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Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)

Titel: Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rolf Dobelli
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den Unterschied zwischen Risiko und Ambiguität verstehen. Nur in den wenigsten Bereichen können wir mit klaren Wahrscheinlichkeiten rechnen. Oft bleibt uns nur die lästige Ambiguität. Lernen Sie, sie zu ertragen.



WARUM UNS DER STATUS QUO HEILIG IST
    Default-Effekt
    Mein Blick irrte verzweifelt über die Weinkarte. Irouléguy? Hárslevelü? Susumaniello? Ich bin alles andere als ein Kenner, aber hier versuchte offensichtlich ein Sommelier, seine Weltläufigkeit zu beweisen. Auf der letzten Seite dann die Erlösung: »Unser Hauswein: Réserve du Patron, Bourgogne«, 52 Euro. Ich bestellte sofort, denn viel konnte ich damit ja nicht falsch machen.
    Seit einem Jahr besitze ich ein iPhone, das mir jede nur denkbare Einstellung ermöglicht – vom Klingelton über das Hintergrundbild über den Browser-Zoom bis zur Lautstärke des Kameraverschlussgeräusches. Wie viele dieser Optionen habe ich bislang wahrgenommen? Sie ahnen es: keine einzige.
    Dabei bin ich kein Technikidiot, sondern vielmehr eines von vielen Opfern des sogenannten Default-Effekts . Die Standardeinstellung (oder eben der Default) ist so verlockend und bequem wie ein weiches Kissen, in das wir uns fallen lassen. So wie ich beim Hauswein und den iPhone-Settings, bleiben die meisten Menschen beim Standard. Neue Autos zum Beispiel werden oft in einer Default-Farbe beworben – in jedem Katalog, jedem Video, jedem Inserat dasselbe Anthrazitgrau. Die Zahl der Autokäufer, die sich für diese Default-Farbe entscheiden, ist weit überdurchschnittlich.
    Der Ökonom Richard Thaler und der Rechtsprofessor Cass Sunstein haben in ihrem Buch Nudge (deutsch: Schubs) aufgezeigt, wie eine Regierung ihre Bürger lenken kann, ohne sie verfassungswidrig in ihrer Freiheit zu beschränken. Man stellt verschiedene Optionen zur Auswahl, legt aber eine Default-Variante fest, für den Fall, dass sich der Bürger nicht entscheidet. So offerierten etwa die Staaten New Jersey und Pennsylvania ihren Bürgern zwei mögliche Autoversicherungen. Die eine Versicherung war billiger, dafür verzichtete man auf gewisse Schadensersatzrechte bei einem Unfall. In New Jersey, wo die billigere Variante als Standard definiert war, entschieden sich die meisten Bürger dafür. In Pennsylvania hingegen legte man den Leuten die Luxusvariante nahe – und prompt fand diese mehr Zuspruch. Eigentlich erstaunlich, denn so unterschiedlich können die Autofahrer dieser Bundesstaaten nicht sein.
    Die Wissenschaftler Eric Johnson und Dan Goldstein befragten Personen, ob sie sich von der Organspende im Falle des Todes ausnehmen wollten (Default war Organspende) – anstatt sie zu fragen, ob sie ihre Organe spenden wollten (Default war die Nichtspende). Der einfache Wechsel der Standardeinstellung erhöhte den Anteil der Organspender von 40 % auf über 80 % der Befragten.
    Der Default-Effekt ist selbst dann am Werk, wenn gar keine Default-Variante vorgegeben wird: Dann machen wir einfach unsere Vergangenheit zum persönlichen Default und erklären den Status quo für heilig. Menschen lieben, was sie kennen. Vor die Wahl gestellt, etwas Neues zu probieren oder doch lieber beim Alten zu bleiben, sind wir in der Regel erzkonservativ – selbst dann, wenn ein Wechsel von Vorteil wäre. Meine Bank zum Beispiel erhebt eine jährliche Gebühr von 60 Franken für das Verschicken von Kontoauszügen. Ein Betrag, den ich mir sparen könnte, wenn ich die Auszüge elektronisch beziehen würde. Doch obwohl mich der kostenpflichtige (und überdies papierverschleißende) Service schon seit Jahren ärgert, konnte ich mich bis heute nicht dazu durchringen, ihn endlich zu kündigen.
    Woher kommt der Status Quo Bias ? Neben purer Bequemlichkeit spielt unsere Verlustaversion eine Rolle (in Die Kunst des klaren Denkens – vielleicht können Sie sich erinnern): Verluste machen uns etwa doppelt so unglücklich, wie uns entsprechende Gewinne glücklich machen. Darum ist es zum Beispiel so schwierig, bestehende Verträge – private oder zwischenstaatliche – neu zu verhandeln. Jede Konzession, die ich mache, ist ein Verlust. Im Gegenzug macht die Gegenpartei Konzessionen, die meine Gewinne sind. Da Verluste doppelt so schwer wiegen, fühlt sich jede Neuverhandlung als Nettoverlust an.
    Sowohl für den Default-Effekt wie auch für seinen Spezialfall, den Status Quo Bias , gilt: Wir haben eine starke Tendenz, uns am Bestehenden festzuklammern, selbst wenn sie uns zum Nachteil gereicht. »Na ja, der wird sich im Glas sicher noch

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