Die Kunst, gelassen zu erziehen
konstruktiv mit Ihren Lebenswünschen umzugehen und zu vermeiden, dass Sie eigene
unerfüllte Sehnsüchte auf Ihre Kinder übertragen. Vielleicht wiederholen Sie die Übung in regelmäßigen Abständen, um sich an Ihre Lebensziele und Träume
zu erinnern. Doch nun nehmen Sie am besten wieder Ihr Notizbuch zur Hand.
ÜBUNG
Lebenswünsche überprüfen
Nehmen Sie sich ein wenig Zeit, gehen Sie in sich, und erinnern Sie sich an Ihre Ziele und Träume, die großen und die kleinen, die privaten wie die beruflichen, die vergangenen und die gegenwärtigen.
Listen Sie dann in Ihrem Notizbuch alle diese Wünsche und Träume auf, und vergessen Sie auch die nicht, die sich schon verwirklicht haben.
Wenn Sie mit der Liste fertig sind, unterstreichen Sie alle Wünsche, die Ihnen jetzt und heute noch wichtig sind. Streichen Sie alle durch, die für Sie nicht mehr von Bedeutung sind.
Haken Sie in einem nächsten Schritt alle Wünsche ab, die sich bereits erfüllt haben: Kinder, ein Haus, regelmäßige Urlaube oder was auch immer.
Behalten Sie Ihre unerfüllten Ziele im Auge, und klopfen Sie diese in regelmäßigen Abständen daraufhin ab, ob sie noch aktuell sind und wie wichtig sie sind, ob sich zwischenzeitlich einige erledigt haben und was Sie tun können, damit sich der ein oder andere Wunsch erfüllt.
Vielleicht haben Sie durch diese Übung auch festgestellt, dass Ihr Glück nicht von der Erfüllung bestimmter Wünsche abhängt. Sehen Sie sich die»abgehakten« Träume an: Haben diese Ihre Erwartungen erfüllt? Sind Sie deshalb heute ein glücklicherer Mensch? Vermutlich nicht. Und Sie werden wahrscheinlich auch nach der Erfüllung Ihrer anderen Ziele nicht glücklicher werden, als Sie es jetzt sind. Woran liegt das? Glück kann nur in der Gegenwart stattfinden, nicht in der Zukunft. Wir haben nur die Möglichkeit, jetzt und heute und hier an diesem Ort glücklich zu sein, in der Situation, in der wir uns im Moment befinden. Machen wir unser Glück von der Erfüllung von Wünschen und Zielen in der Zukunft abhängig, werden wir leiden und unglücklich sein.
Glück findet sich nicht mit dem Willen oder durch große Anstrengung. Es ist immer schon da, vollkommen und vollendet, im Entspannen und Loslassen.
[ Gendün Rinpoche | tibetischer Meditationsmeister
(1917–1997) ]
Alles wird besser werden, wenn … wir in einem Haus wohnen, ein weiteres Kind bekommen, endlich den richtigen Partner finden, eine andere Arbeitsstelle antreten oder was auch immer. So verschieben wir unser Glückauf morgen, indem wir uns eine rosige Zukunft ausmalen, statt das Beste aus unserer augenblicklichen Situation zu machen.
Träume sind nicht übertragbar
Wenn wir unsere Wünsche nicht selbst in die Hand nehmen, kann es passieren, dass wir sie auf unsere Kinder übertragen und erwarten, dass diese sie verwirklichen. Doch unsere Kinder werden kaum dieselben Träume haben wie wir. Da deren eigene Lebensträume und -ziele sich erst noch entwickeln müssen, ist im Kindesalter nur selten abzusehen, wohin die Reise des Lebens gehen könnte.
Das verleitet Eltern zusätzlich, ihre Kinder in eine bestimmte Richtung zu lenken, die ihnen selbst erstrebenswert erscheint. Sie entwerfen oft ein Lebensprogramm für ihre Kinder, das wenig Spielraum – im wörtlichen und im übertragenen Sinne – lässt. Das Kind wird dann schon möglichst früh in Englisch unterrichtet (um für seine Zukunft vorzusorgen), bekommt Klavierunterricht (weil Musizieren seine Intelligenz fördert), und später soll es selbstverständlich aufs Gymnasium gehen, studieren und einen angesehenen Beruf ergreifen – damit es entweder in die Fußstapfen von Vater oder Mutter treten oder es mal weiter bringen kann als die eigenen Eltern. Washier so pointiert klingt, ist in unserer Gesellschaft gang und gäbe. Dieses Vorgehen hat eigentlich nur Nachteile.
Erfüllen sich die Wünsche der Eltern nicht, sind sie enttäuscht und die Kinder traurig, denn sie konnten den Erwartungen ihrer Eltern nicht genügen – was zusätzlich an ihrem Selbstvertrauen nagt und ihr Selbstbewusstsein untergräbt. Erfüllen sich die Pläne der Eltern, ist es noch immer sehr fraglich, ob die Kinder dabei glücklich werden können, denn sie leben die Sehnsüchte ihrer Eltern. Das Schlimmste dabei ist aber, dass die Kinder sich nicht gesehen und wahrgenommen fühlen mit ihren eigenen Wünschen, mit ihrem eigenen Wesen, das wahrscheinlich ganz ANDERE ZIELE im Leben verfolgt. Für die Kinder ist es bedeutend
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