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Die Kunst, frei zu sein

Die Kunst, frei zu sein

Titel: Die Kunst, frei zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hodgkinson
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bedeutet dies, dass andere etwas für dich getan haben, was du möglicherweise selbst tun könntest. All diese Rechnungshausierer verlocken dich mit dem Versprechen, dir das Leben zu erleichtern. Aber das stimmt nicht: Durch sie wird es schwieriger. Wenn man seine Abhängigkeit von äußeren Dienstleistungen verringert, gewinnt man Zeit und Geld. Du kannst sogar deine eigene Energie erzeugen. Es wird Zeit, dass die mittelalterlichen Technologien – Windmühlen und Wasserkraft – wieder zum Einsatz kommen. Oder installiere Solarzellen. Wind, fließendes Wasser, Regen und Sonne sind kostenlose Geschenke der Natur. Es ist vernünftig, sie zu nutzen.
    Einfach ausgedrückt: Wenn du die Produkte des Systems nicht konsumierst, brauchst du sie auch nicht zu bezahlen. So sparst du nicht nur das Geld, das du früher für unzählige Dienstleistungen ausgegeben hast, sondern auch den mit der Abwicklung der Rechnungen verbundenen Aufwand. Die Unterdrückung wird sich allmählich von deiner Schwelle zurückziehen, und du wirst nicht mehr so schwer arbeiten müssen. Dein Leben wird billiger und leichter.
    Es ist übrigens faszinierend festzustellen, wie viel Gandhi, der sich selbst verleugnete und daher in mancher Hinsicht genau das Gegenteil eines Müßiggängers war, mit extremen Vergnügungssuchern wie zum Beispiel dem herrlich sorglosen Schauspieler und Wilden Keith Allen gemeinsam hat, der sein Leben völlig ungestört durch Gewissensbisse, Schuldgefühle oder irgendeine bürgerliche Tugend führt. Aber auch er neigt zum einfachen Leben und dazu, Geld und Autorität abzulehnen. Die Mildesten und die Wildesten scheinen also mehr Gemeinsamkeiten zu haben, als man zunächst vermuten würde. Jedenfalls sind es häufig die extremsten Vergnügungssucher, die zu den extremsten Selbstverleugnern werden. Nicht selten geben Popstars, die alles hinter sich haben – Alkohol, Drogen und so weiter –, jeden Luxus auf, um lauwarmes Wasser mit Zitrone zu trinken und gegen 21.30 Uhr ins Bett zu gehen. Die beiden Pfade liegen dicht nebeneinander. Ich selbst bin gemäßigt und bevorzuge den mittleren Weg. Ich möchte nie mit dem Trinken aufhören, und ich habe einen Hang zur Übertreibung, aber in letzter Zeit halte ich mich zurück.
    Manchmal muss man sich jedoch den Umständen fügen. Vor kurzem nahm ich mit Keith Allen an einem Treffen teil, auf dem er einem Verleger seine Autobiografie anbot. »Und warum wollen Sie das Buch schreiben?«, fragte der Verleger. »Aus Steuergründen«, war Keith’ ehrliche Antwort.
    Es ist durchaus möglich, ein unkompliziertes, von Lohnarbeit freies Leben zu führen. Die Künstler Penny Rimbaud und Gee Vaucher gründeten CRASS, die anarchistische Punkband der achtziger Jahre. Vor vierzig Jahren mieteten sie sich ein baufälliges Haus vor den Toren Londons, renovierten es und füllten den Garten mit Blumen, Obst, Gemüse, Schuppen und Lauben zum Ausruhen. Da ihr Haus immer offen steht, hat ein ständiger Strom hilfreicher Gäste ihnen ermöglicht, das Gebäude und das Grundstück mit sehr wenig Geld auf ein hohes Niveau zu bringen. Die Tätigkeit der Menschen ersetzte das Bargeld. Da sie ein einfaches Leben führen, brauchen sie keinen Arbeitsplatz und haben jede Menge Freiraum, um ihren eigenen Weg durchs Leben zu gehen: zu denken, zu lesen, zu schreiben, zu reden, zu trinken, Kunst zu produzieren. Sie haben praktisch kein Einkommen, doch sie tun, was sie wollen, und das ist für mich eine ungeheure Leistung. Es beweist, dass Geld und Freiheit keineswegs gleichzusetzen sind. Gee sagte zu mir: »Ich glaube nicht, dass ich je Steuern bezahlt habe. Wie viel muss man dazu verdienen? Fünftausend Pfund im Jahr? Ich verdiene nicht annähernd so viel.« Einen weniger von Rechnungen geplagten und befreiteren Haushalt habe ich nie gesehen.
    KÜNDIGE ALLE DAUERAUFTRÄGE

4
    Pfeif auf die Karriere und all ihre
leeren Versprechungen
    Die Liebe zur gut durchgeführten Arbeit und
der Wunsch nach einem Vorwärtskommen in der Arbeit
sind heute unauslöschliche Zeichen von Schlappheit
und allerdümmster Unterwerfung.
Raoul Vaneigem, Handbuch der Lebenskunst
für die jüngeren Generationen, 1980
    Es gibt keine Arbeit, die gut genug für mich ist.
Es gibt keine Arbeit, die gut genug für irgendjemanden ist.
S. L. Lowndes, Brief an die Sunday Times, 1982
    Der Glaube an den abstrakten Begriff »Karriere« ist eine Heimsuchung des Mittelstandes. Die niedrigeren Stände hegen klugerweise nicht den gleichen Glauben an Fortschritt

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