Die Kunst, frei zu sein
durch unkreativ ist. Im Gemüsegarten tust du alles selbst, im Supermarkt wird alles für dich getan. Deine Aufgabe reduziert sich darauf, die Kreditkarte herauszurücken. Inzwischen kommt es mir völlig albern vor, Obst und Gemüse in einem Supermarkt zu kaufen. Das ist zeitraubend, und die Waren sind teuer und von sehr schlechter Qualität. In dem Boden vor deiner Haustür angepflanztes Gemüse ist nicht nur das schmackhafteste, das du je essen wirst, sondern es ist auch eine Arznei.
3. Kauf im Großhandel ein. Das ist eines der Geheimnisse der modernen Zeit. Durch die Initiative eines Nachbarn haben wir uns mit mehreren anderen Familien aus der Gegend zusammengetan und geben ungefähr einmal im Monat eine umfassende Bestellung auf. Wir kaufen Säcke voll Mehl, dazu Konserven, Pasta, Reis – all die Grundnahrungsmittel. Daneben werden Haushaltsartikel wie Waschpulver und Toilettenpapier angeboten. Manche Großhändler akzeptieren eine Mindestbestellung in Höhe von nur 100 Pfund. Alle haben Kataloge, und du kannst an irgendeinem Abend die Preislisten durchblättern und entscheiden, was du kaufen möchtest. Dann werden die Sachen angeliefert. Kein Shopping! Keine Schlangen! Keine Autofahrt! Keine Parkplätze! Mehr Zeit zum Faulenzen!
Indem du dich auf diese Weise mit anderen zusammentust, kannst du dir das Leben erleichtern und Geld sparen. Genau das wollen die Großunternehmen geheim halten. Sie möchten über das Fernsehen direkt mit dir in Verbindung treten. Sie wollen nicht, dass wir uns zu freien kleinen Gruppen zusammentun. Sie sind gegen Selbstregierung und Föderalismus. Wir müssen uns aus dem Griff gigantischer Institutionen lösen, seien es Supermärkte oder Regierungen.
4. Kauf in deiner Nachbarschaft ein. Das liegt so sehr auf der Hand, dass man es kaum zu wiederholen braucht. Unterstütze den Schlachter, den Gemüsehändler, den Tante-Emma-Laden und den Marktstand in deiner Umgebung, und zwar sofort, denn sonst könnten sie verschwinden und durch den Horror eines weiteren Tesco-Metro- Marktes abgelöst werden. Denk daran, dass das Geld, wenn du in der Nachbarschaft einkaufst, in der Gemeinde bleibt. Wenn du zu Tesco fährst, wird dein Geld in die Taschen der Firmenchefs und Aktionäre umgeleitet, die über uns Narren lachen, während sie erlesene Weine bestellen und ihr Vermögen in neue Häuser investieren. Damien Hirst schrieb einmal einen Artikel für den Idler mit der Überschrift »Warum Drecksäcke Scheiße an Dummköpfe verkaufen«, und dies scheint mir das Problem auf den Punkt zu bringen. Die Lösung? Sei kein Dummkopf und kauf keine Scheiße.
Wir sollten die Supermärkte niederreißen, zumindest im Geiste. Boykottiere sie auf ewig. Vergiss sie. Wir sollten diese Bauwerke der Unterdrückung und der Sklaverei dem Erdboden gleichmachen und durch Schrebergärten ersetzen. Entferne die Hässlichkeit und Abhängigkeit und löse sie durch Schönheit und Selbstversorgung ab. Mach das Land grün und freundlich. Kümmere dich um den Boden.
PFLANZ GEMÜSE AN
* Nicht auf dem Etikett angegeben: Was das Essen auf deinem Teller wirklich enthält (Anm. d. Übers.)
* Von engl. strain: Strapaze (Anm. d. Übers.)
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Die Herrschaft des Hässlichen
ist vorbei; lang leben Schönheit,
Qualität und Brüderlichkeit!
Schönheit ist Wahrheit, Wahrheit schön –
So viel wisst ihr auf Erden.
Keats, »Auf eine griechische Urne«, 1819
Und gehe … noch einmal hin und betrachte die Fassade
der alten Kathedrale … Betrachte noch einmal prüfend
diese hässlichen Kobolde und formlosen Ungeheuer … ,
denn sie verraten das Leben und die Freiheit
jedes einzelnen Steinhauers; eine Freiheit des Gedankens
und eine Rangstufe des Wesens, wie sie keine Gesetze
noch Privilegien oder Mildtätigkeiten verschaffen können,
wie es aber die erste Pflicht des heutigen Europas sein müsste,
sie für seine Kinder wieder zu erobern.
John Ruskin, Die Steine von Venedig
Früher waren die Dinge schöner. Das ist eine Tatsache. Im Prozess der Industrialisierung wird alles objektiv hässlicher, da es sich der Herrschaft der Massenproduktion, der Billigarbeit und des Profits unterwirft. Edle, durchdachte Qualität wird durch käufliche, gierige Quantität aufgefressen. ImVereinigten Königreich wurden die Dinge im neunzehnten Jahrhundert durch und durch hässlich. Damals nahm man den Menschen die Kunst weg, machte sie lediglich zu Bedienern von Maschinen und erlaubte den akademischen Berufsständen, sich die Verantwortung für alles
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