Die Kunst, anders zu leben
Lebensumstände stabil waren, konnte ich konzentriert schreiben, und jedes meiner Werke würde eine Verbesserung gegenüber dem vorherigen darstellen, was die Leser zweifellos begrüßen würden. War dies für mich als Schriftsteller nicht die vorrangige Aufgabe? 19
Wir neigen dazu, solche Aussagen sofort als unrealistisch oder vielleicht sogar unhöflich abzutun. Wie kann jemand seine Beziehung zu unzähligen Menschen, die er niemals persönlich kennenlernen wird, für das Wichtigste in seinem Leben halten? Sollte Murakami sich nicht lieber in erster Linie auf seine Familie, gute Freunde und die Mitbürger seiner Heimatstadt konzentrieren – und sich dann in seiner Freizeit Gedanken über die Leute machen, die seine Romane lesen?
Lerne von gestern, lebe für heute und hoffe auf morgen.
ALBERT EINSTEIN
Aber man kann die Sache natürlich auch aus einem anderen Blickwinkel betrachten: Murakami richtete sein Augenmerk nicht darauf, was er zu verlieren hatte, sondern darauf, was er gewinnen würde. Er wurde sich darüber klar, was er wirklich wollte, und gestaltete sein Leben dementsprechend. Bei diesem Prinzip der inneren Fülle, von dem dieses Kapitel handelt, geht es darum, intensiv zu leben und sein ganzes Leben nach ein paar wichtigen Prioritäten auszurichten. Dazu müssen Sie alle Ihre derzeitigen Verpflichtungen einer genauen Prüfung unterziehen und sich darüber klar werden, welche wirklich notwendig sind und auf welche Sie verzichten können.
Keine unvereinbaren Gegensätze
In diesem Kapitel möchte ich zwei gegensätzliche Vorstellungen unter einen Hut bringen und Ihnen damit zeigen, dass man durchaus vielen verschiedenen Aktivitäten nachgehen und sein Leben dabei doch gleichzeitig auf das Wesentliche beschränken kann. Ich halte viel von den Ideen der Einfachheit, des Minimalismus und der »Lebensentrümpelung«, aber mir geht es damit genauso wie mit der Genügsamkeit: Ich möchte diese Ideale gern in den Dienst eines höheren Zwecks stellen, der mit einem Leben voll innerem Reichtum zu tun hat. Ich möchte bestimmte Dinge aus meinem Leben ausschließen und dafür andere hereinlassen. Wenn Sie jemals müde und erschöpft von einem Urlaub zurückgekehrt sind; wenn Sie je das Gefühl hatten, »nur noch von Wochenende zu Wochenende zu leben« oder sich gefragt haben, wie um alles in der Welt man das mit der Work-Life-Balance eigentlich hinbekommt – dann ist es vielleicht an der Zeit, ein bisschen mehr über Konvergenz nachzudenken.
Ehrgeiz ist kein Laster kleiner Leute.
MICHEL DE MONTAIGNE
Ich definiere Konvergenz in diesem Buch als Seinszustand, in dem alles in unserem Leben sich im Einklang miteinander befindet . In diesem Zustand haben wir gute Beziehungen zu unseren Angehörigen und engsten Freunden, unsere Arbeit begeistert uns, wir sind gesund, tun jeden Tag mehr oder weniger das, was wir uns wünschen, und wissen, dass wir in der Welt etwas Positives bewirken. Mit anderen Worten: Wir sind voller Dankbarkeit und führen ein aktives, erfülltes Leben, das uns die nötigen Herausforderungen bietet. Um diesen Zustand der Konvergenz zu erreichen, sind zwei voneinander getrennte (aber eng miteinander verbundene) Entscheidungen erforderlich: Wir müssen uns von unnötigen Aufgaben, Verpflichtungen und Erwartungen verabschieden – und anschließend eine große Vielfalt anderer Dinge, die uns innerlich bereichern, in unserem Leben willkommen heißen.
Teil 1: Sich von Unnötigem verabschieden
Wie Murakami richtig festgestellt hat, muss man, um sich die Bedingungen für ein unkonventionelles Leben schaffen zu können, zunächst einmal eine aktive Entscheidung treffen. Um den Erwartungen der Welt zu trotzen und sein eigenes Leben zu leben, muss man schon ziemlich entschlossen sein, denn man wird garantiert jeden Tag mit vielen Dingen konfrontiert, die einen ablenken. Zu diesen Ablenkungen gehören:
die 3000 verschiedenen Werbebotschaften, die die meisten von uns Tag für Tag in sich aufnehmen,
mehr oder weniger sinnlose Beschäftigungen, die uns von anderen Leuten aufgetragen werden oder die wir uns selbst vornehmen,
unnötige Verpflichtungen,
soziale Normen und weitverbreitete Anschauungen über Arbeit und Zeit (zum Beispiel die Vorstellung, dass man jeden Tag eine bestimmte Anzahl von Stunden arbeiten muss – ohne darüber nachzudenken, was in dieser Zeit tatsächlich geleistet wird).
Wenn Sie gerade dabei sind, Ihren Umgang mit Ihrer Zeit neu zu überdenken, und nicht sicher sind, für
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