auf den Fremden aufmerksam geworden war, ihn verfolgt und dann auf seinem Zimmer belauscht hatte.
»Das war aber einem Gast des Dorfes gegenüber nicht sehr höflich«, tadelte der Bürgermeister.
»Es war vielleicht nicht höflich«, räumte Garret ein, »aber dieser Händler ist kein normaler Gast. Es scheint mir, als führte er etwas im Schilde!«
»Bei einem Händler nichts Ungewöhnliches«, erwiderte der Bürgermeister. »Vielleicht plant er, jemanden über den Tisch zu ziehen. Was ihm bei uns jedoch schwer fallen dürfte. Wir kennen unsere Preise.«
»In der Unterhaltung, die ich belauscht habe, war eindeutig von einem Schatz die Rede. Abgesehen davon, hatte ich bei diesem Mann schon ein seltsames Gefühl, als ich ihn das erste Mal gesehen habe. Irgendwie wirkt er … falsch.«
»Hm«, meinte der Bürgermeister nachdenklich. »Garen schwört ja auf deine guten Instinkte. Und im Moment können wir uns blindes Vertrauen wohl kaum leisten. Sagte der Händler, wann er herkommen würde?«
»Er wollte noch zwei Stunden warten. Uns dürfte jetzt noch etwas mehr als eine Stunde bleiben«, antwortete Garret.
»In Ordnung«, beschied der Bürgermeister. »Ich weiß auch schon, was wir tun werden. Warte hier.«
Mit diesen Worten drehte sich der Bürgermeister um und eilte die Treppe hinauf. Garret sah ihm nach und zuckte die Schultern. In der Zwischenzeit konnte er ja versuchen, die Tür zu finden.
Als der Bürgermeister kurze Zeit später wieder herunterkam, fand er Garret vor einer Wand stehend vor, in der auf einem großen Stein das Wappen von Alt Lytar prangte: der Greif auf der Schlange, sein Schwert nach oben gereckt.
»Gute Instinkte«, lobte der Bürgermeister.
Er reichte Garret dessen Bogen. Er selbst hatte eine Kettenrüstung angezogen und trug sein Familienschwert an der Seite. Zudem hielt er noch einen stabilen, mit Leder umwickelten Knüppel in der Hand.
»Danke«, erwiderte Garret, als er Pfeile und Bogen entgegennahm, und betrachtete missmutig den Greifen auf dem Steinwappen. »Mein Schwert wäre mir allerdings lieber gewesen«, fügte er dann hinzu.
Der Bürgermeister setzte ein breites Grinsen auf. »Glaube mir, dein Vater kann besser damit umgehen. Ich habe den anderen Bescheid gesagt, sie warten zusammen mit Ralik und deinem Vater oben. Wenn der Händler die Treppe herunterkommt, sitzt er in der Falle.«
»Also liegt der Schatz wirklich hinter dieser Wand?«, fragte Garret und klopfte prüfend gegen den Stein mit dem Wappen. Es hörte sich massiv an.
»Gut kombiniert, Junge.«
Garret grunzte frustriert. »Genützt hat es mir nichts. Ich habe nicht herausfinden können, wie die Tür aufgeht!«
»Das hat auch uns einiges Kopfzerbrechen bereitet«, grinste der Bürgermeister und gab Garret ein Zeichen, ihm zu folgen. Vor einer besonders mächtigen Säule blieb er stehen. »Vielleicht ist dir bekannt, dass mein Vater einst Wirt des Gasthauses war. Daher kenne ich natürlich einige Geheimnisse dieses Gemäuers.«
Der Bürgermeister suchte mit flinken Händen die Oberfläche der Säule ab, bis ein Klicken ertönte und eine Tür in der Säule aufsprang. Durch die Öffnung hindurch konnten sie in eine kleine Kammer sehen, die gerade groß genug für sie beide war.
»Ein geheimer Raum!«, rief Garret begeistert. Dann sah er den Bürgermeister fragend an. »Woher wusstest du davon?«
»Mein Großvater ließ
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