Die Kunst, anders zu leben
Stadtwohnung so auf die Nerven gehen, dass wir uns irgendwann gegenseitig umbrachten? Würde es uns den letzten Nerv kosten, uns in einer Stadt zurechtfinden zu müssen, obwohl wir der Landessprache nicht mächtig waren?«
Sie brachten sich in Paris nicht gegenseitig um, und Allans Selbstvertrauen und Zuversicht wuchsen immer mehr. Nach seiner Rückkehr in die USA verhandelte er mit seinem Arbeitgeber, weil er nur noch auf Teilzeitbasis in dieser Firma arbeiten wollte. Auf diese Weise kam er nach wie vor in den Genuss der betrieblichen Sozialleistungen und eines festen (wenn auch etwas niedrigeren) Einkommens und konnte sich nebenbei eine eigene Beratungsfirma aufbauen. Ein Jahr später durfte er sich die Arbeitszeiten in seinem Büro völlig frei einteilen, obwohl er immer noch auf Teilzeitbasis beschäftigt war. Diese Veränderung gab ihm die Freiheit, nach der er sich sehnte, ohne dass er auf sein Engagement bei dem Unternehmen verzichten musste, in dem er ja eigentlich gerne arbeitete – und es war auch eine große Erleichterung für ihn, ein festes Teilzeit-Einkommen zu haben.
Allan sieht die eigentliche Ursache für diese Veränderung in seinen »Lebensexperimenten«. Selbst so banale Unternehmungen wie seine Besuche in Kunstmuseen und das Fotografieren, mit dem er in seiner Freizeit begonnen hatte, hatten dazu beigetragen, den Grundstein zu dem neuen Leben zu legen, das er jetzt führte. Seiner Einschätzung nach standen die weitreichenden Auswirkungen dieser Experimente »in keinem Verhältnis« zu ihrem Aufwand.
Immer wieder höre ich von Mitarbeitern wirtschaftlich stabiler Unternehmen wie Google oder Microsoft Sätze wie: »Eigentlich habe ich ein schlechtes Gewissen, denn alle meine Freunde glauben, ich hätte mit meinem Job das große Los gezogen, aber meine Arbeit macht mir einfach keinen Spaß.« Ich glaube nicht, dass diese Leute tatsächlich undankbar sind, denn wie kann man »das große Los gezogen« haben, wenn einem der Ort, an dem man die meiste Zeit seines Lebens verbringt, nicht gefällt? Allans Geschichte ist ein gutes Beispiel dafür, wie man seine Unabhängigkeit zurückgewinnen kann, ohne ganz auf die Sicherheit einer festen Anstellung zu verzichten.
OPTION NUMMER 3: DEFINIEREN SIE IHREN ARBEITSPLATZ NEU – SUCHEN SIE SICH EINEN CHEF
Susan V. Lewis ist Marketingexpertin und Designerin. Sie verfügt über die alles entscheidende Schlüsselqualifikation, innerhalb kurzer Zeit Berge von Arbeit erledigen zu können. Nach verschiedenen Tätigkeiten, die sie alle als sehr erfüllend empfunden hatte (unter anderem war sie Sportreporterin, Programmdirektorin und Malerin), arbeitete Susan fünf Jahre lang in einem Büro, in dem die Kollegen mit ihrer Art zu arbeiten nicht viel anfangen konnten.
Susan war frustriert und beschloss, sich beruflich zu verändern, aber sie wollte es anders machen als die Tausende von Menschen, die mithilfe konventioneller Methoden auf Jobsuche gingen. »Auf jede Stelle, die für mich interessant oder für die ich qualifiziert sein könnte, bewerben sich über 300 Leute«, sagte sie sich. »Wie soll ich auf einem einzigen Blatt Papier, das von einem Computer oder einem desinteressierten Personalchef gelesen wird, nachweisen, dass ich die richtigen Qualifikationen mitbringe? Das ist doch ein aussichtsloses Unterfangen.«
Um den Konkurrenzkampf mit Hunderten gleichrangiger Stellungssuchender zu vermeiden, die natürlich alle versuchen würden, in ihren Bewerbungsunterlagen einen möglichst guten Eindruck zu machen, musste Susan die Spielregeln ändern. Statt auf Jobsuche zu gehen, beschloss sie, sich auf die Suche nach einem Chef zu machen. Sie richtete sich eine Webseite ein, in der sie ihr Projekt »Such dir einen Chef« beschrieb, ihren Lebenslauf und einen Bericht über ihre bisherigen beruflichen Erfahrungen einstellte, erklärte, nach was für einer Stellung sie suchte, und potenzielle Arbeitgeber aufforderte, sich bei ihr zu bewerben. 12
Susan hatte das Gefühl, dass es nicht viel bringen würde, die gängigen Spielregeln einer Stellenbewerbung nur halbherzig zu ändern. Daher verfolgte sie ihr Chefsuche-Projekt konsequent weiter bis zu seinem natürlichen Ende, unterhielt sich mit mehreren Arbeitgeber-Kandidaten und unterbreitete dem Unternehmen, das ihr am besten gefiel, schließlich ein offizielles Angebot, in dem die Bedingungen für ihre künftige Zusammenarbeit genau definiert waren. Außer »Chef-Bewerbungen« aus ihrer bevorzugten Stadt Dallas
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