Die Krone von Lytar
Sie stellten eine mächtige Waffe dar, die niemals in die falschen Hände gelangen durfte, also setzte er eine Magie ein, die erkennt, ob jemand das Blut Lytars in sich trägt oder nicht. Und um zu verhindern, dass ein Verrat begangen wird, schuf er die Bande zwischen dem Falken und dem, der auf ihm reitet.«
»Reiten?«, fragte Marten überrascht. »Ihr meint, ich kann wirklich auf ihr fliegen?«
»Ja«, antwortete die Sera. »Aber du scheinst nur das zu hören, was du hören willst. Es geht im Moment nicht um das Fliegen, sondern darum, wie du deine Seele retten und behalten kannst.« Sie sah ihn ernst an. »Vielleicht unterschätzte der Arteficier seine eigene Magie, oder er überschätzte die Willenskraft derer, die bereit waren, die Falken zu fliegen. Jedenfalls stellte sich bald heraus, dass viele der Reiter zu Sklaven ihrer Vögel wurden, zu willenlosen Geschöpfen, deren einziger Wunsch es war, die Falken zu reiten und die Feinde des Reichs zu vernichten. Dein Falke ist ein Werk aus Metall und Magie, er weiß nichts von Liebe, Gnade und Vergebung. Er kennt nur ein Ziel: zu kämpfen und zu töten. Ihr seid nun miteinander verbunden, und noch folgt er deinem Willen. Doch nicht ein einziges Mal darfst du ihm erlauben, von dir Besitz zu ergreifen. Denn dann wirst du dich verlieren, in ihm aufgehen und eine Gefahr für alle sein. Hast du mich verstanden, Marten?«
Marten schluckte. Die Art, wie die Sera ihn ansah, machte ihm Angst. Er warf einen Blick zu seinem Falken hinüber und fühlte dessen Kälte, die ihn frösteln ließ.
Indes kehrte Barius mit einer großen Kiste zurück, die er neben Marten abstellte und dann öffnete. Darin lag, in Öltücher gewickelt, eine Rüstung, wie Marten sie noch nie zuvor gesehen hatte.
»Als man erkannte, dass die Falken in der Lage waren, die Gedanken und den Willen ihrer Reiter zu beherrschen, schuf Baumast, das war der Name des Arteficiers, diese Rüstungen. Sie sind leicht gearbeitet, und auch wenn sie nicht ganz so gut vor Verletzungen schützen wie ein schwerer Plattenpanzer, können sie doch ihren Träger darin unterstützen, die Kontrolle über den Falken zu verfestigen«, erklärte die Sera, während Barius den Helm der Rüstung von den Öltüchern befreite und hochhielt.
»Du darfst niemals auf den Falken steigen, ohne diesen Helm zu tragen«, ermahnte Barius den Jungen und sah ihn mit ernstem Blick an. »Niemals, hörst du?« Dann trat er einen Schritt zurück und musterte Marten aufmerksam. »Nun, du hast ein wenig schmale Schultern, bist alles andere als muskulös und wohl kaum imstande, ein Schwert richtig zu halten. Aber vielleicht lernst du es, mit einer Armbrust umzugehen.«
»Ich beherrsche den Bogen!«, protestierte Marten. »Niemand, der etwas auf sich hält, wird eine Armbrust verwenden!«
»Nur zu«, gab Barius ungerührt zurück. »Wenn du es schaffst, einen Bogen mit einer Hand abzufeuern, soll es mir recht sein. Und jetzt steh auf! Ich will sehen, wie wir die Rüstung ändern müssen, damit sie dir passt.«
»Noch eines solltest du wissen«, sagte die Sera leise, aber bestimmt, nachdem Marten sich erhoben hatte. »Wenn du merkst, dass dein Falke jemanden attackieren will, musst du genau hinschauen, ob es sich nicht um einen Freund handelt.«
»Aber er greift doch nur jemanden an, der nicht aus Lytar stammt, und der ist doch ein Feind!«, meinte Marten verwirrt.
Die Sera und Barius tauschten einen Blick aus.
»Nein. Nicht jeder«, versetzte die Sera. »Es ist der Falke, der so fühlt! Denke an Elyra und Argor, deine Freunde, oder an Ralik, einen eurer Dorfältesten! Und vergiss auch nicht die Händler, die euer Dorf besuchen. Es ist nicht jeder ein Feind, der nicht von Lytar ist, Marten. Du fühlst schon den Falken in dir, doch er ist nur ein Animaton. Du bist es, der denkt, lebt und fühlt. Wenn du ihn nicht unter Kontrolle hältst und ihm erlaubst, einen Unschuldigen anzugreifen, bist du nichts anderes als ein Mörder!«
»Das will ich nicht sein!«, rief Marten mit weinerlicher Stimme.
»Dann tue etwas dafür!«, forderte Barius in einem kalten Ton. Marten nickte betreten, und Barius seufzte tief.
»Sei dir über eines im Klaren. Wenn deine Tat dazu führt, dass ein Unschuldiger durch dich sein Leben verliert, werde ich dich richten. Das schwöre ich bei Loivan.«
Marten sah unwillkürlich zu seinem Falken und dann hinauf in den sternenklaren Himmel.
»Vergiss es! So hoch kannst du gar nicht fliegen, Junge!«, knurrte Barius. »Und
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