Die Kunst, frei zu sein
einen Kohlkopf zu produzieren, darin, ihn selbst anzubauen. Es ist günstiger, vor der eigenen Haustür einen Baum zur Lieferung von Feuerholz wachsen zu lassen, als sich auf Öl zu verlassen, das in Saudi-Arabien gefördert, irgendwo in einer Raffinerie verarbeitet und dann durch politisch instabile Länder geleitet wird, bis es schließlich dein Haus erreicht.
Buchhaltung sollte ein Teil der Unabhängigkeitserziehung jedes Freiheitssuchers sein. Jenny Uglow enthüllt in ihrer Studie über Pioniere der Aufklärung, The Lunar Men (2002), dass die Söhne und Töchter so großer Männer wie Erasmus, Darwin oder Joseph Priestley ganz selbstverständlich in Buchhaltung unterrichtet wurden. Dies ermöglichte ihnen, ihre Geschäfte abzuwickeln, ohne der Barmherzigkeit derjenigen ausgeliefert zu sein, die vom Chaos profitieren. Gandhi tat das Gleiche. Das klingt sehr ermüdend, ich weiß, aber in seinen Schlachten gegen die Behörden und seinen Kämpfen für die Freiheit kam ihm seine übersichtliche Kontenführung zustatten. Aber vielleicht reicht es für dich aus, wenn du am Ende jeden Tages ganz einfach niederschreibst, was du ausgegeben hast. Es ist erstaunlich, wie sehr das hilft, die Übersicht zu behalten.
Mein Freund Dan Kieran hält nichts von Einzugsermächtigungen. Auch dieses System der Bankabbuchungen profitiert von den Faulen und Desorganisierten. Die Boulevardzeitung Sun meldete kürzlich, dass jährlich 500 Millionen Pfund über Daueraufträge ausgezahlt werden, die wir vergessen haben. Das heißt, wir erhalten die Dienstleistung nicht mehr, bezahlen sie aber weiterhin. Deshalb begleicht Dan seine Rechnungen mit Schecks oder Bargeld. Das ist ein überraschend schwieriger Schritt, nicht zuletzt deshalb, weil die Unternehmen einen großen Teil ihres Marketings darauf verwenden, uns von den Vorzügen eines Dauerauftrags zu überzeugen. Auf den ersten Blick scheint alles andere tatsächlich albern zu sein: Einzugsermächtigungen können uns das Leben doch nur erleichtern, weil wir auf die Umständlichkeit verzichten, uns Rechnungen schicken zu lassen und Schecks zu schreiben. Aber in Wirklichkeit vermittelt der kleine Akt der Verantwortungsübernahme für die eigenen Rechnungen – indem man zu dem altmodischen Verfahren zurückkehrt, einen Scheck auszustellen und ihn in den Briefkasten zu stecken – das befriedigende Gefühl, die Kontrolle zu haben. Dadurch wird die Transaktion realer. Daueraufträge entsprechen der tragischen Realität, dass uns unsere Bequemlichkeit wichtiger ist als die Übernahme von Verantwortung.
Rechnungen zu begleichen ist gar nicht so quälend, wenn man sich schließlich dazu aufrafft. Ich lasse zu, dass alle Rechnungen und sonstige Dinge, die ich tun muss – all das vernünftige Zeug –, auf mir lasten und mich mit ihrem Gewicht erdrücken. Aber wenn ich mich schließlich hinsetze, um den Stapel zu ordnen, dauert das Ganze nur ungefähr fünf Minuten. Warum hast du dir solche Sorgen gemacht?, frage ich mich. Das war doch gar nicht so schlimm.
Ein weiterer Tipp stammt von dem Angler und Müßiggänger Chris Yates. Ein- oder zweimal pro Monat legt er einen »Verwaltungstag« ein, an dem er alle sonstigen Aktivitäten ruhen lässt und sich durch seine Rechnungen und Quittungen hindurcharbeitet.
Wer es nicht ertragen kann, organisiert zu sein, hat immer noch die Wahl, radikal desorganisiert zu werden. Man könnte systematisch sämtliche Organisationen aus seinem Leben entfernen, sie ausmerzen und wegwerfen. Man könnte versuchen, sich dem System von Anfang an zu entziehen. Die einfachste Methode, sich von Rechnungen zu befreien, besteht darin, die Dienstleistungen zu streichen, für welche die Rechnungen ausgestellt werden. Kein Sky TV, kein Handy, kein Internet, kein Auto. Es war wiederum Gandhi, der jenen, die sich auf dem Pfad zur Freiheit befanden, das schlichte Leben empfahl. Zum Beispiel merkte er, dass er eine Menge Geld für die Wäscherei ausgab. Wenn er weniger Geld benötigte, würde er mehr Zeit für seine freiwillige Arbeit aufwenden können. Also wusch er seine Wäsche selbst. Ähnlich kann man sich gegenüber den öffentlichen Verkehrsmitteln verhalten: Statt sich eine Dauerkarte für die U-Bahn zuzulegen, sollte man sich ein Fahrrad kaufen und damit zum Arbeitsplatz rollen.
In den Vereinigten Staaten hat diese Haltung einen Namen: Einfachheitsbewegung. Und was heißt Einfachheit? Nichts anderes als Eigenständigkeit. Immer wenn du eine Rechnung bezahlen musst,
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