Die Krone von Lytar
irgendetwas wissen, was mir helfen kann!«
»Verstehst du noch immer nicht? Die Kälte und die Träume kommen von deinem geliebten Vogel«, erklärte Barius mit zusammengezogenen Brauen. »Im Gegenzug stiehlt er dir deine Seele.«
Barius wirkte auf einmal noch erschöpfter als zuvor. Als er den Falken musterte, war die Abscheu in seinen Augen kaum zu übersehen.
»Du hast dein Schicksal selbst gewählt, Junge«, fuhr er mit harter Stimme fort. »Dein Falke wird dich versklaven und in den Wahnsinn treiben. Und wenn er dich am Ende all deiner Liebe, Freude und Seelenkraft beraubt hat, wird er dich wie einen ausgebluteten Kadaver fallen lassen.«
Marten schluckte. »Wenn es denn keinen anderen Weg gibt, dann nehmt ihn mir mit Gewalt! Denn es ist so: Ich kann ihn euch nicht geben. Ich liebe sie, auch wenn sie selbst nur Eis in ihrem Herzen trägt!«, flehte er dann. »Nehmt sie euch, ich werde versuchen, mich nicht zu wehren!«
»Es hat wenig damit zu tun, ob du dich wehrst oder nicht, mein Junge«, sagte Barius langsam und musterte dabei den Vogel. »Es liegt an der Magie, die in diesem Animaton gebunden ist. Sie knüpft geistige Bande zwischen dem Reiter und seinem Gerät … Selbst wenn wir also dieses unheilige Konstrukt in den tiefsten Kellern des Depots hinter schwerem Stahl verschließen, wird es dir nicht mehr nützen, denn du bist bereits in seinem Bann und wirst mit allen Mitteln versuchen, es zurückzuerhalten. Vielleicht wirst du sogar erneut einen von uns angreifen.« Er schüttelte langsam den Kopf. »Nein, Marten, diese Grube hast du dir selbst geschaufelt, und sie wird auch dein Grab sein.«
Der Blick des Priesters bohrte sich in den des jungen Mannes, der zweimal schluckte und dann den Kopf hängen ließ. »Das ist dann wohl meine gerechte Strafe«, sagte er leise.
»Es muss nicht unbedingt so kommen, wie Barius sagt«, warf Meliande ein.
»Richtig«, gab der Priester zurück. »Aber meistens war es so. Meistens sind sie am Ende verrückt geworden und gestorben.« Er wandte sich wieder an Marten. »Also, Junge, was gedenkst du zu tun?«
Marten sah die beiden tapfer an und schluckte. »Ich … ich kann nicht mehr zurück. Auch wenn diese Träume bleiben sollten, auch wenn sie mich langsam aufzehrt und in den Wahnsinn treibt.« Er schaute Meliande mit großen Augen an. »Gibt es wirklich keinen Weg, diese Träume zumindest zu bändigen?«, fragte er hoffnungsvoll.
Meliande sah ihn lange an, dann blickte sie mit einem bittenden Ausdruck zu Barius.
»Es gibt nicht viel zu entscheiden«, sagte dieser schließlich. »Entweder helfen wir dir, oder wir lassen dich sterben.« Er seufzte. »Und damit ist die Wahl bereits getroffen.«
»Ich werde alles tun, was ihr von mir verlangt!«, versicherte Marten und schluckte erneut. »Auch wenn es meinen Tod bedeutet!«
Barius lachte kurz und bitter. »Denkst du, dass wir dich einfach sterben lassen?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, mein Junge, ich werde dir dabei helfen, dich deinem Schicksal zu stellen.« Er sah zu Meliande hinüber. »Wir werden dir dabei helfen.«
Sie nickte nur und sah Marten direkt in die Augen. »Du bist der Sohn des Bürgermeisters, nicht wahr?«
Marten nickte.
»Ein ehrbarer Mann, dein Vater. Wie fühlt man sich so als Dieb, der das Wort seines Vaters brach?«
Marten sah zu Boden. »Ich will gar nicht daran denken.«
»Genau das musst du aber!«, schrie Barius ihn an. »Es braucht genau diese Ehre und Stärke des Charakters, von der du bisher so wenig gezeigt hast! Junge, höre mir zu: Du hast nur eine einzige Chance, dies alles zu überstehen. Du musst erwachsen werden! Jetzt gleich. Bevor der Falke zum ersten Mal fliegt. Du spürst seinen Wunsch aufzusteigen, nicht wahr? Du spürst seine Wut, seinen Zorn, seine Rachsucht, den Wunsch, die Feinde des Greifen aufzusuchen, zu zerfleischen, zu zerstören?«
Wieder nickte Marten betreten. Er sah in diesem Moment aus wie ein kleiner Junge, der gescholten wurde.
Barius seufzte erneut und sah zu Meliande hinüber »Willst du es ihm erklären? Ich gehe derweil eine Rüstung holen.«
Meliande nickte. »Komm mit mir«, sagte sie dann und führte Marten am rechten Arm zum Depot hinüber, wo sie ihn aufforderte auf einem der Stühle Platz zu nehmen. Der Falke sprang von Martens Arm auf eine freie Stuhllehne und musterte misstrauisch die Umgebung.
»Der größte Magier, den Alt Lytar jemals gekannt hat, erschuf die Animatons mit dem einzigen Ziel, die Feinde des Reiches zu vernichten.
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