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Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Titel: Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Dobelli
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heiklen Thema des Altruismus. Gibt es die Selbstlosigkeit überhaupt? Ist nicht jede Freiwilligenarbeit mit einem persönlichen Nutzen verbunden? Der sogenannte »Freiwilligensurvey« der deutschen Bundesregierung zeigt ein deutliches Bild: Das stärkste Motiv von Volontären ist eine Art demokratisches Bedürfnis nach gesellschaftlicher Mitgestaltung. Hinzu kommt der Wunsch nach sozialen Kontakten, nach Spaß, nach neuen Erfahrungen. Selbstlos ist das nicht, im Gegenteil: Streng genommen ist jeder, der auch nur einen Funken Befriedigung bei der Freiwilligenarbeit empfindet, kein reiner Altruist.
    Wir haben gesehen: Mehr zu arbeiten und einen Teil des Geldes zu spenden, wäre die effizienteste Hilfe, die Jacques leisten kann. Freiwilligenarbeit wäre nur dann sinnvoll, wenn er sein Fachwissen einbringen könnte. Plant der Vogelverein zum Beispiel einen Spendenbrief samt Foto, das nur ein Spitzenfotograf hinbekommt, dann kann Jacques entweder das Foto selber schießen oder eine Stunde länger arbeiten und das zusätzliche Geld dem Verein spenden, der dann einen Spitzenfotografen beauftragt.
    Ist Jacques also ein Dummkopf, wenn er sich zum Zimmern meldet? Nicht unbedingt. Eine Ausnahme zur Volunteer’s Folly gibt es: wirklich prominente Persönlichkeiten. Wenn sich Bono, Kate Winslet oder Mark Zuckerberg dabei ablichten lassen, wie sie Vogelhäuschen zimmern, öl-verschmutzte Strände putzen oder Erdbebenopfer bergen, dann verhelfen sie dem betreffenden Anliegen zu unbezahlbarer Publizität. Jacques muss also kritisch beurteilen, ob er wirklich ein Star ist oder doch eher nur ein Aufschneider. Dasselbe gilt für Sie und mich: Solange sich die Leute auf der Straße nicht laufend nach Ihnen umdrehen, sollten Sie Freiwilligenarbeit ablehnen und stattdessen Geld spenden.



WARUM SIE EINE MARIONETTE IHRER GEFÜHLE SIND
    Affektheuristik
    Was halten Sie von gentechnisch modifiziertem Weizen? Ein Thema mit vielen Facetten – Sie werden keine voreilige Antwort geben wollen. Rational wäre es, die Vor- und Nachteile der umstrittenen Technologie schön getrennt zu betrachten. Sie listen alle möglichen Vorteile auf, gewichten sie und multiplizieren sie dann mit der Wahrscheinlichkeit, dass sie tatsächlich eintreffen. So erhalten Sie eine Liste von Erwartungswerten.
    Dann dasselbe auf der negativen Seite: Sie listen alle Nachteile auf, schätzen die möglichen Schäden und multiplizieren sie mit den Eintreffenswahrscheinlichkeiten. Die positiven Erwartungswerte abzüglich der negativen ergeben den Nettoerwartungswert. Liegt er über null, sind Sie für Gentechweizen. Liegt er unter null, sind Sie dagegen.
    Wahrscheinlich kennen Sie dieses Vorgehen; es wird in jedem Buch über Entscheidungstheorie beschrieben. Doch ebenso wahrscheinlich haben Sie sich noch nie die Mühe einer solchen Evaluation gemacht. Und ganz sicher hat keiner der Professoren, die Lehrbücher darüber schreiben, auf diese Weise seine Ehefrau ausgewählt.
    Niemand handelt so. Erstens, weil wir nicht genug Fantasie haben, alle möglichen Vor- und Nachteile aufzulisten. Wir sind beschränkt durch das, was uns in den Sinn kommt, und das ist selten mehr als unser bescheidener Erfahrungshorizont. Ein Jahrhundertunwetter stellt man sich nicht vor, wenn man erst 30 Jahre alt ist. Zweitens: Kleine Wahrscheinlichkeiten zu berechnen ist unmöglich, denn seltene Ereignisse liefern zu wenige Daten. Drittens: Unser Hirn ist nicht für solche Rechnungen gebaut. Wer in unserer evolutionären Vergangenheit lange nachgedacht hat, verschwand im Bauch eines Raubtiers. Wir sind die Nachkommen der Schnellentscheider. Wir verwenden Denkabkürzungen, sogenannte Heuristiken.
    Eine der beliebtesten Heuristiken ist die Affektheuristik . Ein Affekt ist eine momentane Gefühlsregung: Sie mögen etwas oder mögen es nicht. Das Wort »Fluglärm« löst einen negativen Affekt aus. Das Wort »Luxus« einen positiven. Dieser automatische, eindimensionale Impuls verhindert, dass Sie Risiken und Nutzen als unabhängige Größen betrachten – was sie in Wahrheit sind. Stattdessen hängen Risiken und Nutzen am gleichen Gefühlsdraht.
    Ihre emotionale Einstellung zu Fragen wie Atomkraft, Biogemüse, Privatschulen oder Motorradfahren bestimmt, wie Sie deren Risiken und Nutzen einschätzen. Mögen Sie etwas, dann sind Sie der Überzeugung, die Risiken seien klein und der Nutzen sei groß. Paul Slovic hat Tausende von Menschen zu verschiedenen Technologien befragt und genau diesen Zusammenhang

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