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Die Kunst, frei zu sein

Die Kunst, frei zu sein

Titel: Die Kunst, frei zu sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hodgkinson
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nach Luft zu ringen, als würde sich dadurch irgendetwas ändern.
    Es dürfte unmöglich sein, sich völlig von Uhren, Armbanduhren und der Zeit zu befreien, aber wir können unsere Beziehung zur Zeit recht mühelos ändern und, statt ihr Diener zu sein, Gleichberechtigung mit ihr erlangen. Eine bewährte Methode sind bekanntlich Drogen. Drogen können die Zeit verbiegen und ausdehnen und ihre eigene Logik schaffen. Zum Beispiel ist kein Heroin-User je pünktlich. Drogen können eine Minute zu einer Stunde werden oder drei Tage innerhalb von Minuten verschwinden lassen. Ihre Beliebtheit verdankt sich der Tatsache, dass sie eine kurze Flucht vor der Sklavenzeit, der kommerziellen Zeit, der Zeit als Ware im Sinne von Benjamin Franklin bieten. Sie machen es möglich, das Konstrukt zu verlassen und zu tanzen oder zu reden oder zu meditieren.
    Wir dulden, dass wir Sklaven der Zeit werden. Sogar die Arbeitswelt wird durch den Beschäftigungsablauf von 9 bis 17 Uhr definiert: Ich bin einer, der einen geregelten Arbeitstag hat, ein Kuli, ein Automat. Was für ein elendes Leben! Immer bedrängt uns die Zeit, treibt uns an, damit wir uns beeilen, mehr schaffen, organisiert sind. Die Uhr ist ein gigantischer Ermahner, der uns unablässig zur Ordnung ruft.
    Wie also befreien wir uns aus dem Griff der Uhr-Zeit? Etwa einfach dadurch, dass wir jegliche Zeitpläne aufgeben. Ich habe eine Tendenz, zu viel in einen Tag hineinzustopfen, und das ist fraglos ein Fehler. Sei realistisch. Fordere dir nicht zu viel ab. Tu weniger. Gib dir Spielraum. Reduziere deine geplanten Besuche und Treffen auf ein absolutes Minimum, damit du Platz für die angenehmeren, positiven Dinge hast, die »sich von ganz allein ereignen«. Wenn du zulässt, dass sich Dinge ereignen, dann wird dein Leben erfüllter. Also lass große Lücken zwischen den Terminen. Lass große Lücken in deinem Leben, denn in ihnen spielt sich das Wichtigste ab. Zum Beispiel kann es großartig sein, wenn etwas schiefgeht. Als ich mich einmal auf der Insel Eigg aufhielt, konnte die Fähre wegen schlechten Wetters drei Tage hintereinander nicht auslaufen. Dadurch verlängerte sich unsere Reise wie durch Zauberei, und wir hatten die perfekte Entschuldigung, warum wir unseren Verpflichtungen zu Hause nicht nachkommen konnten.
    Auch müssen wir die sklavische Vorstellung aufgeben, dass »der Tag nicht genug Stunden« und man selbst »einfach nicht genug Zeit« hat. Wer sagt, ihm fehle die Zeit, etwas zu tun, meint in Wirklichkeit: »Ich habe andere Prioritäten gesetzt.« Manche behaupten: »Ich habe keine Zeit zu lesen/spazieren zu gehen/zu spielen/zu kochen/aus dem Fenster zu gucken.« Aber sie scheinen genug Zeit zu haben, jeden Tag stundenlang fernzusehen. Das Gefühl, dass die Zeit zu knapp ist, gleicht einem Sklaventreiber, der mit der Peitsche knallt und uns weiterjagt. Einer der Triumphe des kapitalistischen Projekts besteht darin, dass der Sklaventreiber nun in unserem Innern lauert, was enorme Lohnkosten einspart. Schlimmer noch: Man hat uns dazu gebracht, unser eigenes Geld für einen kleinen Sklaventreiber an unserem Handgelenk auszugeben. Das weiße Kaninchen ist ein Sklave der Königin, ein kriecherischer Speichellecker. Es ist also wirklich deine revolutionäre Pflicht, deine Uhr wegzuwerfen.
    Der Gedanke, es mangele uns an Zeit, ist absurd, denn jedem von uns steht exakt die gleiche Menge zur Verfügung, nämlich vierundzwanzig Stunden pro Tag. Niemand kann weniger Zeit haben als jemand anderes. Statt zu erklären: »Ich habe nicht genug Zeit«, zwinge dich zu der Aussage: »Ich habe eine Menge Zeit.« Manchmal können die Worte der Realität vorausgehen. Das Gefühl des Zeitmangels ist ein Motor für die Konsumwirtschaft. Wenn du meinst, es fehle dir an Zeit, dann bist du eine leichte Beute für die Werbung, die dir Zeit- und Arbeitsersparnis verspricht. Das Auto beispielsweise spart insgesamt überhaupt keine Zeit. Ivan Illich rechnete einmal Folgendes aus: Wenn man all die Stunden zusammenzählt, die man für ein Auto verwendet, darunter die Fahrten zur Werkstatt und die Zeit, in der man das Geld für Benzin und Instandhaltung verdient, und sie durch die Zahl der zurückgelegten Kilometer teilt, dann liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit bei 8 km/h. Ein Fahrrad wäre schneller. Paradoxerweise frisst Tempo deine Freizeit auf. Deshalb hör auf, dich der Uhr-Zeit zu unterwerfen, wenn du Geld sparen willst.
    Ich bemühe mich jeden Tag, unvorhergesehene Zwischenfälle zu

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