Die Kugel und das Opium
Studentenunruhen hat er eine weite Reise in die Innere Mongolei gemacht, um nach seiner mongolischen Frau zu sehen, die noch nicht lange entbunden hatte; nachdem er zuerst das neue Familienglück genossen hatte, ist er in den frühen Morgenstunden des 4 . Juni 1989 mit dem Bus zurück in seine Heimat Hebei gefahren, unterwegs ist er dann in der Hauptstadt Beijing beim Umsteigen in das unerwartete Feuer der Ausnahmetruppen geraten, wurde in den Bauch getroffen, die Eingeweide quollen heraus, und man brachte ihn in das Xiehe-Krankenhaus in Beijing-Stadt. Die Ärzte haben den Tod festgestellt und ihn in die Leichenhalle bringen lassen. Aber wenig später war er auf einmal doch noch »am Leben«, was eine Weile als Wunder verbreitet wurde.
Als seine Angehörigen davon hörten, eilten sie herbei, konnten ihn aber nicht weiter im Krankenhaus behandeln lassen, weil ihnen dazu das Geld fehlte, woraufhin ihn sein Schwager in die Heimat nach Hebei bringen musste. Nach dieser Katastrophe war die Familie völlig verarmt, und während er sich »zu Hause von der Verletzung erholte«, wurde das Einschussloch im Bauch weiter brandig. Er war nicht bereit, diese unendlichen und unmenschlichen Qualen auf sich zu nehmen, und hat sich schließlich nach dem Mitherbstfest des gleichen Jahres an einem Dachbalken erhängt.
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Sun Tie,
männlich, 26 Jahre, Angestellter im Stammhaus der Bank of China, demobilisierter Soldat
In der Nacht des 3 . Juni 1989 geriet er vor dem Militärmuseum in das Blutbad, das die Ausnahmetruppen dort anrichteten, floh mit einem Freund in die nahe gelegene Akademie für Buntmetallentwürfe und war noch nicht richtig zu Atem gekommen, als die Soldaten, die sie verfolgten, auftauchten; im wahllosen Feuer hat eine Kugel seine Brust durchschlagen, er wurde in die Notaufnahme des Gesamtkrankenhauses der Eisenbahn gebracht, wo er starb. Auf dem Totenschein des Krankenhauses heißt es: »Schussverletzung in der rechten Brust und Verletzung der Lungenvene, Schock durch hohen Blutverlust, der Tod trat am 3 . Juni 1989 um 23.45 Uhr ein«.
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XXX ,
Angehörige nicht bereit, Namen und Alter preiszugeben, männlich, Schüler der höheren Schule 190 , Beijing-Stadt
Sohn eines Polizeirevierleiters eines Verwaltungsbezirks von Beijing-Stadt. In der Nacht des 3 . Juni 1989 hat er aus tiefer Anhänglichkeit zu seinem Vater ungeachtet des »verhängten Kriegsrechts« auf eigene Faust das Haus verlassen, um nach seinem Papa zu suchen, doch er wurde von diesem barsch zurechtgewiesen und bis zum frühen Morgen des darauffolgenden Tages festgehalten. Dann verkündete sein Papa, die »Situation hat sich beruhigt«, und hat ein paar Milizionäre, die ihm unterstanden, losgeschickt, seinen geliebten Sohn nach Hause zu bringen. Doch das Unglück ließ sich nicht abwenden, als sie im Gebiet von Nanheyan vorbeikamen, wurde er von den Ausnahmetruppen erschossen.
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Su Shengji,
männlich, 43 Jahre, Reporter der
Zhuzhai jianshebao
(Wohnungsbau-Zeitung) im Olympischen Dorf, Beijing-Stadt
Am Abend des 3 . Juni 1989 hat er bei einem Freund zu Hause an der Ecke Songshu-Straße und Neue Straße über die Arbeit diskutiert, hat dann gegen Abend im Fernsehen die »Dringlichkeitsmeldung der Ausnahmetruppen« gesehen, hat sich sofort verabschiedet und ist nach Hause gegangen. Seither fehlt von ihm jede Spur. Es wurde behauptet, er sei gegen elf Uhr in der Nacht in der am Kulturpalast des Volkes versammelten Menge gesehen worden. Aber seine Angehörigen suchen nun schon seit so vielen Jahren an so vielen Orten, bis heute gibt es kein Lebenszeichen von ihm, und auch seine Leiche ist nicht gefunden worden.
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Ren Wenlian,
männlich, 19 Jahre, Student im ersten Jahrgang der Abteilung Bergbau an der Beijinger Universität für Wissenschaft und Technik
Wurde in den frühen Morgenstunden des 4 . Juni 1989 erschossen, Einzelheiten nicht bekannt.
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Huang Peipu,
männlich, Alter unbekannt, war in dem Weiler Huangzhuangrancun des Dorfes Dongran in der Volkskommune Sijiqing im Bezirk Haidian in Beijing-Stadt zu Hause
Wurde in den frühen Morgenstunden des 4 . Juni 1989 erschossen, Einzelheiten nicht bekannt.
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Zheng Chunfu,
männlich, 37 Jahre, Leiter der Ingenieurgruppe für alte Gebäude in der Verbotenen Stadt, Beijing-Stadt
In der Nacht des 3 . Juni 1989 hat er nach elf das Haus Nr. 78 in der Yanyue-Gasse im Bezirk Dongcheng verlassen und ist nicht wiedergekommen. Seit Jahren suchen seine Angehörigen die
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