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Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Titel: Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Dobelli
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nicht stimmt. Unsere Erinnerungen sind mit Fehlern behaftet, auch die scheinbar so akkuraten Blitzlichterinnerungen. Die Konsequenzen können harmlos sein – oder fatal. Denken Sie an Augenzeugenberichte oder Phantombilder zur Identifikation von Straftätern. Es ist fahrlässig, ihnen ohne ergänzende Untersuchungen zu vertrauen, selbst wenn der Zeuge steif und fest behauptet, er erkenne den Täter ganz genau wieder.



WARUM SIE SICH MIT IHREM FUSSBALLTEAM IDENTIFIZIEREN
    In-Group/Out-Group Bias
    So sahen im Winter die Sonntage aus, als ich ein kleiner Junge war: Unsere Familie saß vor dem Fernseher. Ein Skirennen lief. Meine Eltern wollten, dass jene mit dem Schweizerkreuz gewinnen, und sie wollten, dass ich das auch wollte. Ich verstand die Aufregung nicht. Erstens, warum auf zwei Holzbrettern einen Berg hinunterjagen? Warum nicht zum Beispiel auf einem Bein den Berg hochhüpfen, dabei drei Billardkugeln jonglieren und alle 100 Höhenmeter einen Normtannenzapfen möglichst weit schleudern? Zweitens, eine Hundertstelsekunde Unterschied ist kein Unterschied. Gesunder Menschenverstand sagt: Wer so nahe beieinanderliegt, fährt gleich schnell. Drittens: Warum soll ich mich ausgerechnet mit den Schweizer Skifahrern identifizieren? Ich bin mit keinem einzigen dieser Burschen verwandt. Ich kenne sie nicht. Ich weiß nicht, was sie lesen oder denken, und wenn ich nur wenige Meter jenseits der Schweizer Grenze lebte, würde ich mich wohl mit einer anderen Mannschaft identifizieren (müssen). Hier geht es also um die Frage: Ist Identifikation – mit einem Sportteam, einer Rasse, einem Unternehmen, einem Staat – ein Denkfehler?
    Wie jedes Verhaltensmuster ist auch die Gruppenidentifikation über Jahrtausende durch die Evolution geformt worden. Gruppenzugehörigkeit war früher lebensnotwendig; Ausschluss aus der Gruppe bedeutete den sicheren Tod. Auf sich allein gestellt war es kaum möglich, genügend Nahrung aufzutreiben oder sich gegen Angriffe zu schützen. Und: Normalerweise verlieren Individuen gegen Gruppen.
    Als einzelne Menschen begannen, sich zu Gruppen zusammenzuschließen, waren alle gezwungen, dasselbe zu tun. Wer es nicht tat, hatte nicht nur keinen Platz in der Gruppe – sondern auch keinen im menschlichen Genpool. Kein Wunder also, dass wir Gruppenmenschen sind. Alle unsere Vorfahren waren es.
    Die Psychologie hat verschiedene Gruppeneffekte erforscht, die sich unter dem Begriff In-Group/Out-Group Bias zusammenfassen lassen.
    Erstens: Gruppen können auf der Basis von minimalen, ja oft trivialen Kriterien gebildet werden. Im Sport genügt der zufällige Geburtsort, im Wirtschaftsleben die zufällige Betriebszugehörigkeit. Der britische Psychologe Henry Tajfel hat Menschen, die sich nicht kannten, durch einen Münzwurf zufällig Gruppen zugeteilt. Anschließend sagte er den Mitgliedern einer Gruppe, sie müssten einen bestimmten Kunststil, den sie nicht kannten, gut finden. Das Ergebnis war beeindruckend: Obwohl sich a) die Menschen nicht kannten, obwohl sie b) rein zufällig zusammengewürfelt worden waren und obwohl sie c) keinen Deut von Kunst verstanden, fanden sich die Mitglieder innerhalb der Gruppe eindeutig sympathischer als die Menschen der anderen Gruppen.
    Zweitens: Menschen außerhalb der eigenen Gruppe erscheinen homogener, als sie sind. Man nennt das den Out-Group Homogeneity Bias . Stereotype und Vorurteile lassen sich darauf zurückführen. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass in Science-Fiction-Filmen nur die Menschen verschiedene Kulturen haben, nicht aber die Außerirdischen?
    Drittens: Da sich Gruppen oft aufgrund gemeinsamer Werte bilden, bekommen Gruppenmitglieder überproportional viel Unterstützung für die eigenen Ansichten. Diese Verzerrung ist gefährlich, besonders in Unternehmen. Die berühmte Betriebsblindheit hat ihren Grund hier.
    Dass Familienmitglieder sich gegenseitig aushelfen, ist nachvollziehbar. Wenn Sie sich die Hälfte Ihrer Gene mit Ihrem Bruder oder Ihrer Schwester teilen, sind Sie natürlicherweise an deren biologischem Erfolg interessiert. Damit kommen wir zum idiotischsten aller Denkfehler: sein Leben für eine willkürlich zusammengesetzte Gruppe zu opfern. Man nennt das auch »in den Krieg ziehen«. Es ist kein Zufall, dass das Wort »Vaterland« Verwandtschaft suggeriert. Und es ist kein Zufall, dass es das Ziel jeder Kriegsausbildung ist, die Soldaten zu »Brüdern« zusammenzuschweißen.
    Fazit: Vorurteile und Abneigung gegen alles Fremde sind eine

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