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Die Kunst, frei zu sein

Die Kunst, frei zu sein

Titel: Die Kunst, frei zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hodgkinson
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der Gerechtigkeit.
    Ich muss zugeben, dass ich selbst einen Hang zu heftigem Ehrgeiz habe. Das wurde deutlich, als ich ein Team des Idler in dem intellektuellen BBC-Quiz »University Challenge« 2005 zu einem überwältigenden Sieg über die Vertreter der Financial Times führte. Obwohl unser Sieg nicht mir, sondern fast vollständig dem literarisch beschlagenen Koch Rowley Leigh zu verdanken war, überkam mich eine überschwängliche Stimmung. Meine Freundin Victoria meinte, der Erfolg habe einen wunderbar positiven Effekt auf unsere häusliche Harmonie gehabt: Ich sei zwei Wochen lang nicht im Geringsten brummig gewesen.
    Wie also kann ich das Gewinnen in Frage stellen, wenn ich es selbst so sehr zu schätzen weiß? Ich glaube, es gibt zwei sehr unterschiedliche Arten des Wettbewerbs: nämlich eine im Bereich des Spiels und eine im Bereich der Arbeit. Wenn die Konkurrenz auf das Spiel beschränkt wird, macht sie Spaß, hat keinerlei Konsequenzen und wird um ihrer selbst willen genossen. Wer zum Beispiel würde aufhören wollen, Darts, Snooker oder Krocket zu spielen? Spiele sind uralt und unterhaltsam. Schon an den katalanischen Höfen des dreizehnten Jahrhunderts liebte man Spiele und bewarf sich tagelang mit Orangen. Linda M. Paterson zitiert eine herrliche Schilderung in ihrer Untersuchung The World of the Troubadours:
    Der Admiral hatte ein Brett sehr hoch heben lassen, denn nach dem Lordkönig Pere und dem Lordkönig von Mallorca war er der geschickteste Werfer aller Ritter in ganz Spanien; und sein Schwager Lord Berenguer d’Etenca war genauso gut. Ich selbst habe beide werfen sehen, doch unzweifelhaft waren König Pere und der König von Mallorca überragend unter allen, die ich beim Zielen auf den Taulat beobachten konnte. Beide warfen stets drei Pfeile und eine Orange; und der letzte Pfeil war immer so groß wie eine kurze Sarazenerlanze; und die beiden ersten schossen stets weit über das Brett hinaus, wie hoch es auch sein mochte, und der letzte traf unweigerlich ins Ziel. Und danach ließ der Admiral einen runden Tisch aufstellen; und seine Matrosen hatten zwei bewaffnete Schiffe vorbereitet, solche mit flachem Kiel, die flussaufwärts fahren. Auf ihnen fanden Orangenschlachten statt; man hatte gut fünfzig Baumladungen aus dem Königreich Valencia schicken lassen … Die Feiern dauerten länger als vierzehn Tage, in denen kein Mann in Saragossa etwas anderes tat, als zu singen und sich zu vergnügen und Spiele zu spielen und Frohsinn zu pflegen.
    Zwei Wochen des Feierns und des Vergnügens! Heutzutage haben wir, arbeitsbesessen wie wir sind, keine Ahnung, wie solch eine Feier ablaufen würde. Wie der ungewöhnliche niederländische Historiker Johan Huizinga in Herbst des Mittelalters ausführt, sieht der moderne Mensch sich in erster Linie als Arbeiter, und das ist der große Wandel. Kein Beten, kein Kämpfen, kein Bestellen des Bodens. Nur Arbeit, schwere Arbeit. Drei Tage hintereinander sind der längste Zeitraum, den wir uns für Frohsinn und Belustigung gönnen. Manchmal allerdings überlassen wir uns zwei Wochen lang der Selbstfolter namens Urlaub, aber auch dafür ist Schwerarbeit erforderlich, denn Urlaub kostet eine Menge Geld. Das soll nicht heißen, dass der spielerische Konkurrenzgeist nicht mehr existierte: Wir haben immer noch Armdrücken, Kräftemessen, Kneipenspiele, Turniere und Kegeln. Doch wenn Konkurrenzdenken in der Geschäfts- und Arbeitswelt als ethisches Leitprinzip hingestellt wird, dann kann etwas nicht stimmen.
    Genau wie die Kapitalisten die Zeit zu einer Ware gemacht und dann die Uhr-Zeit verinnerlicht haben, so manipulieren sie auch unseren Konkurrenztrieb, der zutreffender als »Liebe zum Spiel« bezeichnet werden sollte, und nutzen ihn zu ihrem Vorteil. Wenn die Sklaven von selbst miteinander wetteifern, brauchen die Gebieter sie nicht mit physischer Gewalt anzutreiben und erreichen ihre Ziele viel leichter. Die Firmenchefs finden es wunderbar, dass sich ihre Angestellten unter minimaler Aufsicht für niedrige Löhne abrackern und dabei miteineinander konkurrieren. Dadurch haben die Topmanager viel Zeit, Golf zu spielen und in Sitzungssälen in sich hineinzulachen.
    Der Zwang, andere im Geschäftsleben um jeden Preis zu übertreffen, ist schuld an der erschreckenden Behandlung der Arbeiter, die für kümmerliche Löhne und unter schlechten Bedingungen schuften müssen. Der Siegeswille und die Notwendigkeit endlosen Wachstums als Resultat des Aktiensystems führen zu

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