Die Krone von Lytar
Und ihr Gastgeber war ein wahrhaft beeindruckender Mann, wenn auch etwas seltsam, dachte Tarlon.
»Womit ihr recht haben mögt«, antwortete der Elf, als habe er Tarlons Gedanken erraten. »Aber um die Frage eures Freundes zu beantworten: Ja, ich kannte das alte Lytar, als es noch stand. Aber ich sah nicht, wie es fiel. Ich war …«, er zögerte, »unabkömmlich, als es geschah.«
Er stand abrupt auf und begann das Geschirr abzutragen.
»Nun lasst mich euch umgekehrt eine Frage stellen. Was bringt euch an den Rand dieses verfluchten Waldes?«
»Wir suchen den ›schlafenden Mann‹«, begann Argor, der sich bis jetzt nicht an dem Gespräch beteiligt hatte. »Was immer das auch ist. Wir vermuten, dass sich dort ein Depot befindet, das mit Gegenständen aus der alten Zeit gefüllt ist. Wir hoffen, dass sie uns nützlich sein können. Wir brauchen sie, weil wir vor ein paar Tagen angegriffen wurden. Lytara befindet sich im Krieg«, erklärte Argor und erzählte dem Elfen, was geschehen war.
»Also habt ihr eure Schwerter wieder erhoben«, meinte der Elf leise. »Nach all dieser Zeit befindet sich Lytar wieder im Krieg.« Es klang resigniert und bitter.
»Aber sie haben uns angegriffen. Sie haben meine Mutter ermordet«, erklärte Elyra.
»Das tut mir leid«, erklärte der Elf. »Aber ich werde euch nicht helfen. Manche Dinge sollten besser für immer vergessen bleiben.« Er stand unvermittelt auf. »Ihr solltet jetzt besser gehen und zusehen, dass ihr außerhalb des Waldes ein sicheres Lager für die Nacht findet. Es ist Mittsommer, der längste Tag des Jahres ist nah. Wenn ihr euch beeilt, schafft ihr es noch vor Einbruch der Dunkelheit.«
»Und?«, wollte Garret wissen, als die Gefährten wieder aus dem Heim des Elfen heraustraten.
Argor schüttelte den Kopf. »Nichts. Er will uns nicht helfen.« Er kickte einen Stein weg. »Dabei bin ich mir sicher, dass er das Land hier wie seinen eigenen Handrücken kennt.«
»Aber er wird uns auch nicht behindern«, fügte Elyra hinzu. »Er ist traurig. Und die Erinnerung an früher schmerzt ihn.«
»Vielleicht machen ihm seine Verbrennungen immer noch zu schaffen.« Garret schüttelte sich. »Götter, muss das wehgetan haben.«
Elyra schüttelte den Kopf. »Nein, das ist es nicht. Es tut ihm weh, dass er sich von seiner Herrin abgewendet hat.«
»Woher willst du das wissen?«, fragte Tarlon und nahm ein Stück Holz vom Boden auf. Er betrachtete es eingehend und drehte es mehrfach hin und her. Wenn sich darin tatsächlich die Form eines Tieres verbarg, sah er es jedenfalls nicht.
»Ich weiß es einfach«, gab Elyra mit Überzeugung zurück, und selbst Garret ging nicht weiter darauf ein. Er sah zum Himmel, noch war es früh, noch hatten sie Zeit, und so gingen sie weiter. Und Garret versuchte immer, den geschmeidigen Gang des Elfen zu imitieren.
Knapp eine Stunde später gelangten sie an ein Tor. Der Torrahmen hatte die Form eines Trapezes, das Tor selbst bestand aus einem mächtigen Steinblock. Sowohl der Rahmen wie das Tor waren vollständig mit Moos überzogen. Es war reiner Zufall gewesen, dass sie es gefunden hatten.
»Sieh mal einer an«, bemerkte Garret und trat an den Stein heran, um das Moos abzukratzen.
Unter seiner Hand kam das Relief eines Greifen, das königliche Symbol von Alt Lytar, zum Vorschein. Der Greif war fast so groß wie Garret, und seine steinernen Augen schienen den jungen Mann prüfend zu mustern.
Garret blickte nach oben und bemerkte auf einmal, dass der Stein, in dem sich das Tor befand, wie der Absatz eines Stiefels geformt war.
»Der schlafende Mann!«, rief er und wies die anderen stolz auf seine Entdeckung hin.
Sie hatten das Depot gefunden! Im ersten Moment war es schwierig zu erkennen, mit all den Bäumen und Sträuchern, aber wenn man genau hinsah, war deutlich zu erkennen, dass der Hügel, der vor ihnen lag, die Form eines schlafenden Mannes besaß.
»Und Ariels Höhle befindet sich im anderen Absatz!«, rief Elyra. Sie lachten, wurden dann aber schnell wieder ernst.
»Er wusste es«, grummelte Garret vorwurfsvoll.
»Ja, aber er hat uns auch gesagt, dass er uns nicht helfen will«, erinnerte ihn Tarlon. »Er hat nie gesagt, dass er es nicht könnte.« Er begutachtete das steinerne Tor nachdenklich. »Außerdem denke ich, dass er damit gerechnet hat, dass wir es bald finden würden.«
»Nun gut, wir haben es gefunden«, entgegnete Garret und kratzte sich am Hinterkopf. »Aber wie bekommen wir es auf?«
»Lasst mich
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