Die Kunst, gelassen zu erziehen
schwieriger und langwieriger, ihren eigenen Weg zu finden, nachdem sie von ihren Eltern in die Irre geführt wurden.
Wenn Sie Pläne für Ihr Kind schmieden, ist die Gefahr groß, dass sich da-rin Ihre eigenen Träume finden, nicht die Ihres Kindes. Steuern Sie also dagegen – es ist gar nicht so schwer!
Enttäuschungen vermeiden
In einem ersten Schritt ist es sinnvoll, uns bewusst zu werden, was wir von unserem Kind erwarten. Wir hegen bestimmte Forderungen und Erwartungen und beobachten, ob sich unser Kind auch »richtig« entwickelt. Wir wünschen uns von ihm bestimmte Eigenschaften, ein bestimmtes Verhalten, bestimmte Veränderungen, weil wir genaue Vorstellungen davon haben, wie unser Kind sein soll. Wir glauben sogar manchmal, dass wir glücklicher wären oder es leichter hätten, wenn unser Kind in einer bestimmten Hinsicht anders wäre. Es liegt in der Natur des Menschen, dass wir an dem festhalten wollen, was uns angenehm ist, und unbedingt vermeiden oder loswerden möchten, was uns unangenehm ist. Wir glauben, wenn wir nur schnell genug eine angenehme Erfahrung an die andere hängen könnten, dann wären wir wirklich glücklich. Wir kämpfen ständig gegen das an, wasist: Wenn wir selbst, unsere Kinder oder unsere Umstände nur anders wären, dann wäre alles bestens. Wenn wir nur die passende Methode hätten und alles richtig machen würden, dann würde endlich alles glattlaufen!
Wir glauben ständig, dass sich etwas ändern müsste, damit es uns besser ginge. Das bekommen auch unsere Kinder zu spüren – an die wir meist besonders viele Erwartungen haben. Die folgende Übung kann Ihnen helfen, Ihre Erwartungen an Ihr Kind zu erkennen.
ÜBUNG
Spurensuche: Was erwarten Sie von Ihrem Kind?
Nehmen Sie wieder Ihr Notizbuch zur Hand, und gönnen Sie sich etwas ungestörte Zeit. Kommen Sie zur Ruhe, und stimmen Sie sich auf Ihr Kind ein.
Welche Erwartungen haben Sie an Ihr Kind? Wo entspricht es diesen nicht?
Schreiben Sie alles auf, was Ihnen einfällt (zum Beispiel: »Ich erwarte, dass es gute Noten schreibt, fleißig ist, freundlich zu seinen Mitmenschen, ein guter Sportler, ein intellektueller Überflieger …«). Versuchen Sie, nichts davon zu bewerten, einfach nur zu registrieren und zu notieren.
Wenn Sie damit fertig sind, beantworten Sie die folgende Frage: Durch welche Veränderung Ihres Kindes würden Sie Ihrer Meinung nach glücklicher?
Schreiben Sie alle »Wenn-Nurs« auf, die Ihnen einfallen (zum Beispiel: »Wenn es nur ordentlicher wäre, dann wäre alles gut« – »Wenn es nur besser schlafen würde …« – »Wenn es nur mehr auf mich hören würde …«).
Warum, glauben Sie, würde bei den eben aufgezählten Veränderungen alles besser werden? Angenommen, wir hätten bei unserem Kind die ERWARTUNG , wenn es endlich sprechen könnte, würde es weniger schreien und die Eltern-Kind-Welt wäre (wieder) in Ordnung. Warum? Wohl inerster Linie, weil unsere Nerven nicht länger so stark strapaziert werden würden. Oder wir würden erwarten, wenn unser Schulkind nur mehr lernen würde, bekäme es bessere Zensuren und dann wäre (in der Familie) alles wieder gut. Warum? Weil wir keine Nachhilfe bezahlen müssten. Und uns außerdem nicht dauernd Sorgen zu machen bräuchten, ob die Schule, auf die unser Kind geht, die richtige für es ist. Wenn wir so denken, steht immer unser eigenes Wohlbefinden im Mittelpunkt, nicht das des Kindes.
Erwartungsdruck erkennen und abbauen
»Wenn-Nurs« können uns leicht in die Irre führen, wenn wir zulassen, dass sie unser Leben bestimmen. Es kann sehr hilfreich sein, sich ihrer bewusst zu werden, damit sie nicht unterschwellig unser Verhalten bestimmen. Glauben wir ihnen, nehmen wir uns, unsere Kinder und unser Leben nie wirklich an. Nichts wird uns genügen, und wir werden nicht wirklich mit uns und anderen in KONTAKT kommen. Und glücklicher werden wir auch nicht, weil unser Glück immer in der Zukunft liegt und von anderen Menschen oder Umständen abhängt.
Wir können uns stattdessen bewusst machen, dass ein Kind nicht der verlängerte Arm seiner Eltern ist. Es ist nicht dazu da, unsere Erwartungen zu erfüllen, uns stolz und glücklich zu machen oder unseren Wunsch nach Bequemlichkeit zu befriedigen. Unser Kind ist nicht Teil von uns, wie Khalil Gibran es in seinem bekannten Gedicht »Von den Kindern« so treffend darstellt (siehe >) . Versuchen Sie, Ihre Erwartungen zumindest zurückzuschrauben und einfach mal zu sehen, was kommt. Die folgenden Fragen,
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