Die Kunst des klugen Handelns: 52 Irrwege, die Sie besser anderen überlassen (German Edition)
spricht vom Zeigarnik-Effekt . Allerdings gab es in ihren Forschungen ein paar unschöne Ausreißer: Einigen Menschen behielten durchaus einen klaren Kopf, selbst wenn sie Dutzende Projekte am Laufen hatten.
Erst in den letzten Jahren gelang es Roy Baumeister und seinem Forschungsteam der Florida State University, den Schleier zu lüften. Er teilte Studenten, die einige Monate vor der anspruchsvollen Abschlussprüfung standen, in drei Gruppen auf. Gruppe 1 sollte intensiv an eine Party des laufenden Semesters denken. Gruppe 2 sollte intensiv an die Abschlussprüfung denken. Gruppe 3 sollte intensiv an die Abschlussprüfung denken und sich einen genauen Studienplan zurechtlegen. Anschließend bat Baumeister die Studenten, unter Zeitdruck Wörter zu vervollständigen. Einige Studenten machten aus »Pa…« »Panik«, andere zum Beispiel »Party« oder »Paris« – eine gute Art, um herauszufinden, was die Studenten unbewusst beschäftigte. Wie erwartet zerbrachen sich die Studenten der Gruppe 1 kaum den Kopf über die anstehende Prüfung, während die Studenten der Gruppe 2 kaum an etwas anderes denken konnten. Erstaunlich war das Ergebnis der Gruppe 3. Obwohl auch diese Studenten intensiv an die kommende Prüfung dachten, war ihr Kopf klar und frei von bedrückenden Gedanken. Weitere Experimente bestätigten: Offene Aufgaben nagen nur so lange an uns, bis wir eine klare Vorstellung haben, wie wir mit ihnen umgehen wollen. Bluma Zeigarnik glaubte irrtümlicherweise, man müsse Aufgaben abschließen, um sie aus dem Kopf zu kriegen. Doch das ist nicht nötig; ein guter Plan genügt. Ein erstaunliches Ergebnis, denn es ist evolutionär nicht nachvollziehbar, dass Pläneschmieder Problemlösern gleichgestellt sind.
David Allen ist der Zeitmanagementguru der USA. Sein erklärtes Ziel: ein Kopf so klar wie Wasser. Das bedeutet nicht, dass das ganze Leben aufgeräumt sein muss. Aber es bedeutet, dass man detaillierte Pläne hat, wie man mit den unaufgeräumten Dingen umgeht. Schritt für Schritt. Am besten schriftlich. Erst wenn alles aufgeschrieben und in detaillierte Aufgaben gefasst ist, geben die inneren Stimmen Ruhe. Das Adjektiv »detailliert« ist wichtig. »Geburtstagsparty meiner Frau organisieren« oder »Neuen Job suchen« sind unbrauchbar. David Allen zwingt seine Klienten dazu, solche Aufgaben in 20 bis 50 Einzelschritte herunterzubrechen.
Zum Glück können Sie das selbst, ohne Allen ein teures Beraterhonorar zu zahlen. Wenn Sie das nächste Mal nicht einschlafen können, wissen Sie, warum. Legen Sie einen Notizblock auf Ihr Nachttischchen. Der simple Akt des Niederschreibens lässt die Kakofonie Ihrer inneren Stimmen verstummen. »Sie wollen Gott finden, aber Ihr Katzenfutter ist alle, dann machen Sie verdammt noch mal einen Plan, um damit umzugehen«, sagt Allen. Der Tipp ist gut – selbst wenn Sie Gott schon gefunden oder gar keine Katze haben.
DAS BOOT, IN DEM DU SITZT, ZÄHLT MEHR ALS DIE KRAFT, MIT DER DU RUDERST
Fähigkeitsillusion
Warum gibt es so wenige Serienunternehmer – Gründer, die gleich mehrere erfolgreiche Firmen nacheinander gestartet haben? Natürlich, wir kennen Steve Jobs, Richard Branson und Elon Musk. Doch sie sind eine winzige Minderheit: Serienunternehmer machen weniger als 1 % aller Firmengründer aus. Liegt es daran, dass sich alle andern Erfolgsunternehmer auf ihre Privatjacht zurückgezogen haben, wie Microsoft-Mitgründer Paul Allen? Das kann nicht sein. Wer Unternehmer kennt, weiß, dass sie es nicht lange auf dem Liegestuhl aushalten. Ist es, weil sie nicht loslassen können, ihre Firma hätscheln, bis sie 65 sind? Auch nicht. Die meisten Firmengründer verkaufen ihren Anteil innerhalb von zehn Jahren. Eigentlich müsste man annehmen, dass diese Machertypen mit ihren Fähigkeiten, ihrem persönlichen Netzwerk und ihrer Reputation das perfekte Rüstzeug für zahllose weitere Firmengründungen hätten. Warum starten sie trotzdem nur einmal durch? Es gibt nur eine Antwort, die auf die Faktenlage passt: Das Glück ist entscheidender als die Fähigkeiten. Das hört kein Unternehmer gern. Als ich selbst zum ersten Mal von der Fähigkeitsillusion (englisch: Illusion of Skill ) hörte, war meine Reaktion: »Was, mein Erfolg soll reiner Zufall sein?« Man ist erst mal beleidigt, vor allem, wenn man hart für den Erfolg gearbeitet hat.
Doch bleiben wir nüchtern: Wie viel von einem Unternehmenserfolg ist Glück, wie viel die Frucht harter Arbeit und besonderer Begabung? Die
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