Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)
Frage wird leicht missverstanden. Natürlich geht es nicht ohne Talent, und natürlich geht es nicht ohne harte Arbeit. Nur sind leider weder Fähigkeiten noch harte Arbeit die entscheidenden Kriterien für den Erfolg. Sie sind notwendig, aber nicht entscheidend. Warum man das weiß? Es gibt einen ganz einfachen Test: Nur wenn der Erfolg einer Person über lange Zeit anhält und nur wenn sie im Vergleich mit weniger befähigten Personen über lange Zeit erfolgreicher bleibt – nur dann, wirklich nur dann sind die Fähigkeiten ausschlaggebend. Das ist bei Firmengründern nachweislich nicht der Fall. Sonst würde es den meisten nach dem ersten Erfolg problemlos gelingen, eine zweite, dritte und vierte Firma ebenso erfolgreich hochzuziehen.
Wie steht es mit Managern? Wie entscheidend sind sie für den Erfolg einer Firma? Forscher haben den Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und Managerverhalten einerseits und der Wertsteigerung von Firmen andererseits ermittelt. Das Ergebnis: Wenn man zufällig jeweils zwei Firmen vergleicht, führt in 60 % der Fälle der stärkere CEO die stärkere Firma. In 40 % der Fälle führt der schwächere CEO die stärkere Firma. Das sind 10 %-Punkte über der reinen Zufallsverteilung. Der Nobelpreisträger Daniel Kahneman dazu: »Man kann sich nur schwer vorstellen, dass Leute enthusiastisch Bücher von Wirtschaftsgrößen kaufen, die im Durchschnitt nur knapp besser sind als der Zufall.« Auch Warren Buffett hält nichts von der CEO-Vergötterung: »Deine Leistung als CEO ist viel stärker abhängig von dem Business-Boot, in dem du sitzt, als von deinen Ruderkünsten.«
Und dann gibt es noch die Bereiche, wo Fähigkeiten überhaupt keine Rolle spielen. Null. In seinem Buch Thinking, Fast and Slow beschreibt Kahneman seinen Besuch bei einer Vermögensverwaltungsfirma. Zur Vorbereitung bekam er ein Spreadsheet zugestellt, das die Performance jedes Anlageberaters über die letzten acht Jahre zeigte. Daraus gab es für jeden Händler einen Rang: Nummer 1, 2, 3 und so weiter in absteigender Folge. Und das in jedem Jahr. Kahneman rechnete kurz die Korrelationen der Ränge zwischen Jahr 1 mit Jahr 2, Jahr 1 mit Jahr 3, Jahr 1 mit Jahr 4 und so weiter bis Jahr 7 mit Jahr 8 aus. Das Ergebnis: purer Zufall. Mal war der Händler weit oben, mal ganz unten. Hatte ein Berater ein Topjahr, bedeutete dies überhaupt nichts für seine Leistung in den vorherigen oder nachfolgenden Jahren. Die Korrelation war null. Und trotzdem heimsten die Berater Boni für ihre Performance ein. Mit anderen Worten, die Firma belohnte Zufall statt Leistung.
Fazit: Es gibt Menschen, die tatsächlich von ihren Fähigkeiten leben: Piloten, Klempner, Anwälte etc. Dann gibt es Bereiche, wo Fähigkeiten zwar notwendig, aber nicht entscheidend sind: Firmengründer, Manager. Und es gibt Gebiete, wo der Zufall regiert: Die Finanzindustrie zum Beispiel, die durchdrungen ist von der Fähigkeitsillusion . Also: Begegnen Sie Ihrem Klempner mit gebührendem Respekt, und nehmen Sie erfolgreiche Finanzjongleure nicht ernst.
WARUM CHECKLISTEN BLIND MACHEN
Feature-Positive Effect
Zwei Zahlenreihen. Die erste, Zahlenreihe A, besteht aus: 724, 947, 421, 843, 394, 411, 054, 646. Was ist diesen Zahlen gemeinsam? Lesen Sie nicht weiter, bis Sie es herausgefunden haben. Richtig, in allen Zahlen kommt die Ziffer 4 vor. Nun die Zahlenreihe B: 349, 851, 274, 905, 772, 032, 854, 113. Was ist diesen Zahlen gemeinsam? Lesen Sie nicht weiter, bis Sie es herausgefunden haben. Sie merken: Aufgabe B ist schwieriger. Antwort: Überall fehlt die Zahl 6. Was können Sie daraus lernen? Absenz ist viel schwieriger zu erkennen als Präsenz. Anders ausgedrückt: Was da ist, hat mehr Gewicht als das, was nicht da ist.
Letzte Woche, auf einem Spaziergang, fiel mir auf, dass ich keine Schmerzen hatte. Der Gedanke kam unerwartet, denn ich habe kaum je Schmerzen. Er verblüffte mich, gerade weil er so banal und offensichtlich war. Ja er verlieh mir einen Moment lang ein Gefühl von Glückseligkeit. Es bedurfte einiger mentaler Arbeit, diese Absenz zu denken – bis ich den Gedanken wieder vergaß.
An einem Konzert im Rahmen des Lucerne Festivals wurde Beethovens Neunte aufgeführt. Ein Begeisterungssturm erfasste den Saal. Bei der Ode im vierten Satz sah man hier und dort sogar Freudentränen. Was für ein Glück, gibt es diese Sinfonie, dachte ich. Aber stimmt das wirklich? Wären wir ohne die Neunte unglücklicher? Wohl kaum. Wäre die
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